Drittes Königsteiner Gespräch:„Nie war so viel Aufbruch“

Gastredner Dr. Wolfgang Geiger mit Christoph Schlott im GesprächFoto: Schaller

Königstein (es) – Am 1. März lud die Aktionsgemeinschaft der historischen Vereine Königsteins zu ihrem dritten Königsteiner Gespräch ein unter dem Titel: „Nie war so viel Aufbruch“. Dieser Titel wurde gewählt, um zum Ausdruck zu bringen, dass das historische Erbe Königsteins große Anteile an der deutschen Demokratiebewegung und dem Grundgesetz nach 1945 hat. Dies zukünftig im Stadtmuseum und an den Schulen Königsteins in den Fokus zu nehmen, wurde als Anliegen bereits in der Begrüßung von Gastgeber Christoph Schlott deutlich dargestellt: Die Geschichte der Demokratie zur Identitätsstiftung junger Menschen in Königstein, weg von verstaubten Museumsinhalten, für die sich heutige Schüler nur noch am Rande interessieren.

Dazu als Gastredner eingeladen war Dr. Wolfgang Geiger, Vorsitzender des Verbandes hessischer Geschichtslehrer. Er engagiert sich in besonderer Weise für Demokratiegeschichte und Demokratiebildung an hessischen Schulen.

In seiner Rede verwies er auf die vielfältigen Gründe, dieses Wissen um Demokratie gerade in Königstein in einem Stadtmuseum zu etablieren. Er kritisierte die wohl allgemeine Annahme, dass „die Amerikaner den Deutschen die Demokratie brachten“. Gerade in Königstein trafen sich ab 1945 in der Villa Rothschild politische Vertreter, auch Konrad Adenauer zu ersten Gesprächen, um die Demokratie einzuleiten. Eugen Kogon, der Vorreiter der hessischen Landesverfassung, gehörte ebenso zu den damaligen Gästen Königsteins.

Dr. Geiger verwies mit zahlreichen Beispielen darauf hin, dass das Geschichtsmaterial an Schulen bezüglich der deutschen Demokratiebewegung eher dürftig ist. Negativ sei, dass alle Gedenktage, bis auf den 3. Oktober das Scheitern assoziieren, als positive Ergebnisse deutscher Politik nach 1945. So sind diese Gedenktage dem Gedenken an Auschwitz (27.1.), an Opfer des Terrorismus (11.3.) an die Opfer des Volksaufstands in der ehemaligen DDR (17.6.) gewidmet, um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht, dass diese nicht notwendig sind, aber dem gegenüber fehle es an Themen die unterstreichen, welche Leistungen und zukunftsweisende Entwicklungen nach 1945 in der deutschen Politik zum Tragen gekommen sind. Dies führe dazu, dass sich Gruppierungen, wie die AFD sich diesem Unwissen bedienen und wieder Einfluss nehmen auf das Gedankengut.

Positive Erzählung von Demokratie, die Darstellung anhand geschichtlicher Dokumente, Fotos, Berichte von Zeitzeugen würde sich gerade in Königstein anbieten. Neben Bonn, Herrenchiemsee, Stuttgart, Frankfurt können sich Rüdesheim, Königstein und Schlangenbad einreihen als Orte der Demokratiebewegung. So entstand zum Beispiel durch Ullrich Noack der Königsteiner Entwurf der Verfassung einer konstitutionellen Demokratie in Hessen.

Der neue Königsteiner Kreis, so Christoph Schlott in seiner Abschlussrede, will es sich zur Aufgabe machen, das Stadtmuseum zu entstauben und mit neuem, auch digitalem Ansichtsmaterial, das Geschichtsbewusstsein der Bürger zu inspirieren und gerade auch in den Schulen zu einer demokratischen Identitätsbildung der Schüler und Schülerinnen beitragen.

Dieser Abend diente dazu, die Bevölkerung für diese neue Ausrichtung des Geschichtsvereins sensibel zu machen.



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