FDP moniert Auftragsvergabe zur Abfallentsorgung ohne Transparenz

Königstein – „Von nur wenigen städtischen Aktivitäten sind wirklich alle Einwohner in Königstein betroffen. Die Müllabfuhr gehört zur Grundversorgung. Würde sie nicht funktionieren, hätte man schnell neapolitanische Verhältnisse. Und die Sache ist auch richtig teuer: Fast eine Million Euro kostet die Abfallentsorgung pro Jahr, einschließlich der Leerung der öffentlichen Mülleimer in der Stadt“, umreißt Ascan Iredi, der Vorsitzende des Ortsverbands der FDP, die Wichtigkeit des Themas.

Die Verträge mit dem Entsorgungsunternehmen laufen zum Jahresende aus, neue Aufträge müssen somit vergeben werden. Zu Iredis Bedauern wurde über diese wichtigen und teuren Entscheidungen nicht beraten, anders als über viel kleinere Ausgaben, die teilweise über Monate diskutiert werden. In der Vergangenheit sei das anders gewesen. „Da gab es dafür eine Abfallkommission, besetzt von allen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung. Dort wurde vor allem spezifiziert, welche Leistungen wir von der Abfallentsorgung benötigen oder erwarten. Der Ausschreibungs- und Vergabeprozess wurde ordnungsgemäß und rechtzeitig aufgesetzt“, rufen Iredi und sein Stellvertreter Michael-Klaus Otto in Erinnerung.

Mit den notwendigen Beschlüssen in Magis-trat und Finanzausschuss seien ihres Wissens bereits Mitte 2020 ein Ingenieurbüro und eine Rechtsanwaltskanzlei zur Vorbereitung und Begleitung der komplexen EU-weiten Ausschreibung beauftragt worden. Um Synergien zu heben, werde mit acht Nachbarkommunen, wie beispielsweise Kelkheim, die vor der gleichen Fragestellung standen, kooperiert. Die Vergabeverfahren seien allerdings getrennt abgewickelt, da die Anforderungen im Einzelnen doch unterschiedlich sind.

Bis dahin aus Iredis und Ottos Sicht war alles gut. Aber alles andere sei dann aus der Beobachtung der FDP-ler heraus die Sache der Insider, der ehrenamtlichen Abfalldezernentin im Magistrat, einigen wenigen Personen im Rathaus, der einbezogenen Berater und der anbietenden Firmen. Michael-Klaus Otto, Stadtverordneter der FDP, stellt dazu fest: „Erst, als alles gelaufen war, wurden ab Juli die städtischen Gremien, beim Magistrat angefangen, mit dem Endergebnis konfrontiert. Die Liste der drei Entsorgungsfirmen, die ein Angebot abgegeben hatten, mit den Preisschildern für die Gesamtsummen, und der fertige Vertragsentwurf für den bisherigen Anbieter, der das günstigste Angebot abgegeben hatte, wurden vorgelegt. Es wird ab 2022 deutlich teurer als bisher. Die Abfallgebühren werden steigen!“

Was werden die Königsteiner für ihre Gebühren bekommen? Erst auf massive Nachfrage wurde nach den Worten der liberalen Kommunalpolitiker das Leistungsverzeichnis, das auf 50 Seiten für die Anbieter auflistet, was die Stadt haben will, am 19. Juli vorgelegt. Es sei herausgekommen, dass im Wesentlichen die bisherigen Leistungen gefordert wurden. Kleinere Verbesserungen seien einbezogen worden wie die Reinigung um die öffentlichen Abfallbehälter in einem größeren Umkreis und das Aufräumen um die Glassammelbehälter. Das sei es dann aber gewesen. „Weitere oder andere Leistungen konnten jetzt nicht mehr berücksichtigt werden, denn die Ausschreibung war gelaufen. Eine Aufhebung zwecks Ergänzungen hätte eine rechtzeitige Regelung ab Januar 2022 unmöglich gemacht. Dabei wären sicher noch einige Bedürfnisse der Bürger zumindest diskussionswürdig gewesen, wie beispielsweise die Frequenz der Papierabfuhr. Dank Internetbestellungen und Kartonversand quellen überall die Papiertonnen schon lange vor dem Abholtermin über“, halten Iredi und Otto nicht mit ihrer Kritik hinter dem Berg.

Magistrat und Haupt- und Finanzausschuss hätten inzwischen „die fette Kröte geschluckt und der Vergabe der Aufträge zugestimmt.“ Und der Bürgermeister habe Besserung gelobt. Rechtzeitig vor der nächsten Vergabe in fünf Jahren, aber dann wohl nach der nächsten Bürgermeisterwahl, soll wieder eine Abfallkommission eingesetzt werden. Iredi konsterniert: „Wir lieben unsere kleine Stadt.“ (pu)



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