„Geschichte ist seine Leidenschaft“

Königstein
(gs) - Wer Rudolf Krönke kennenlernt, begegnet einem Menschen, der sich der Geschichte der Stadt Königstein verschrieben hat. In seinem privaten Museum, in dem viele schöne Erinnerungen und Fundstücke einen angemessenen Platz gefunden haben, fühlt er sich wohl, dorthin lädt er Gesprächspartner und Gäste ein. Vor kurzem konnte der im Herzen jung gebliebene Ur-Königsteiner seinen 85. Geburtstag feiern und sich an diesem Tag über zahlreiche Glückwünsche seiner Familie und Freunde freuen. Sein Ehrentag war auch ein schöner Anlass, mit ihm gemeinsam in der Zeit zurückzuschauen und dabei auch einen Blick in eine andere Zeit zu werfen.

In der Stadt verwurzelt

Geboren wurde Rudolf Krönke im Mai 1936 im Krankenhaus in Königstein. Er wäre nicht der geschichtsaffine Königsteiner, der er ist, wenn er nicht schon bei Nennung seiner Geburtsdaten die erste geschichtliche Überraschung in petto gehabt hätte. So zauberte er ein Buch hervor, das sich als Tagebuch für Hebammen entpuppte und tatsächlich genau jenes war, das seine eigene Geburt dokumentiert. Seine Kindheit und Schulzeit verbrachte er in Königstein, besuchte die Taunusschule und legte dort seine Mittlere Reife ab. Bereits in Kinder- und Jugendtagen interessierte sich Rudolf Krönke für die Geschichte seiner Stadt. Schon als Kind war er viel auf der Burg unterwegs, obwohl dies erst ab einem Alter von 10 Jahren ohne Begleitung Erwachsener gestattet war – Rudolf Krönke fand einen Weg und erinnert sich auch heute noch gerne an die spannenden Stunden in den Mauern der alten Königsteiner Festung. Eigentlich hat Rudolf Krönke „sein“ Köngstein nie verlassen. Lediglich seine Ausbildung absolvierte er in den 50er Jahren in Frankfurt. Im Anschluss folgten zwei Jahre Volontariat in Düsseldorf, bevor es Krönke zurück in die Heimat zog, wo er eine Familie gründete und seine drei Kinder geboren wurden. Der Eintritt in das elterliche Geschäft war obligatorisch, so dass die Drogerie Krönke fortan auch den Junior des Hauses beschäftigte. Seine große Leidenschaft war aber schon damals die Geschichte seiner Heimatstadt und besonders die der Festung Königstein. Bereits im Jahr 1960 trat er dem Verein für Heimatkunde e.V. bei und stürzte sich im wahrsten Sinne des Wortes in die Geschichte der Stadt. Fortan galt sein Interesse den Grabungen auf der Burganlage, für die er auch eine entsprechende Genehmigung erhielt. Seine Erfolge konnten sich sehen lassen: Bei Grabungen im Burghain legte er eine frühmittelalterliche Wallanlage frei und bei Grabungen im Burghof stieß er auf eine alte Burganlage und spätantike Keramik, deren Entdeckung dazu führte, dass die Geschichte der Burg neu geschrieben werden musste, weil diese schlagartig 800 Jahre älter geworden war. Weitere Grabungen brachten ihn zu der Erkenntnis, dass die Burggeschichte wohl sehr viel farbiger gewesen ist, als wir auch heute noch denken.

Vereinsgeschichte(n)

Die Geschichte ließ Rudolf Krönke nicht mehr los, und sein verstärktes Engagement im Verein für Heimatkunde hat dem Rechnung getragen. Zunächst im Jahr 1965 als Schriftführer gewählt, wurde er 1975 zum Vorsitzenden bestimmt – ein Amt, das er bis heute innehat. Für das nächste Jahr ist nun jedoch ein Wechsel angestrebt, so dass der Vorsitz in jüngere Hände übergehen wird. Rudolf Krönke wird dann „nur noch“ als 2. Vorsitzender mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Ebenfalls seiner Geschichtsbegeisterung ist seine Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten im „Königsteiner Kreis“ geschuldet. Der Zusammenschluss gleichgesinnter und historisch interessierter Bürger beschäftigt sich intensiv mit der Demokratiegeschichte der Festung Königstein. „Die Demokratiegeschichte der Festung ist hochinteressant“, weiß Krönke zu berichten. „Die Frage ‚wer lebte auf der Burg und welche Ereignisse trugen sich dort zu‘ ist ein hochkomplexes Thema. Die facettenreiche Geschichte versuchen wir mit einer Ausstellung im Museum im alten Rathaus zu verarbeiten“, erläutert er sein Engagement im Burg- und Stadtmuseum.

„Ich habe mit dem, was ich angestoßen habe, immer versucht, Neues zu liefern“, beschreibt Rudolf Krönke sein außerordentliches Engagement auf dem Gebiet der Stadtgeschichte Königsteins.

Das Kirchner-Projekt

Sein neuestes Projekt beschäftigt sich mit der Geschichte des Sanatoriums Kohnstamm und dem Wirken seines wohl berühmtesten Gastes, des Malers Ernst Ludwig Kirchner. Dieser hatte bei seinen Kuraufenthalten zahlreiche, auch heute noch erhaltene Skizzen Königsteiner Örtlichkeiten angefertigt, deren Einordnung in das Stadtbild sich Krönke verschrieben hat. Man nehme eine Zeichnung Kirchners und vergleiche sie mit alten Stadtansichten auf Fotografien oder Bildern. Auf diese Weise ist es Krönke gelungen, viele der Zeichnungen Kirchners lokal zuzuordnen und dabei die eine oder andere Fehlinterpretation zu korrigieren. Ein spannendes Projekt, das demnächst publiziert werden wird.

Überhaupt hat Rudolf Krönke auch eine Leidenschaft für Fotografien. Diese Dokumente vergangener Zeiten faszinieren ihn, ermöglichen sie doch einen Einblick in eine Zeit, die längst vergangen und vielfach auch vergessen ist. Seine Fotoalben, die viele Aufnahmen der Familie und aus dem Geschäftsleben der elterlichen Drogerie zeigen, reichen bis in das Jahr 1860 zurück. Früher, so Krönke, habe man eben viel weniger weggeworfen.

Die Fassenacht in Königstein

Bereits als Kind war Rudolf Krönke von der Fassenacht begeistert und versorgte die Freunde mit den begehrten Farben zur Kostümierung aus der elterlichen Drogerie. Ob Cowboy oder Indianer – Fassenacht in Königstein war und ist Fassenacht mit Rudolf Krönke, denn wer könnte besser für den Charakter eines Protokollers geeignet sein als ein Mann mit großem Geschichtsinteresse und einem langjährigen Blick auf die Geschehnisse der Stadt? Krönke war Gründungsmitglied des Königsteiner Narrenclubs und hätte damit in diesem Jahr sein 50-jähriges Fassenachtsjubiläum gefeiert, wenn es denn eine Fassenacht gegeben hätte. So blieben auch 20 Jahre erfolgreicher Auftritt als Protokoller bisher unerwähnt, was sich im nächsten Jahr jedoch ändern dürfte.

Antik- und Flohmarkt

Bliebe noch zu erwähnen, dass es Rudolf Krönke war, der den beliebten Antik- und Flohmarkt in der Königsteiner Fußgängerzone vor vielen Jahren ins Leben gerufen hat. Ursprünglich veranstaltete die Kur- und Stadtinformation einen entsprechenden Markt, der ins HdB verlegt wurde, bevor er ganz eingestellt wurde. Krönke nahm sich des Marktes an und hatte in kürzester Zeit die Genehmigung des Bürgermeisters in der Tasche, so dass der Markt seitdem vom Verein für Heimatkunde in der Fußgängerzone veranstaltete werden kann. Es war seinen guten Kontakten zu Trödel- und Antikhändlern zu verdanken, dass der Markt auch heute noch sein ganz besonderes Flair entfalten kann, weil keine Neuware zum Verkauf zugelassen wird. Aktuell hofft Krönke, dass der Markt im September wieder stattfinden kann, wobei die Einnahmen wie immer dem Burg- und Stadtmuseum zugutekommen. Ein Anliegen hat er dann aber doch: Für das Burg- und Stadtmuseum sucht der Verein einen (bezahlten) Helfer oder eine (bezahlte) Helferin zur Betreuung der Ausstellung während der Öffnungszeiten an den Wochenenden. Die Person sollte ein Auge auf die Ausstellung und darüber hinaus Freude am Umgang mit Menschen haben, denn hin und wieder gäbe es schon ein paar Fragen zu beantworten.

Es gäbe noch viel mehr über Rudolf Krönke, über seine Sammlung und natürlich über sein Leben zu erzählen. Wer ihn kennt, weiß, dass er diese Geschichten gerne erzählt und es ihm ein großes Anliegen ist, Geschichte zu erleben und für die Nachwelt festzuhalten. „Geschichte ist ein Pfad, auf dem wir alle wandeln. Man kann nichts mehr zurückholen, an dem man achtlos vorbeigegangen ist, weshalb jeder mit offenen Augen durchs Leben gehen sollte. Wir alle sollten die Dinge für die Nachwelt festhalten, die uns am Herzen liegen“ – dieser Satz sagt eigentlich alles über das Wirken eines Mannes, dem die Geschichte seiner Stadt am Herzen liegt.

Rudolf Krönke kann auf 85 Jahre Königsteiner Geschichte(n) zurückblicken.
Foto: Scholl

Das Tagebuch der Hebamme aus dem Jahr 1936 dokumentiert seinen Start ins Leben.

Foto: Scholl

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