„Ich habe die Möglichkeit dazu, also tue ich es“: Ursula Carls bleibt unvergessen

„Ab sofort trägt Frieder Haase (li.) während der Besichtigungen auf den Baustellen einen Helm mit dem Schriftzug der Carls Stiftung, der ihm persönlich von Ursula Carls im Beisein von Bürgermeister Helm überreicht wurde.“ Die Bildunterschrift aus dem Jahr 2013 – im Nachgang zur letzten großen Elbe-Überschwemmung in der Partnerstadt – ist ebenso bezeichnend für die gelungene Mischung aus sozialem Engagement und Lebensfreude von Ursula Carls wie auch die Aufnahme selbst, die am Rande des Burgfestes entstanden ist. Foto: Archiv KöWo

Königstein (hhf) – „Es ist der Wunsch unserer Mutter, keine Trauerkleidung zu tragen. Sie möchte ein buntes Bild der Gäste.“ Schon auf der Trauerfeier in der Kapelle des Ursulinenklosters wurde deutlich, wie viel von der Ausstrahlung dieser außergewöhnlichen Königsteinerin ihren Tod überdauern wird. Dazu zählt weit mehr als nur großzügige Wohltätigkeit, es ist vielmehr die damit verbundene Freude, sowohl am Wohlergehen der Mitmenschen als auch am eigenen Privatleben, zwei Dinge, die letztendlich untrennbar verbunden waren.

Ein (letzter) Fallschirm-Tandem-Flug zum 90. Geburtstag passte da genauso dazu wie die Erfindung der BÄRENSTARK-Ferienfreizeiten für die Geschwister behinderter Kinder, ein Besuch in Königstein an der Elbe nach 100.000 Euro Soforthilfe in Folge der letzten Überflutung 2013 ebenso wie der Auftritt in der „Carls-Nacht“ zum 95. Wiegenfest. Eigentlich blieb Ursula Evelise Carls ganz gerne im Hintergrund, wenn es aber nötig schien, legte sie auch den entsprechenden Auftritt in der Öffentlichkeit hin – und hatte nicht nur ihren Spaß daran, sondern steckte ihr Umfeld zwingend damit an.

Nun verstarb diese außergewöhnliche Frau – ausgezeichnet mit der Ehrenplakette der Stadt Königstein im Taunus (2010), der Georg-August-Zinn-Medaille des Landes Hessen (2009) und dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (2011) – kurz vor ihrem 96. Geburtstag am 18. Mai, doch ihre Botschaft, ihr Wesen leben ungebrochen weiter, auch wenn sie persönlich nun vielen Mitmenschen fehlt. Nicht nur Bürgermeister Leonhard Helm sieht sie „auf einer Stufe“ mit Ehrenbürgerin Annemarie Ramm, er ist schon lange beeindruckt, dass Ursula Carls mit ihrer Stiftung „wo Not ist, eingreift und handelt“ und darüber hinaus auch stets persönliches Interesse an den Hilfsaktionen zeigt.

Also, gezeigt hat, denn sie ist nicht mehr unter uns, und doch wirkt sie weiter: „Der Tod zählt nicht. Ich bin nur nach nebenan gegangen“, damit hat die Hospizgemeinschaft Arche Noah in ihrem Nachruf gewiss den Punkt getroffen. Knapp eine Woche vor ihrem Tod hatte sie sich noch anlässlich einer Scheckübergabe dort ganz selbstverständlich zu einem Fototermin mit Diakon Herbert Gerlowski eingefunden.

Es ist ihre ganz besondere Ausstrahlung, die nicht nur wegen der „Carls Stiftung“ in den Herzen ihrer Mitmenschen lebendig bleibt. Dennoch ist dieses Lebenswerk der Kern, der ihr Credo in die Zukunft trägt: „Ich werde immer wieder gefragt, warum ich das eigentlich alles tue. Meine Antwort ist ganz einfach: Ich habe die Möglichkeit dazu, also tue ich es. Es macht mich glücklich zu helfen. Dieses innere Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen, ist mir schon von meinen Eltern in die Wiege gelegt worden.”

Kurz gefasst steht die folgende Lebensgeschichte dahinter: Am 21. Juni 1923 in Monschau/Eifel als Tochter eines Arztes geboren, machte Ursula Carls in jungen Jahren zunächst eine physiotherapeutische Ausbildung und gründete später an der Seite ihres Mannes Otto Wilhelm Carls die Firma Tipp-Ex. Diese wurde von der Familie im Jahr 1996 mit Weitblick auf die beginnende Computer-Ära verkauft und der Erlös daraus – parallel zum Tod des Ehemannes und ganz in seinem Sinne – in die gemeinnützige Carls Stiftung transferiert. Hatte das wahlweise streifenförmige oder flüssige Schreibfehlerheilmittel zuvor schon mindestens eine Generation Sekretärinnen glücklich gemacht, so sorgte die in Fachkreisen wie dem städtischen Sozialamt auch gerne einmal als „Tipp-Ex-Witwe“ bezeichnete Ursula Carls als Vorsitzende der nicht unvermögenden Stiftung mit Herz und Hand dafür, dass der Erlös der einst von Chefs gerne bezahlten Büro-Wohltaten nun einem weiteren Bevölkerungskreis zugute kam.

„Leid, Not und Benachteiligung findet man vor der eigenen Haustüre“, so ihre Überzeugung, und so setzte sie sich besonders für Kinder, Behinderte und ältere Menschen ein – ihnen zu helfen war immer ihr Ziel. Da lag es nahe, dass vor allem Königstein und seine Stadtteile von der Stiftung profitierten, aber auch in Frankfurt wurde zum Beispiel dank der Carls Stiftung ein Krebsforschungsprojekt am Universitätsklinikum finanziert sowie die Frühchenstation im Bürgerhospital gebaut.

Aber auch zwischen den Mäzenen der Großstadt ragte Ursula Carls stets heraus, denn kaum jemand begleitete seinen Geldsegen so persönlich wie sie. Diese direkte menschliche Verbindung zeichnete sie nicht nur aus, sondern es darf getrost als ein gutes Beispiel in die Zukunft getragen werden, welche ehrliche und tief empfundene Freude sie daran hatte, die Wirkung ihrer Spenden zu erleben, wie unter anderem das Bild mit dem Bauhelm auf dem Kopf belegt, das anlässlich der Hilfsmaßnahmen nach dem dritten Elbehochwasser in Königstein/Sachsen entstanden ist.

Und dieses Lächeln ist es, das sicherlich weiterhin die Aktionen der Carls Stiftung begleiten wird, die nun von ihrer Tochter Ulrike als Vorsitzende im Stiftungsvorstand mit bewährter Mannschaft weitergeführt wird.



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