Ein Haushalt der besonderen Art

Königstein
(gs) – In der vergangenen Woche wurde im Stadtparlament erwartungsgemäß der Haushalt für das Jahr 2022 verabschiedet - allerdings war in diesem Jahr einiges anders als in den vorangegangenen.

Bereits eingangs hatte Thomas Boller (CDU), Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses, den anwesenden Volksvertretern die Annahme des Haushaltsentwurfes empfohlen, was es nach seiner eigenen Aussage seit vielen Jahren nicht mehr gegeben habe.

Öffnungserlass im September

Die Chancen standen zu Beginn der Haushaltsberatungen auch nicht unbedingt gut, war doch der von Stadtkämmerer und Bürgermeister Leonhard Helm eingebrachte Haushalt in seiner „Ur“-Form nicht genehmigungsfähig. Um das Defizit im ordentlichen Haushalt ausgleichen zu können, löste der Stadtkämmerer einen Teil der Rückstellungen für die Kreis- und Schulumlage auf, was in dieser Form mangels Zufluss von „frischen“ Steuereinnahmen nicht statthaft gewesen wäre. Allerdings erging vom Land Hessen im September der lang ersehnte „Öffnungserlass“, der es den Kommunen erstmalig erlaubt, in den vergangenen Jahren gebildete Rücklagen zur Deckung der aktuellen Haushaltsdefizite heranzuziehen, so dass der Etat damit ausgeglichen werden konnte. Der Haushalt wurde in der Folge mit den Stimmen aller Parteien – außer den Grünen – verabschiedet.

Bärbel von Römer-Seel mahnte in ihrer ergänzenden Rede an, dass „so kein Klimahaushalt aussieht“. Das städtische Handeln, so Römer-Seel, sei zu wenig auf Klimafragen ausgerichtet. Dies zeige sich auch in der wiederholten Ablehnung der bereits im HFA zur Abstimmung gestellten und auch dort abgelehnten Anträge der Grünen. Nicht weniger als neun Anträge wurden abschlägig beschieden, weswegen die Grünen auch ihre Zustimmung zum Gesamthaushalt verweigerten.

Rücklagen sind endlich

Der Finanzhaushalt für das Jahr 2022 weist einen Fehlbetrag in Höhe von ca. 5,2 Millionen Euro aus und Rücklagen sind nun einmal endlich, weshalb etwas mehr Ausgabendisziplin durchaus gefordert sei.

Dass eine Stadt - im Gegensatz zu Unternehmen – nicht einfach Kosten einsparen und Preise erhöhen könne, wusste auch Nadja Majchrzak, Fraktionsvorsitzende der ALK. Die Stadt habe Pflichtaufgaben zu erfüllen und auch freiwillige Leistungen, wie die Zuschüsse zum Kurbadbetrieb oder der Stadtbibliothek, könnten nicht ohne weiteres gekürzt werden, so Majchrzak. Eine alleinige Erhöhung der Grundsteuer könne zur Generierung zukünftiger Einnahmen jedoch auch nicht die finale Lösung sein.

Wichtige Themen ausgeklammert?

Herbe Kritik kam vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Ascan Iredi, der die Zusammenarbeit von ALK und CDU als „Vernunftehe“, jedoch nicht als „Liebesheirat“ bezeichnete. Ihm fehlte die Diskussion zu vielen wichtigen Themen, wobei er aufgrund der nun getroffenen Beschlüsse zukünftig „enorme Kosten“ auf die Stadt zukommen sieht. Wie diese zukünftig finanziert werden sollen -–dazu fehle ihm nicht nur eine Perspektive, sondern auch schlicht die Fantasie, so Iredi.

Dr. Ilja-Kristin Seewald sah sich genötigt, „Wasser in den Wein zu gießen“. Angesichts des enormen Haushaltsdefizits von mehr als 5 Millionen Euro sei nicht die Zeit für „Wünsch dir was“. Nicht zwingend notwendige Ausgaben sollten nach ihrer Meinung nicht unbedingt in den Haushalt eines „Coronajahres“ einfließen, sondern auf später verschoben werden. Zwar stimmte auch die SPD dem Haushaltsentwurf zu, jedoch hätte sich Seewald gewünscht, dass zunächst begonnene Projekte beendet worden wären und ein größerer Fokus auf sparsames Wirtschaften gelegt worden wäre. Im Hinblick auf die außerordentlichen Zeiten trage sie den Haushalt zwar mit, wollte aber auch „Warner“ sein und an dieser Stelle wenigstens die „gelbe Karte“ zeigen.



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