Michael-Klaus Otto folgt von Bethmann als erster Bürger nach

Der stellvertretende Stadtverordnetenvorsteher Alexander Hees (CDU), der die Parlamentssitzung bis zum Ende der Wahl leitete, beglückwünschte den Liberalen Michael-Klaus Otto (rechts) mit einem Blumenstrauß zu seinem Sieg über Kontrahent Dr. Michael Hesse (ALK). Foto: Puck

Königstein (pu) – „Ich stehe hier tief betroffen, denn ich wäre lieber meinem Freund Alexander Freiherr von Bethmann weiter gefolgt.“ Diese bewegenden Worte schickte der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael-Klaus Otto seiner Bewerbung für das vakante Amt des Stadtverordnetenvorstehers voraus, für das am letzten Donnerstag eine Neuwahl auf der Tagesordnung der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause stand. Der Wunsch und Vorschlag für Ottos Kandidatur war vonseiten seiner Fraktion an ihn herangetragen worden.

Während dieser Schritt der Liberalen nahelag und nach Bekanntwerden dieses Sachverhalts die restlichen Fraktionen des Viererbündnisses von CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten verzichteten (siehe auch weitere Berichte in dieser Ausgabe), hielt sich die stärkste Fraktion im Parlament – die unabhängige Wählergemeinschaft Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) – offenbar bis zum Wahltag bedeckt. Jedenfalls war die Überraschung im einen oder anderen Gesicht nicht zu leugnen, als die ALK-Co-Fraktionsvorsitzende Nadja Majchrzak die Frage des stellvertretenden Stadtverordnetenvorstehers Alexander Hees (CDU), der zunächst wie auch in der Juli-Sitzung die Leitung übernommen hatte, nach Vorschlägen für Kandidaturen mit den Ankündigungen beantwortete: „Wir stellen den Antrag auf geheime Wahl und schlagen aus unseren Reihen Dr. Michael Hesse vor.“ Die CDU-Fraktion reagierte darauf mit einem Antrag auf mehrminütige Sitzungsunterbrechung, nach Gewährung dessen zogen sich die Fraktionen nach Kurzvorstellung beider Kandidaten zur Beratung zurück.

Wahlergebnis

Aus der anschließenden Wahl unter strengsten Corona-Auflagen, das heißt Desinfektion von Wahlkabine, Stiften und Stimmzettelbehälter nach jeder Benutzung, ging Michael-Klaus Otto (FDP) mit 22 Ja-Stimmen als Sieger heraus. Der neue erste Bürger Königsteins dankte „allen, die mich gewählt haben, für das entgegengebrachte Vertrauen, bei den anderen werbe ich darum.“ Zehn Parlamentarier hatten für Gegenkandidat Dr. Michael Hesse (ALK) votiert. Des Weiteren gab es bei 34 abgegebenen Stimmen eine „Nein“-Notiz und eine Enthaltung. Anschließend scheiterte die ALK mit ihrem Antrag auf Neuwahl der Stellvertreter. Dieses Ansinnen konnten die übrigen Fraktionen mitnichten nachvollziehen, nachdem es aufgrund der Wahlniederlage Dr. Hesses keinerlei Veränderungen bei den Stellvertretern gab. Die heißen weiterhin wie seit Beginn der Wahlperiode Manfred Colloseus (ALK), Alexander Hees (CDU), Dr. Michael Hesse (ALK), Dr. lIja Seewald (SPD) und Peter Völker-Holland (Bündnis90/Die Grünen).

Vorstellung

Für das neue Amt als Königsteiner Stadtverordnetenvorsteher scheint Michael-Klaus Otto bestens gerüstet. Das Licht der Welt erblickte er allerdings am 28. November 1951 in Hannover, der Hauptstadt des Landes Niedersachsen. Im Alter von fünf Jahren wurde er, wie er schmunzelnd schilderte, „in den heilklimatischen Kurort Königstein verschleppt“, weil die Familie wegen des Asthmas samt Atemnot des Vaters die bisherige Heimat verlassen musste. Schon während der Schulzeit in Königstein, auf der Nordsee-Insel Langeoog und in Usingen übernahm er Führungsverantwortung als Schulsprecher und Kreisschulsprecher des ehemaligen Landkreises Usingen. Nach zwei Monaten Grundwehrdienst bei der Luftwaffe in Pinneberg, dreimonatigem Zivildienst im Kreiskrankenhaus Weilburg und danach als Besatzung eines Rettungswagens des Deutschen Roten Kreuzes in Usingen begann er 1974 für vier Jahre ein Studium der Rechtswissenschaften in Marburg. Anschließend setzte er das Jura-Studium bis 1981 an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main fort. Als zugelassener Rechtsanwalt erweiterte er seine Fähigkeiten zweigleisig: zum einen als Mitarbeiter in der väterlichen Rechtsanwaltskanzlei und gleichzeitig als freier Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei in Usingen. Seit 1991 ist er außerdem als Notar in Königstein zugelassen.

Politische Karriere

Schon im Alter von 23 Jahren mündete Ottos Liebe für liberale Politik in den Parteieintritt einschließlich Engagement bei den Jungdemokraten, im Liberalen Hochschulverband, in der Juristischen Fachschaft und im Studentenparlament. Als eines der herausragenden Ereignisse schildert er die Teilnahme an einer individuell organisieren Gruppenreise des Liberalen Hochschulverbandes mit der Transsibirischen Eisenbahn nach China 1978 (Bahnfahrten von Frankfurt am Main bis nach Hongkong). Nur ein Jahr später übernahm er bis 1982 den Kreisvorsitz der Jungdemokraten im Hochtaunuskreis mit diversen Funktionen in der FDP Königstein und der FDP des Hochtaunuskreises. In dieser Zeit war er auch

Kreistagsabgeordneter des Hochtaunuskreises, nochmals von 1985 bis 1993 sowie zeitweilig Mitglied der Betriebskommissionen des Kreiskrankenhauses Bad Homburg und der Oberurseler Werkstätten für Behinderte. Als ehrenamtlicher Kreisbeigeordneter des Hochtaunuskreises fungierte er von 1982 bis 1985. Als eine der Säulen liberaler Politik in der Burgenstadt ist Michael-Klaus Otto seit 1993 ununterbrochen im Parlament vertreten; im gleichen Jahr übernahm er auch den Fraktionsvorsitz, den er gemäß der Richtlinien am 3. September niederlegte. Seine Aufgaben als stellvertretender FDP-Vorsitzender kann er weiterhin ausführen, als Stadtverordnetenvorsteher an Ausschusssitzungen mit beratender Stimme teilnehmen, jedoch ohne Stimmrecht.

Privat

Die neben beruflichen und politischen Aktivitäten verbleibende Zeit gehört der Familie und den Hobbys Lesen, Reisen, Segeln und Wandern. Des Weiteren sitzt er dem Verein Haus & Grund Königstein/Taunus seit 2008 vor. Mit der Liebe seines Lebens, der Sozialpädadogin Annette Schleicher, ist Otto seit 1991 verheiratet. Aus dem gleichen Jahr datiert die Geburt des Sohnes Daniel Otto-Schleicher, vielen auch bekannt als Königsteins Stadtjugendfeuerwehrwart.

Veränderungen bei der FDP

Die durch den Tod Alexander Freiherr von Bethmanns entstandenen schmerzlichen Lücken mussten und müssen nunmehr schweren Herzens wieder gefüllt werden. Für den Ortsverband Königstein der Freien Demokraten Deutschlands bringt das neben dem wiederbesetzten Amt des Stadtverordnetenvorstehers mit sich, dass Ortsverbandschef Ascan Iredi noch am Abend der Parlamentssitzung zusätzlich zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Die unverändert als stellvertretende Fraktionsvorsitzende fungierende Birgit Becker wird künftig vom neu in dieses Amt gewählten Dr. Jürgen Bokr unterstützt, der wiederum als bisheriges Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss als neuen Mann an seiner Seite den ins Stadtparlament nachgerückten Gerhard Hablizel hat, nachdem Michael-Klaus Otto diesen Posten – wie oben erwähnt – nur noch beratend, aber ohne Stimmrecht, ausüben kann.

Veränderte eigene Rolle

Mit der Übernahme der Aufgabe als Königsteins oberster Repräsentant weiß Michael-Klaus Otto um die zwingend einhergehende Veränderung seines eigenen Auftretens. „Nachdem ich viele Jahre als Fraktionsvorsitzender mehr für die teilweise auch polarisierende Außendarstellung der FDP-Fraktion zuständig war, werden nunmehr diplomatische Verhaltensweisen von mir erwartet“, bringt er es auf den Punkt. Geboten sei die faire und unparteiische Sitzungsleitung und Außendarstellung der Stadtverordnetenversammlung. Aus Sicht des neuen Parlamentschefs eine lösbare Aufgabe. „Dies wird in Königstein sehr erleichtert, weil bei aller Notwendigkeit des Austragens kontroverser Standpunkte der gegenseitige Respekt der Abgeordneten und der Fraktionen, die gegenseitige persönliche Wertschätzung der Akteure und die Bereitschaft zur Einhaltung der parlamentarischen Spielregeln in vorbildlicher Weise ausgeprägt sind. Ich bin zuversichtlich, dass diese Fairness auch im anstehenden Kommunalwahlkampf dominieren wird, wie dies in den vergangenen Jahren praktiziert wurde.“

Aufgaben des Vorstehers

Der Stadtverordnetenvorsteher, im Falle seiner Verhinderung die stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher, haben gemäß der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) folgende Aufgaben:

Vorbereitung und Leitung der Sitzungen des Stadtparlarments (57 bis 60 HGO);

Außendarstellung der Stadtverordnetenversammlung (57 Absatz 3 HGO);

Abhaltung einer oder mehrerer Bürgerversammlungen (8 a Absatz 2 und 3 HGO);

Sammlung der Anzeigen von Tätigkeiten der Stadtverordneten zur Vermeidung möglicher Interessenskonflikte (26 a HGO);

Entgegennahme der Mitteilungen über die Bildung von Fraktionen und ihrer Vorstände (36 a Absatz 2 HGO);

Die Amtseinführung und Verpflichtung des Bürgermeisters und der Beigeordneten (46 Absatz 1 HGO);

Feststellung der Beschlussfähigkeit des Stadtparlaments (53 Absatz 1 HGO);

Ziehung des Loses bei Stimmengleichheit bei Wahlen (55 Absatz 1 HGO).

Die meisten dieser Aufgaben wurden bereits zu Beginn der Wahlperiode 2016 erledigt, sodass die Vorbereitung und die Leitungen der Sitzungen des Stadtparlaments und dessen Außendarstellung die wichtigsten Aufgaben sein werden.

Ganz oben auf der Agenda

Abschließend erinnert Michael-Klaus Otto an die anstehende finale Phase auf dem Weg zur Verabschiedung des vom Magistrat vorgelegten Haushaltsplan-Entwurfs für 2021. Nachdem dieser in den Ausschüssen beraten wurde, werden die Fraktionen am heutigen Donnerstag, 10. September, ihre Haushaltsanträge im Haupt- und Finanzausschuss einbringen, über die in exakt einer Woche abgestimmt wird. In der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 24. September, tragen die Fraktionen ihre politischen Standpunkte in ihren Haushaltsreden vor. Anträge, die in der Abstimmung im Haupt- und Finanzausschuss keine Mehrheit gefunden haben, können erneut zur Abstimmung gestellt werden. Dies endet mit der endgültigen Beschlussfassung über den Haushaltsplan-Entwurf der Stadt Königstein für das Jahr 2021.

Wie mehrfach berichtet, sollte all dies schon vor der Sommerpause geschehen, damit die Genehmigung des Haushaltes zu Beginn des nächsten Jahres vorliegt. Infolge der Corona-Krise konnte dieser Zeitplan allerdings nicht eingehalten werden. „Wir hoffen jedoch, dass die Kommunalaufsicht den Haushalt noch bis zum Jahresende prüfen und genehmigen kann, sodass die Stadtverwaltung bereits zu Beginn des Jahres 2021 mit einem genehmigten Haushalt arbeiten kann“, zeigt sich Michael-Klaus Otto optimistisch.

Überschaubare Planungssicherheit

Apropos kommendes Jahr: Die Landesregierung hat am 18. Mai 2020 beschlossen, die allgemeinen Kommunalwahlen am Sonntag, 14. März 2021, durchführen zu lassen. Demzufolge besteht auch für den neuen Stadtverordnetenvorsteher lediglich Planungssicherheit bis zu diesem Datum. Sobald nach Vorliegen der Endergebnisse Klarheit über die künftige Sitzverteilung von Koalition und Opposition besteht, werden die dann agierenden Stadtverordneten in der konstituierenden Sitzung erneut eine Stadtverordnetenvorsteherin oder einen Stadtverordnetenvorsteher wählen müssen.



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