Perle des Taunus?

Dienstagabend unterwegs in Königstein, der Perle des Taunus. Nur Gutes hatte ich im Sinn: Flanieren mit Freundin im Sommerkleidchen, den tropischen Abend und die lauschige Abenddämmerung genießen und „schön essen“ gehen in einem der vielen Restaurants im Nobelvorort. So der Plan. Aber Sommerstimmung und fröhliche Menschen – Fehlanzeige! In der Fußgängerzone kreuzten nur flüchtige Gestalten unseren Weg, die orientierungslos und gehetzt wirkten. Wir plauderten und ließen uns in unserer Vorfreude nicht beirren. Bis mir allmählich klar wurde, dass tote Hose in der Königsteiner Gastro-Szene herrschte: Der beliebte albanische Italiener - geschlossen, der gutbürgerliche Albaner daneben auch. Lucullus, mit der wirklich malerischen Terrasse, menschenleer und dunkel – ob es nun am Wochentag, Ruhetag oder an den Sommerferien lag, erschloss sich mir nicht.

Weiter in Richtung „Grieche“, der seit eh und je mit einem historisch reizvollen Außenbereich und wirklich köstlicher Küche lockt – oh je, bis zum 25. September geschlossen! Da weilten Chefs, Köche und Kellner in der fernen Heimat und hatten offensichtlich gar keine Eile zurückzukehren zu ihren hungrigen Stammgästen. Also dann, auf zum neuen Koreaner in der versteckten Seitengasse, aber auch dort alles duster. Der einzige „Italiener“ mit dem halbvollen Glas im Logo und mit neu renovierter Terrasse, war dann auch, wen wundert`s proppenvoll, wir wurden freundlich abgewimmelt. Der Magen knurrte, wo bitteschön bekamen wir jetzt noch was zu essen? Das Adjektiv „schön“ hatten wir schon gestrichen und so allmählich kam schlechte Laune auf. Also noch ein Anlauf: die Klosterstraße hoch und bis zum Kapuzinerplatz, der in völliger Ödnis still ruhte. So nahmen wir ziemlich unterzuckert und resigniert beim Afghanen mit dem pittoresken Namen „Burg Restaurant“ Platz. Mit Blick nicht auf die Burg, sondern auf einen menschenleeren Platz mit drei dauerparkenden Bussen vor der Nase, von denen einer mit laufendem und stinkendem Motor unser Dinner verräucherte. Kauend fragte ich mich, was denn jetzt an dieser Taunusperle so schillernd und an diesem Vorort nobel sein sollte: die konsequent geschlossenen Restaurants (müssen die alle gleichzeitig ihren Jahresurlaub machen?) samt ihren Terrassen, die Plätze und Gassen jedenfalls nicht. Ein zentraler Platz ohne Menschen und ohne einen einzigen Baum, noch nicht mal Pflanzkübel stehen hier herum, die ein wenig Farbe geschenkt hätten. Niemand auf der Gass‘ in Königstein! In Italien wäre das eine wunderschöne wuselige Piazza, um die sich Gastronomen und Gäste reißen würden - mit lachenden Gesichtern und wendigen Kellnern.

Sehnsüchtig wünschte ich mir jetzt nur noch ein Eis herbei und bekam es prompt und mit einem Lächeln an der (italienischen) Eisdiele nebenan überreicht, der einzige Ort, an dem Kinder mit ihren Eltern freudestrahlend Schlange standen. Das nächste Mal koche ich wieder selbst für meine Gäste und bleibe daheim auf meiner wunderschönen Terrasse. So wie es aussieht, geht es den meisten Königsteinern so. Die bleiben lieber „deham“. Treffpunkt Königstein und mit anderen ins Gespräch kommen? Das scheint nicht oberste Priorität der Stadtplaner zu sein. Ich lebe seit 17 Jahren in Königstein und habe bei meinem einsamen Dienstagabend-Spaziergang kein einziges bekanntes Gesicht gesehen. Ganz anders in anderen Perlen des Taunus. In Oberursel herrscht das pralle Leben mit Weinfesten und Musikveranstaltungen – gefühlte 160 Tage im Jahr – da wird gelacht, geschunkelt und gesungen, da treffen sich Alte und Junge, von nah und fern. (aks)



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