Philosophenweg: Ende April werden die Bürger zu ihrer Meinung befragt

Königstein/Kronberg (pu) – Die seit Jahren die Gremien beschäftigende Frage zur von der Opel Hessischen Zoostiftung erhofften und von der Mehrheit des Kronberger Stadtparlaments bereits vor elf Monaten abgesegneten Schließung eines Teilstücks des Philosophenwegs geht vonseiten Königsteins in die nächste Runde.

Nachdem eine breite Mehrheit von 33 Stadtverordneten bei einer Enthaltung in der jüngsten Parlamentssitzung am letzten Donnerstag die Weichen dafür stellte, werden im kommenden Frühjahr, exakt am 26. April, die wahlberechtigten Königsteiner zum Bürgerentscheid aufgefordert, da, wie mehrfach berichtet, das Bürgerbegehren der Initiative „Philosophenweg für alle!“, die seit Ende Juli rund 1.600 Unterschriften gesammelt hatte, gemäß der Hessischen Gemeindeordnung der rechtlichen Gutachten des Hessischen Städtetages und des Hessischen Städte- und Gemeindebundes zulässig ist und die Voraussetzungen zur Durchführung eines Bürgerentscheides erfüllt.

Instrument der Demokratie

Mit diesem Instrument der direkten Demokratie in Deutschland auf kommunaler Ebene können die Bürger über Fragen des eigenen Wirkungskreises entscheiden. Im konkreten Fall heißt das, nach den Grundsätzen der freien, gleichen und geheimen Wahl die zur Abstimmung gestellte Sachfrage beantworten, ob es ihrer Meinung nach bei der aktuellen, durch Parlamentsbeschluss vom 29. Mai gestützten Position bleibt, die Schließung eines Teilstücks der bisher öffentlichen historischen Wegeverbindung zu billigen unter den Voraussetzungen, dass Königsteiner und Kronberger ein auf 60 Minuten befristetes Durchgangsrecht während der Zoo-Öffnungszeiten erhalten sowie Jahreskarten zum halben Preis erwerben können. Für diese Regelung hatten 22 Parlamentarier von CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen bei neun vehementen Gegenstimmen der Wählergemeinschaft „Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein“ (ALK) gestimmt, dies allerdings an die Bedingung geknüpft, dass in den beiden Vereinbarungen die am westlichen Ende des Opel-Zoos am Kamelgehege eine zu schaffende Zugangsmöglichkeit für die Bürger beider Städte im Rahmen des zeitlich begrenzten Durchgangsrechtes geschaffen wird. Dort muss kein Kassenhäuschen stehen, man würde sich auch mit einem Kassenautomat begnügen.

Hoffnungen

Dazu hatte man sich nach langem hin und her, nach emotional geführten Debatten, zwischenzeitlichem Stillstand und unzähligen Gesprächen durchgerungen, in der Hoffnung, einen Schlusspunkt unter die jahrzehntelangen nervenaufreibenden Verhandlungen zwischen den Städten Königstein und Kronberg sowie der von Opel Hessischen Zoostiftung in Bezug auf die von Zoodirektor Dr. Thomas Kauffels als „wichtigsten Schritt“ für den Erhalt des Privatzoos bezeichnete Schließung des Philosophenwegs zu setzen.

Diese Hoffnung wurde unter anderem laut Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) davon genährt, dass man sich an einen Antrag der ALK-Fraktion aus dem Jahr 2014 erinnerte, mit folgender wörtlicher Formulierung: Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen: In die textlichen Festsetzungen wird folgendes aufgenommen: Der Philosophenweg bleibt ein öffentlicher Weg. (Um den Wünschen des Zoos entgegenzukommen, kann der öffentliche Durchgang zeitlich begrenzt werden, auf beispielsweise 45 Minuten. Dem Zoo wird es gestattet, den Weg in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr für den öffentlichen Durchgang zu sperren). Das Abstimmungsergebnis in der 26. Sitzung des Ausschusses für Planungs-, Umwelt- und Bauangelegenheiten am 8. Oktober 2014 war 6 Ja, 5 Nein, 0 Enthaltungen. Dieser Vorschlag floss in den Beschlussvorschlag ein. Wörtlich hieß es dort: Als Zugangslösung zur weiteren Benutzung des Weges durch Kronberger und Königsteiner Bürgerinnen und Bürger sind eine kostenfreie, zeitlich limitierte Durchgangsmöglichkeit und eine vergünstigte Jahreskarte geplant. Die genauen Bedingungen der künftigen Durchgangsoptionen müssen vertraglich zwischen dem Zoo und den beiden Städten geregelt werden.

Hängepartie

Demzufolge habe man dem Wunsch der ALK Rechnung getragen. Die ALK-Co-Fraktionsvorsitzende Nadja Majchrzak wollte diese Argumentation des Bürgermeisters allerdings nicht gelten lassen. Sie warf ihm „Unwahrhaftigkeit“ und „aus dem Zusammenhang reißen“ vor. Zum Parlamentsbeschluss kam es seinerzeit letztendlich nicht, da viele einzelne Beschlussfassungen zu unterschiedlichen Detailfragen zur Änderung des Bebauungsplans M 9 „Opel-Zoo“ sich teilweise widersprachen. Einige Monate später, im Sommer 2015, war die Stadt Kronberg die langwierige Hängepartie leid, zog sich jedoch mit dem Beschluss zur 1. Änderung des Bebauungsplans ohne Berücksichtigung eines Baufensters für ein Parkdeck, das die Königsteiner Seite zwingend gefordert hatte, den Zorn der Nachbarn zu. Wieder kam es zum Stillstand, es verging einige Zeit bis zur Wiederaufnahme von Gesprächen, die Aushandlung von Verträgen, denen von Seiten der Kronberger durch den Beschluss im letzten Dezember der Segen erteilt wurde. Zur Erinnerung: der Opel-Zoo liegt auf Kronberger Gemarkung, demzufolge sind die Burgstädter „Herr des Verfahrens“. Obwohl ein Teil der Kronberger Parlamentarier keineswegs die Notwendigkeit eines Baufensters als Option für ein Parkdeck sieht, schluckte die Mehrheit diese Kröte als „Friedensangebot an Königstein“, wie es SPD-Fraktionsvorsitzender Christoph König umschrieb. Theoretisch könnten Kronberg und Opel-Zoo, wie berichtet, das Ganze nunmehr allein in trockene Tücher packen, da sämtliche benötigten Flächen auf Kronberger Gemarkung liegen. Da nach wie vor mehrfach von diesen Seiten das Interesse bekundet wurde, im Sinne der guten Nachbarschaft mit Königstein eine einvernehmliche Regelung anzustreben, hängt es nach wie vor an Königstein und die Geduld der Partner wird durch den durchzuführenden Bürgerentscheid erneut auf eine harte Probe gestellt.

Fragestellung

Ende April wird den Wahlberechtigten die Frage gestellt: „Sind Sie dafür, dass der Beschluss der Königsteiner Stadtverordnetenversammlung vom 29. Mai 2019 über die städtebaulichen Verträge zwischen den Städten Königstein im Taunus und Kronberg im Taunus sowie zwischen den beiden Städten und der von Opel Hessischen Zoostiftung aufgehoben wird?“ Die Initiative „Philosophenweg für Alle!“ zielt darauf den Philosophenweg als öffentlichen Verbindungsweg zwischen Königstein und Kronberg zu erhalten, er soll für alle frei zugänglich bleiben, unabhängig von den Zoo-Öffnungszeiten.

Es entscheidet die Mehrheit der gültigen Stimmen, die in Hessen allerdings in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern mindestens 15 Prozent, in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern mindestens 20 Prozent und in den sonstigen Gemeinden mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten (das trifft auf Königstein zu) ausmachen muss. Wird das erforderliche Quorum weder von den „Ja“- noch von den „Nein“-Stimmen erreicht, muss die Gemeindevertretung die Angelegenheit nochmals beraten und entscheiden. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid hat die Qualität eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung, der frühestens nach drei Jahren von der Gemeindevertretung wieder abgeändert werden kann.

Unter Umständen wäre es zumindest denkbar, dass es im Endeffekt doch auf eine Klage hinauslaufen könnte mit dem Ziel, das Offenbleiben des Philosophenwegs per Gerichtsbeschluss zu erzwingen. Ein früherer Parlamentsbeschluss hatte tatsächlich mehrheitlich einen Klageweg angestrebt. In diesem Zusammenhang hatte der Rathauschef jedoch schon im Mai vor Augen gerückt: „Natürlich gibt es Chancen für eine Klage, die zuletzt aber gesunken sind, weil die Einziehung von Wegen juristisch deutlich einfacher geworden ist und vor Gericht zählt nun mal nicht, ob der eine Weg schöner als der andere ist!“ Sollte der Beschluss vom Mai gekippt und Klage eingereicht werden, wären jedoch aufgrund der Konfrontation die ausgehandelten Vergünstigungen verloren.

Wie im Verlauf der Stadtverordnetenversammlung von mehreren Seiten erläutert wurde, fallen für die Durchführung des Bürgerentscheides Kosten an, die im Haushalt 2020 nicht vorgesehen sind. Der Magistrat erwartet Kosten in ähnlicher Höhe wie bei einer Bürgermeister-Wahl. Die Rede war von etwa 30.000 Euro.

Anerkennung

Die auch von zahlreich zur Parlamentssitzung erschienenen Initiativenmitgliedern mit Spannung erwartete Debatte brachte im Übrigen im Großen und Ganzen keine neuen Gesichtspunkte. Aller Meinungsverschiedenheiten zum Trotz lobten die Vertreter des Viererbündnisses aus CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen anerkennend den arbeitsintensiven Einsatz der Initiative „Philosophenweg für alle!“ und brachten ihren Dank zum Ausdruck. Dies ändere jedoch nichts an der eigenen Position. „Wir kriegen mit dem Parlamentsbeschluss vom Mai einen Kompromiss mit den Nachbarn und sollten es nicht auf die Spitze treiben“, schickte der SPD-Stadtverordnete Tilmann Stoodt an die Adresse der Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) und Initiative. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Hees sprach davon, es komme einem „No-Deal-Brexit“ gleich, wenn man die ausgehandelten Vertragsregeln kippen würde, an der Tatsache, dass es sich um Kronberger Hoheitsgebiet handele, komme man schlichtweg nicht vorbei. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael-Klaus Otto erwartet von der Opel Hessischen Zoostiftung ein Entgegenkommen in Sachen zusätzlicher Zugangsmöglichkeit und verlieh dieser Haltung mit einem Appell Nachdruck.

Mitnichten wetterwendig

Deutliche Worte in Richtung ALK sendete die Parteisprecherin des Ortsverband Bündnis90/Die Grünen, Dr. Bärbel von Römer-Seel, die erklärte, es laufe mitnichten so, sich eine Welt zu machen, „wie es mir gefällt“. Der von der Wählergemeinschaft formulierte Vorwurf der Wetterwendigkeit sei alles andere als haltbar, da sich die Situation gegenüber 2015 deutlich verändert habe und der damals beschlossene Klageweg inzwischen keine Lösung mehr sei.

Dies sieht die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein wenig überraschend völlig anders, Nadja Majchrzak sprach von einer 180-Grad-Wendung und warf einmal mehr weitschweifend sämtliche Argumente in die Waagschale.

Gegenstand

Zu Beginn der Debatte hatte Bürgermeister Helm die Gründe dargelegt, warum die von der Initiative gewählte Formulierung „Philosophenweg für alle!“ für den Bürgerentscheid in „Philosophenweg/Vertrag Opel-Zoo“ umgetauft werden muss. „Entsprechend den Vorgaben und so sieht das auch der Hessische Gemeindetag, hat ein Bürgerentscheid etwas zum Gegenstand. Der muss kurz und prägnant benannt sein.“ Da sowohl ALK als auch die Vertrauenspersonen der Initiative wegen des Wiedererkennungswerts auf „Philosophenweg für alle!“ bestehen, beschloss das Parlament einstimmig, der Magistrat möge rechtlich prüfen lassen, ob es zulässig ist, dass die Stadtverordnetenversammlung den Titel „Philosophenweg für alle!“ ohne Zustimmung der Vertrauenspersonen in „Vertrag Opel-Zoo“ ändert.

Im Nachgang begrüßten die Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens „Philosophenweg für alle!“ in einer Pressemitteilung die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären und sind laut Sprecher Bernhard Bender „zuversichtlich beim Bürgerentscheid im Frühjahr 2020 die zum Erfolg notwendigen 3.100 Ja- Stimmen für ‚Philosophenweg für alle!`“ von Königsteiner wahlberechtigten Bürger*innen gewinnen zu können.



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