Schülerinnen der SAS nominieren ihren Favoriten für den Jugendliteraturpreis

Hier im Bild: 12 von 13 Mädchen, die wissen was sie wollen und was sie gerne lesen, in schöner Eintracht in der Bibliothek der St. Angela-Schule mit der Leiterin Gabriele Fachinger (ganz rechts) und (daneben) Dr. Antonia Bräutigam, Lehrerin für Deutsch und Religion. Foto: Sura

Königstein (aks) – 13 Schülerinnen der Mittel- und Oberstufe hatten als „SAS-Lesezeichenclub“ zu einer Pressekonferenz in die Bibliothek ihrer Schule eingeladen, eine von ihnen fehlte an dem Tag leider und kam nicht mit aufs Foto.

Der Anlass zu der Einladung in der vergangenen Woche noch vor Schließung der Schulen war recht glücklich zwischen zwei Virus-Entscheidungen gelegt: Die Leipziger Buchmesse hatte nämlich wegen des Coronavirus nur virtuell stattgefunden und die Nominierungen für Jugendliteraturpreise am 12. März konnten online per Videoschaltung verfolgt werden. Die lesefreudigen jungen Damen aus Königstein sind aber Teil der Jugendjury, die ihren eigenen Preis verleiht und sich bundesweit aus sechs Leseclubs zusammensetzt. Der deutsche Jugendliteraturpreis wird seit 1965 vergeben, ist mit 72.000 Euro dotiert und wird auf der Frankfurter Buchmesse am 16. Oktober vergeben.

Buch als Rollenspiel vorgestellt

Es herrschte fast so etwas wie Lampenfieber in der sonnendurchfluteten Bibliothek im zweiten Stock, Desinfektionsmittel und Panik blieben an diesem Nachmittag draußen vor der Tür, stattdessen einvernehmliche Begeisterung für das Lieblingsbuch „Bus 57“, von Dashka Slater, das in einem kurzen Rollenspiel dargestellt wurde. Die tagtägliche Fahrt amerikanischer Jugendlicher zum College wurde nachgespielt und schnell wurde klar, wie schnell jeder das Opfer von Gewalt, aber auch von Vorurteilen werden kann. Hierfür hatten die selbstbewussten Mädchen einige Texte auswendig gelernt und frisch und frei vorgetragen.

In wenigen Minuten ist die Botschaft unmissverständlich: Jugendliche geraten leicht in Gefahr, wenn sie anders aussehen, sich nicht anpassen oder auffallen, was ja auf dem Weg zum Erwachsensein eine wichtige Erfahrung sein kann. „Bus 57“ ist die akribische Dokumentation eines berührenden Falles, der tragischen Verstrickung zweier Jugendlicher. Ein echter Fall, der vor einem amerikanischen Gericht verhandelt wurde und den die Autorin minutiös aus Gerichtsprotokollen nacherzählt: Von Sasha, einer weißen, „gender-queeren“ High-School-Schülerin, und vom afroamerikanischen, kleinkriminellen Richard, der eines Tages im Bus Sashas Rock anzündet. Er ist 16 – wie viele Mädchen des Leseteams.

Eine wahre Geschichte, die zeigt, dass es sich lohnt, genauer hinzusehen und nicht nur Klischees zu folgen, die fast immer zu Vorverurteilungen führen. Die Sprache ist quirlig und flott, Sätze sind knapp und oft auf Ausrufe reduziert: „Hosen, lasst uns Hosen tragen“, dann wäre das mit dem Rock sicher nicht passiert, „der war einfach zu lang“.

Einstimmige Entscheidung

Alle Mädchen waren sich einig – obwohl sie sechs Bücher in der engeren Auswahl hatten – dass dieses Buch sehr spannend war und man lernen könnte, dass nicht nur Gerechtigkeit immer siegen müsste, sondern dass Kinder und Jugendliche besonderes Verständnis verdienten, auch wenn sie straffällig werden. Als gutes Leseclub-Team sind die St. Angela-Schülerinnen schon in der zweiten Runde dabei, nachdem sie sich beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beworben hatten. Der Leseclub der St. Angela-Schule wurde 2018 von der damaligen Bundesministerin Katarina Barley in die Jugendjury für den Deutschen Jugendliteraturpreis berufen.

Zu ihrer recht eindeutigen Nominierung kamen die Gymnasiastinnen – obwohl sie alle recht unterschiedlich wirken und sicher eine eigene persönliche Meinung haben – wegen der guten Dialoge, die sie zweimal im Monat bei ihren Treffen pflegen: „Spannend ist wichtig und persönlich – und auch emotional.“ Da bekam man auch als älterer Lesefuchs durchaus Lust auf ein Jugendbuch, empfohlen ab 14 Jahren.

Komplette Nominierungsliste

Allen jungen Lesedachsen, die jetzt in Zeiten von Corona und Quarantäne am Rad drehen bzw. nicht nur in die Röhre oder aufs Handy schauen möchten, sei hier die komplette Nominierungsliste ans Herz gelegt:

Christelle Dabos: „Die Verlobten des Winters“

Steve Tasane: „Junge ohne Namen“

Dirk Reinhardt: „Über die Berge und über das Meer“

Sarah Crossan: „Wer ist Edward Moon?“

Neal & Jarrod Shusterman: „Dry“

Und natürlich das auserwählte Buch von Dashka Slater: „Bus 57“.



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