SPD hat das „Gesamtkonzept zur Bewältigung der Zukunft“

Von links nach rechts: Hildegard Klär, Professor Dr. Christopher Kopper, Elke Barth und Katrin Hechler besuchten Clemens Kraft und Dr. Ilja-Kristin Seewald zum Neujahrsempfang der Königsteiner SPD in der Villa Borgnis. Foto: Friedel

Königstein (hhf) – „Wir sind eine kleine Truppe, aber haben zwei neue Mitglieder“, frohlockte Dr. Ilja-Kristin Seewald, und das vor reichlich Publikum. Zum Neujahrsempfang der Königsteiner SPD, deren Ortsvereinsvorsitzende sie ist, waren Vertreter aller kommunalen Parteien erschienen, dazu Abordnungen der Ortsvereine Kronberg und Oberursel und natürlich etliche Mitglieder. Mit Elke Barth gab es sogar Unterstützung aus dem Hessischen Landtag, Katrin Hechler vertrat den Hochtaunuskreis und Hildegard Klär die Europa-Union.

Gute Nachrichten

Auch intern gab es gute Nachrichten: Stadträtin Evelina Ebeling ist nach einer schweren Operation noch kurz vor Weihnachten auf dem Wege der Besserung – die Anwesenden unterschrieben eine große Karte, die ihr in die Reha-Klinik zugesandt wird.

Clemens Kraft wurde für runde 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt – „Ich stelle es mir aufregend vor, damals Mitglied geworden zu sein“, eröffnete Seewald dem Jubilar ein Redefenster. „Ich bin da ein bisschen vielfältig“, verneinte Kraft die Frage nach besonderen Personen, die ihn damals beeindruckt hätten, er konnte sowohl Lafontaine als auch Schröder etwas abgewinnen, als die Regierung Kohl nach „dem modernsten Wahlkampf aller Zeiten“ abgelöst wurde. Er sei auch auf Kommunalebene nicht personengebunden, sondern gerne ein Querdenker. Sein größtes Problem: „Die Themen, die da sind, schreien danach, dass man sie intelligent steuert“, möglichst auch langfristig, aber das ist irgendwie beim Wähler noch nicht angekommen, obwohl er sich von Trump oder AfD doch gerade Steuerung erhofft.

Motivation

Nun ja, da mag Herr Kraft dann künftig noch kräftig am Steuerrad drehen, denn „2019 war kein schönes Jahr für die Sozis“, stellte Ilja-Kristin Seewald kurz und klar – und unwidersprochen – fest. Freilich mit Blick auf Berlin, in Königstein, speziell im Bündnis mit den meisten anderen Parteien im Stadtparlament, habe man doch einiges bewegen können – siehe dazu den ausführlichen Bericht in der letzten KöWo. „Die Themen vor Ort gehen uns nicht aus“, schaute die Vorsitzende in die Zukunft, doch „manchmal fehlt es an Motivation“.

Um Seele und Geist der Genossen zu stärken, hatte sie Professor Dr. Christopher Kopper eingeladen. Heute außerplanmäßiger Professor in Bielefeld, erinnert sich der Historiker mit Schwerpunkt Neuere Geschichte gerne an seine Juso-Vergangenheit in Kronberg und freute sich daher um so mehr, nach langer Zeit „mal wieder im Hochtaunuskreis zu sein“.

Natürlich eröffnete der Historiker seinen Vortrag mit einem Blick zurück in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, doch nur, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen – und die sieht in seinen Augen nicht schlecht aus: „Darum wird die SPD noch gebraucht“ hatte er das Referat überschrieben.

Immer gute Konzepte gehabt

Immerhin habe das Land Hessen unter SPD-Regierung bundesweit als sehr fortschrittlich gegolten. Vor allem die Ideen von Ministerpräsident Georg August Zinn, gleichzeitig Großstädte und ländliche Regionen zu entwickeln, gehören heute noch nicht zum alten Eisen – zumal Hessen damals noch „Zonenrandgebiet“ war und nicht „im Herzen Deutschlands“ lag. Was damals den Ausbau von Straßen und Autobahnen betraf, kann heute gerne auf die Versorgung mit schnellem Internet übertragen werden, um die flächendeckende Versorgung mit Krankenhäusern oder Facharztzentren sowie Bildung in Form von Schulsystem und finanziell unabhängigem Zugang zur Universität muss man sich schlichtweg weiter kümmern. Gerade, wenn der ländliche Raum mit der richtigen Infrastruktur versorgt ist, kann dort Werbung für die Niederlassung „nicht ortsgebundener Dienstleister“, zum Beispiel der Computerbranche, betrieben werden, kommt die Möglichkeit des „home-office“ dazu, entkrampft sich die Lage in den Großstädten, der Verkehr nimmt ab und auch junge Menschen können wieder auf dem Land leben.

Gute Ideen

Ein solches Strukturnetz muss natürlich langfristig ausgelegt sein, dann kann es als „integriertes Konzept“ ökonomische mit ökologischen Ziele vereinen und dazu sozial gerecht zu einer solidarischen Gesellschaft beitragen. „Wir haben gute Ideen erfunden“, bilanzierte der Geschichtsfachmann mit SPD-Parteibuch selbstbewusst, so zum Beispiel Hans Jochen Vogel, der als Bundeswohnbauminister durchaus Abgaben von Bauherren in eng bebauten Gebieten zu Gunsten des ländlichen Raumes erwog. Auch in Zeiten der Ölkrise seien schon vom „Kronberger Finanzminister Hans Matthöfer“ Sparvorschläge bis zur Steuer für moderne Energiepolitik gekommen, die teils 20 Jahre später von den Grünen durchgesetzt werden konnten.

Eigentlich habe nur die SPD ein Gesamtkonzept zur Bewältigung der Zukunft, das zum Beispiel Ökonomie und Ökologie versöhnen könne, im Gegensatz zu anderen Parteien, die oft zu eng denken. Es liegt wohl am sozialen Einfluss, wenn man der Landbevölkerung das Autofahren noch genehmigt, während in den Städten U-Bahn angesagt ist oder die Umsetzung ökologischer Projekte mit ökonomischen Anreizen fördert – damit könne man sogar des Verliererthema Klima ins Positive wandeln.

Keine Verlierer produzieren

Ob eine Zusammenlegung von Pension und Rente – wie in Österreich geschehen –, eine Anhebung der LKW-Maut, bis sie die Unterhaltskosten für Straßen auch finanziert, oder sogar eine höhere Vermögenssteuer, wenn sie nur erst bei hohen Summen greift – vieles ist denkbar und auch machbar, wenn man nur alle Beteiligten anhört und deren Interessen angemessen berücksichtigt. Wenn es gelingt, einen „solidarischen Wandel Gesellschaft“ – gerne bis auf europäische Ebene – auszulösen, werden alle Beteiligten merken, dass sie davon profitieren.

Diesen Wandel hält Kopper durchaus für machbar, man müsse nur darauf achten, dass die Lösungen „möglichst viele Gewinner und möglichst wenige Verlierer produzieren“. Dafür und für gute Ideen werde die SPD noch gebraucht, schloss der Referent und bedankte sich für die Flasche „Blutsbruder-Wein aus dem Weingut Karl May: „Rotwein ist gut für die Gesinnung“.



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