Das Verschwinden von Gerd Taron: „Ich erzähl dir was von Hoffnung… herzlichen Glückwunsch“

Gerd Taron mit passendem Fortbewegungsmittel am Rettershof. Foto: von Saldern

Königstein/Kelkheim (kw) – Nicht nur Königsteiner Literaturfreunden war und ist der Fischbacher Gerd Taron bekannt, seine literarischen Spaziergänge führten auch bis ins Woogtal, und weitere hübsche Stellen hatte er sich schon vorgemerkt. Auch in der Friedens- und Flüchtlingsarbeit reichten seine Verbindungen bis in die Kurstadt, regelmäßig war er in der Stadtbibliothek anzutreffen. Über die Hintergründe seines plötzlichen Verschwindens klärt nun Sonja von Saldern im Namen seines Freundeskreises auf:

Vor einem Jahr ist Gerd Taron, der „Literaturmann“, aus dem Stadtbild Kelkheim-Fischbachs verschwunden. Er ist nach schwerer Krankheit mit Aufenthalt auf der Intensivstation, im Krankenhaus und in der Reha, mittlerweile komfortabel untergebracht.

Der „Büchermann“ lebt sein kleines, rundes Leben weiter – wenn auch unter anderen Rahmenbedingungen. Er ist glücklich, wieder sprechen, schreiben, essen und vor allem denken zu können. Dinge die selbstverständlich scheinen und erst wertvoll werden, wenn sie eine Zeit lang fehlen.

Unvergessen und bis heute vermisst ist Gerd Tarons literarischer Wochenendgruß, der zahlreiche Leser hat. In der letzten Ausgabe am 9.11.2018 schreibt Taron: „Mit diesem Wochenendgruß möchte ich allen Menschen Mut machen, ihren eigenen Wert zu erkennen und zu leben“.

Es ist Zeit, Gerd Taron die Wertschätzung zukommen zu lassen, die er verdient. Mit viel Engagement hat er zahlreiche Autoren der Region unterstützt. Durch Berichte, Fotos, dem Lektorieren von Manuskripten und zeitaufwendiger Netzwerkarbeit im Hintergrund hat er viel bewirkt, was für die Öffentlichkeit kaum sichtbar wurde, aber einen unschätzbaren Wert hat. Dieser Einsatz für die Literatur wurde häufig als selbstverständlich hingenommen. Gerd Taron hat „sich nicht wichtig genommen“, aber enorm viel „Wichtiges“ geschaffen.

Einen bleibenden Eindruck hinterlassen die „Literarischen Spaziergänge“, in denen der leise Antiquar es verstand, Literatur und Natur an unterschiedlichen Stationen genussvoll zu verbinden. Die Spaziergänge führten nach Frankfurt „Rund um die Buchmesse“, nach Mainz, aber auch „Rund um den „Rettershof“ und ins liebliche Woogtal nach Königstein.

Gerd Taron ist alleinstehend, steht aber nicht allein im Leben, was durch seine Erkrankung offensichtlich wurde. Ein Mann und vier Frauen sind die „Kümmerer“, die Freunde hinter ihm, die zugepackt haben, als „die Familie“ ausfiel. Von regelmäßigen Krankenbesuchen bis hin zu Botengängen in seine Wohnung, Telefonate mit Behörden, Verhandlungen mit der Vermieterin und anderen Hindernissen, die in einer solchen Situation plötzlich auftauchen.

Oft wurden die Freunde gefragt: „Warum tut ihr das? Ihr seid doch nicht verwandt.“ Nein, das sind die Freunde nicht. Die fünf haben ihre Freundschaft uneigennützig geschenkt. Freundschaft gibt es kostenfrei, in guten wie in schlechten Tagen und das ohne Ehevertrag. Inzwischen redet und zehrt der einstige „literarische Spaziergänger“ von wertvollen Erinnerungen, die niemand zerstören kann. Er freut sich über das, was geblieben ist.

“Hurra, ich lebe noch!“ ist der Jubelruf– Gerd Taron lebt und macht wieder bescheidene Pläne. Literarische Spaziergänge über Felder und Wiesen wird er nicht mehr machen, aber andere geistige Reisen durch seinen Mikrokosmos gemeinsam mit den Freunden, die ihn nicht verlassen haben und auch ihn „wichtig nehmen“.

„Mit solchen Freunden macht das Leben Spaß“, bekundete er bei einem Krankenbesuch fast fröhlich. Und die Freunde wünschen alles Gute zum 61-sten Geburtstag und weiterhin gute Genesung.



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