Offener Brief an die Stadtverordneten

Unser Leser Heinz Meurisch, An den Hohwiesen, hat sich mit einen Offenen Brief in Sachen Straßenbeitragssatzung an die Stadtverordneten gewandt:

Sehr geehrte Stadtverordnete, die Straßenbeitragssatzung der Stadt Königstein sieht eine Anhörung der Beitragspflichtigen „vor der Entscheidung über die Durchführung des Um- oder Ausbaus einer Verkehrsanlage“ (§3a) vor. Mit diesem Brief an Sie, möchte ich von Ihnen angehört werden, da Sie über die Existenz und Ausgestaltung der Satzung beraten und damit über die aktuellen und zukünftigen Straßenausbaubeiträge entscheiden. Das Folgende ist die Essenz aus vielen Gesprächen mit betroffenen Anliegern.

Wie schon andere Anlieger in den vergangenen Jahren sind nun aktuell die Beitragspflichtigen in der Straße „An den Hohwiesen“ mit einer Erörterung der auf sie zukommenden Straßenausbaubeiträge erschreckt worden. Die bei der Stadtverwaltung abfragbaren vorläufigen geschätzten Beiträge liegen auch nach meinen Berechnungen im Bereich zwischen 10.000 und 25.000 Euro. Da werden den meisten Betroffenen die Knie weich und die Frage drängt sich auf, ist das normal und ist das notwendig? Die Sanierung ist notwendig, daran zweifelt wohl keiner. Auch, dass Anlieger sich an den Kosten beteiligen, ist unstrittig. Nur die Form, eine Beteiligung über einen einmaligen Betrag, ist das, was die private Finanzplanung des Einzelnen nicht so ohne Weiteres hergibt.

Schaut man sich in anderen Bundesländern um, so sieht man, dass Hessen zur Minderheit der Länder gehört, die die Entscheidung über die Erhebung den Gemeinden überlässt. Acht Länder haben die Straßenausbaubeiträge schon abgeschafft. Innerhalb Hessens steigt die Zahl der Gemeinden, die die Beiträge abschaffen, beständig. Auch für Königstein haben Sie im September entschieden, die Beiträge über einen Zeitraum von zehn Jahren auslaufen zu lassen. Im Jahr 2022 soll es die erste Absenkung der Anliegerbeiträge von 75 Prozent auf 60 Prozent geben, wie wir der Präsentation „An den Hohwiesen“ entnehmen durften. Damit stimmt die Richtung, nur die Form stimmt uns sorgenvoll. Mit von Jahr zu Jahr sinkenden Beiträgen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Betroffene sich mit der Stadtverwaltung über was auch immer streiten, nur um die Feststellung der Beiträge

in das nächste beitragsgünstigere Jahr verschoben zu bekommen. Auch bei der Feststellung der Durchführungsreihenfolge der Straßen könnte versucht werden einzugreifen, nur um in ein für einen selbst günstigeres Jahr zu kommen. Stadtverordnete könnten sich plötzlich dem Vorwurf ausgesetzt sehen, hier begünstigend tätig geworden zu sein. Auch wenn das unbegründet sein sollte, so bindet es Energie, sich dagegen zu wehren. Nur ein klarer Schlussstrich verhindert solche Auswüchse.

Der Fokus sollte aus unserer Sicht auf das Wie einer zukünftigen Reglung ohne Straßenausbaubeiträge und mit einer Gerechtigkeit gegenüber den Betroffenen gerichtet sein, die schon zahlen mussten. Glashütten, wie auch die Stadt Berlin, haben die bisher geleisteten Beiträge, soweit rückwirkend wie möglich, zurückgezahlt. Wir denken, das ist auch für Königstein erstrebenswert. Dem entgegen steht doch „nur“ der Haushalt der Stadt Königstein, der entsprechend angepasst werden müsste. Eine bessere Form als die regelmäßige jährliche Erhebung bei allen Beitragspflichtigen im gesamten Stadtgebiet können wir uns nicht vorstellen. Eine große Solidargemeinschaft trägt solche Lasten leichter als eine kleine Gruppe von Beitragspflichtigen, die zudem erst sehr kurz vor der Durchführung über die Höhe informiert wird. Mit einer zeitlich gleichmäßigen Verteilung über alle Beitragspflichtigen, wie beispielsweise durch eine angepasste Grundsteuer, sind die Zahlungen vorhersehbar und die Stadt gewinnt Handlungsfreiheit und spart eventuell noch Bürokratieaufwand.

Dem Vorbericht des Haushalts für 2020 ist sogar schon eine Anpassung des Hebesatzes der Grundsteuer im Jahr 2021 zu entnehmen. In den Jahren bis 2023 ist keine weitere Erhöhung erkennbar. Ist damit schon der sofortige Entfall der Straßenbaubeiträge abgedeckt (beziehungsweise falls nicht, könnte prinzipiell mit einer solchen Erhöhung abgedeckt werden)? Eine stufenweise Anhebung parallel zur schrittweisen Absenkung der Beiträge ist jedenfalls nicht erkennbar.

Für das sich aus dem sofortigen Stopp und der Rückzahlung öffnende Finanzloch stehen im Landeshaushalt Steuermittel bereit, die für Investitionen in die Infrastruktur, mithin Straßensanierungen, verwendet werden können. Nach unseren Recherchen könnten die Mittel aus dem Förderprogramm KIP in der Höhe von 658.469 Euro bis Ende 2021 genutzt werden, auch ohne eine Aufstellung eines Nachtragshaushalts für 2021. Aus unserer Sicht stellt nur ein einmaliger Schnitt mit der Umstellung vom anliegerfinanzierten zum grundsteuerfinanzierten System eine gerechte Lösung dar. Eine stufenweise Absenkung von Anliegerbeiträgen bei gleichzeitiger Erhöhung der Grundsteuer führt zu einer Doppelbelastung derjenigen, die in den kommenden Jahren noch Anliegerbeiträge entrichten müssen. Daher sollte der Schnitt jetzt gelegt werden, wie es eben viele andere Kommunen und ganze Länder tun. Da ja nun demnächst Kommunalwahl ist, würden wir gerne von allen, die sich der Wahl stellen, erfahren, wie Sie vorhaben, uns Bürger in der kommenden Regierungsperiode im Stadtparlament zu vertreten. An den Bürgermeister, die ALK, die CDU und die FDP geht die Frage: Bleiben Sie bei der Position, die Gebühren über einen Zeitraum von 10 Jahren abzusenken? Die bisher und zukünftig Betroffenen möchten gerne als informierte Bürger ihr Kreuz an der am besten passenden Stelle abgeben. Wir freuen uns über jede Form der Stellungnahme zu unserem Anliegen und über eine klare Positionierung zur anstehenden Kommunalwahl!

Mit freundlichen Grüßen

Heinz Meurisch geb. Colloseus

PS: Die Liste der wichtigsten Quellen zu unseren Aussagen, die mit Fußnoten markiert sind,

sind auf den folgenden Seiten zusammengetragen.



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