15 Jahre Hilfe für Bedürftige in Rumänien

Frank und Helga Michaelis, Beladung des Transporters für die Fahrt im März 2016

Foto: privat

Kronberg (kb) – Der Verein Rumänienhilfe Hochtaunus besteht seit 15 Jahren und versteht sich als karitative Organisation, die Hilfe zur Selbsthilfe anbieten möchte. In der Satzung heißt es dementsprechend „Förderung von Verständnis und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung für die Probleme sozialer Not in Rumänien“. Die Anregung zur Gründung des Vereins im Mai 2001 kam von Altbürgermeister Rudolf Möller und wurde von engagierten Kronbergern, die bereits vorher Hilfstransporte nach und in das Gebiet von Temeswar durchgeführt hatten, gern unterstützt.

Die erste Fahrt für den Verein erfolgte im April 2001. Wie bereits bei vorhergehenden Fahrten stellte das Autohaus Luft dankenswerterweise einen VW-Transporter unentgeltlich zur Verfügung, der mit Spenden von Familien aus dem Taunus vollgepackt wurde. Vier engagierte Kronberger machten sich damals auf den 1.300 Kilometer weiten Weg über Österreich und Ungarn nach Temeswar, eine beschwerliche Fahrt mit zeitaufwendiger, teilweise schikanöser Zollabfertigung auf rumänischer Seite der Grenze zu Ungarn. Viele Straßenkinder, von den Eltern verlassen, ohne Unterstützung von staatlichen und privaten Institutionen, vegetierten auf den Straßen der 300.000 Einwohner zählenden Großstadt. Selbst in stinkenden Abwassergullys richteten sie sich mit Matratzen und Decken „häuslich“ ein. Die Reiseteilnehmer berichteten, dass es anfänglich schwer war an die Kinder heranzukommen, zu groß war ihre Skepsis, Hilfe und Zuwendung kannten sie nicht. Auch bei der Bevölkerung wurde die Kronberger Initiative mit Skepsis betrachtet. Bei weiteren Besuchen und durch persönliche Ansprache, z.B. Einladung zum gemeinsamen Grillen, entstand allmählich Vertrauen, und die Straßenkinder begrüßten freudig den „gelben Bus“, auch in der Erwartung, wieder festes Schuhwerk, Kleidung und Süßigkeiten zu erhalten.

Bei der ersten Reise des Vereins wurde auch ein neurologisches Kinderheim in der 60 Kilometer entfernten Stadt Lugosch besucht. 80 Prozent der Kinder waren Waisen, dankbar wurden zahlreiche Stofftiere und Schokoladetafeln entgegengenommen. Das Heim plante die Einrichtung von Werkstätten, um die Kinder zu betreuen und mit leichter Arbeit, zum Beispiel Teppichweben und Töpfern, kreativ zu beschäftigen.

Besonders berührend war der Besuch einer Aidsstation des Krankenhauses in Temeswar. Ein Lichtblick für die kleinen Patienten waren die mitgebrachten Plüschtiere. Frank Adler schlüpfte in die Rolle eines Puppenspielers und entlockte sogar den vom Tod gekennzeichneten Kindern ein Lächeln.

Nach der ersten Fahrt des Vereins folgten jährlich zwei bis drei Reisen, immer mit einem VW-Bus vom Autohaus Luft, der oft von den Kronberger Firmen J. Hildmann und Gebr. Hofmann vollgetankt wurde. Zahlreiche Familien und Freunde unterstützen den Verein bis heute mit Spenden von Kleidung, Bettzeug, Spielzeug, Fahrrädern usw., die von armen Familien und Institutionen immer noch dankbar entgegengenommen werden. Auch großherzige Geldspenden von Freunden und von Personen, die sich für die Hilfe in dem nach den politischen und sozialen Umwälzungen geschundenen Land einsetzen, unterstützen dankenswerterweise die Arbeit des Vereins.

Untrennbar verbunden mit dem Aufbau und den Hilfsaktionen ist der Name Michaelis. Frank und Helga waren von Anfang an der Motor für die Hilfsaktionen. Frank leitet seit der Gründung den Verein als Vorsitzender, seine Frau Helga wirkt im Vorstand tatkräftig mit. Eine wichtige Stütze bei der Vereinsarbeit und bei den Reisen war Herbert Fuchs, der im Vorstand als Geschäftsführer mitwirkte. Sein Tod im vorigen Jahr bedeutete für den Verein einen schmerzlichen Verlust, die entstandene Lücke versucht Dr. Heinz Walden als neuer Geschäftsführer zu schließen. Brigitte Möller, versiert in der Vereinsarbeit, vervollständigt als Kassiererin den Vorstand.

Bei den ersten Reisen kamen die Kontakte zu den verschiedenen hilfsbedürftigen Personen und Institutionen zufällig zustande. Inzwischen konnten verlässliche Partner vor Ort gewonnen werden. Besonders hilfreich ist der Kontakt zu und die enge Zusammenarbeit mit Mechtild Gollnick. Sie kam 1990 mit ihrem Mann nach Rumänien, der im Auftrag der NRW-Staatskanzlei den Aufbau einer Schule für die Ausbildung von Heilpädagogen leitete. Er gründete auch den weit verzweigten, von verschiedenen deutschen Hilfsorganisationen unterstützten Verein „Hilfe für Kinder“. Nach seinem Tod in 2004 übernahm seine Frau die Leitung des Vereins. Für ihre erfolgreiche Arbeit wurde sie, wie früher bereits ihr Mann, mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Temeswar ausgezeichnet. In den letzten Jahren hat der Verein Rumänienhilfe, teilweise durch die Vermittlung von Frau Gollnick, eine Vielzahl von Hilfsleistungen erbracht. Genannt seien u.a.

Verteilung von Bekleidung, Handtüchern, Bettwäsche sowie Lebensmittel an Waisenhäuser, Mütter- und Kinderheime, psychiatrische Kinderkliniken und Armenküchen.

Finanzierung von Nähmaschinen, um leicht behinderte Mädchen auf einen Beruf vorzubereiten, Kauf von therapieunterstützenden Apparaten sowie PC-Software für das Pflegepersonal einer Kinderklinik, Finanzierung der Dachdeckung eines Kindergartens, finanzieller Zuschuss zu einer Herzoperation eines schwerkrank geborenen Kindes.

Aktuelle Schwerpunkte der Hilfsprojekte sind die „Finanzierung von Kindergartenbeiträgen für Kinder von alleinerziehenden Müttern und armen kinderreichen Familien“ und die „regelmäßige Unterstützung von bitterarmen, teilweise kinderreichen Familien mit Lebensmitteln, Brennholz und Gütern des täglichen Bedarfs“.

Sechs Kinder aus besonders bedürftigen Familien hatte Frau Gollnick ausgewählt. Für zwei Kinder bezahlen dankenswerterweise Unterstützer, für die anderen der Verein die Kindergartengebühren. Die Kinder werden fürsorglich betreut, erhalten ein Mittagessen und werden an ihre zukünftige Ausbildung herangeführt. Beispielhaft seien die Familienverhältnisse von Maria Tanase erwähnt: Sie vier Jahre, ihr Bruder sieben Jahre alt, beide leben mit ihrer körperbehinderten Mutter und dem über 80-jährigen Urgroßvater in äußerst ärmlichen Verhältnissen. Die Mutter darf und kann nicht arbeiten. Sie erhält eine geringe Behindertenunterstützung. Maria wird als sehr aufgewecktes Mädchen beschrieben, über die Hilfe ist sie hocherfreut und dankbar.

Wenn die Kinder in die Schule kommen, werden sie aus der Unterstützung herausgenommen. Für sie rücken andere Kinder nach, die in Abstimmung mit Gollnick ausgesucht werden.

Nach dem Sturz des Ceausescu-Regimes gab es bei der Bevölkerung große Hoffnung auf verbesserte Lebensverhältnisse. Für viele endeten sie mit dem Fall in große Armut und Ausweglosigkeit. Politische Fehlleistungen und wuchernde Korruption trugen zu dieser unbefriedigenden Entwicklung bei, worunter das Land auch heute noch leidet. Rumänien gehört zu den „Armenhäusern“ Europas.

Der Verein hilft besonders davon betroffenen Familien mit Lieferung von gespendeten Kleidungsstücken. Von Zeit zu Zeit werden mit Spendengeldern Lebensmittel vor Ort eingekauft und persönlich zu den Familien, verstreut in verschiedenen Dörfern in der Umgebung von Temeswar, gebracht.

Die Gründe für die missliche Lage von Familien, die für die Unterstützung ausgewählt wurden, sind sehr unterschiedlich. Die Situation der Familie Emil Tudose, ist folgende:

Die Familie wohnt in einem kleinen Dorf 75 Kilometer von Temeswar entfernt. Die Mutter betreut die sechs Kinder. Der Vater arbeitete als Elektriker und wurde arbeitslos. In der abgelegenen Gegend, kann er nicht mehr mit neuer Arbeit rechnen, zumal er bereits 50 Jahre alt ist. Es wird berichtet: „Die Eltern sind verzweifelt“.

Dankenswerterweise haben einige Unterstützer armen Familien durch monatliche Zahlungen geholfen. Der Verein übernimmt die Kosten für den Einkauf von Lebensmitteln und dringend notwendiger Hilfsmittel, die von Zeit zu Zeit zu den Familien gebracht werden.

In den letzten Jahren haben sich einige Initiativen in Temeswar gebildet, die Kinder, Kranke und verarmte Mitmenschen unterstützen. Diese werden teilweise von deutschen Vereinen finanziell unterstützt. Der Verein Rumänienhilfe Hochtaunus hat über Gollnick Kontakt zu einigen aufgenommen und leistet Hilfe mit gespendeten Kleidungsstücken und auch Lebensmitteln.

Der Verein begeht nun Samstag, 30. April , sein Jubiläum mit einer kleinen Feier von 12 bis 16 Uhr auf dem Recepturhof in der Friedrich-Ebert-Straße. Der Vorstand freut sich auf ein gemütliches Beisammensein und interessante Gespräche, bei gegrillten Würstchen, kühlen Getränken sowie Kaffee und Kuchen. Bei dieser Gelegenheit möchte der Vorstand auch allen Freunden, Sponsoren und Mitgliedern für die vielfältige und tatkräftige Unterstützung in den vergangenen Jahren danken.

Maria Tanase

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