Abschied von Haselmann und Graeber aus der Stadtpolitik

tadtverordnetenvorsteherin Blanka Haselmann und der Vorsitzende des Haupt-, Finanz- und Petitionsausschusses, Karlheinz Graeber (links), wurden in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung von Bürgermeister Klaus Temmen (rechts) und vom stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher Christoph König (Zweiter von links) mit Blumen und Präsenten verabschiedet.

Foto: Miriam Westenberger

Kronberg (pu) – Das näherrückende Ende der Legislaturperiode stellt gleichzeitig eine Zäsur für einige lang gediente Aktivposten der Lokalpolitik dar. So haben unter anderem Stadtverordnetenvorsteherin Blanka Haselmann und der Vorsitzende des Haupt-, Finanz- und Petitionsausschusses, Karlheinz Graeber (beide CDU), erklärt, nach langjähriger Mandatsträgerschaft für eine erneute Kandidatur nicht mehr zur Verfügung zu stehen und wurden deshalb vergangenen Donnerstag während der jüngsten Stadtverordnetenversammlung mit Blumen und Präsenten verabschiedet.

„Als Stadtverordnetenvorsteherin spielen Sie für die Stadt Kronberg und uns die erste Geige“, hatte sich vor zwei Jahren der Vorstandsvorsitzende und Künstlerische Leiter der Kronberg Academy, Raimund Trenkler, nahtlos in die Riege derer eingereiht, die Blanka Haselmann und ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement im Verlauf eines Empfangs anlässlich ihres 60. Geburtstags in höchsten Tönen lobten.

Zu diesem Zeitpunkt hegte die CDU-Politikerin noch keinerlei Absichten, ihre Tätigkeit als Parlaments-Chefin in absehbarer Zukunft zu beenden. Erst eine Änderung ihrer beruflichen und privaten Situation ließ im letzten Jahr den Entschluss für neue Schwerpunkte reifen. „Ich habe eine spannende neue Aufgabe im Bundesjustizministerium in Berlin übernommen, die meinen vollen zeitlichen und persönlichen Einsatz fordert, sodass ich meinen bisherigen Aufgaben in Kronberg nicht mehr gerecht werden kann, so gerne ich das Amt der Stadtverordnetenvorsteherin auch wahrgenommen habe“, begründet Haselmann ihren Abschied von der politischen Bühne. Damit ist eine personelle Veränderung auf diesem prominenten Posten unabhängig vom Kommunalwahlausgang definitiv Fakt.

Geordnete Verhältnisse

Die knapp 62-Jährige nimmt die gebotene Gelegenheit gerne wahr, die von ihr als spannend empfundene Zeit Revue passieren zu lassen. „Ich erinnere mich an die vielen Debatten im Stadtparlament, die zu Beginn meiner Amtszeit nicht einfach zu leiten waren, wegen der damals zum Teil heftigen Auseinandersetzungen zwischen Mandatsträgern und oftmals auch persönlicher Angriffe“, berichtet die scheidende Stadtverordnetenvorsteherin. Mittlerweile sei das Klima im Stadtparlament und zwischen den einzelnen Gremien „ausgesprochen gut und von gegenseitigem Respekt und Sympathie getragen und es erfüllt mich mit großer Genugtuung, dass ich meine Amtszeit mit geordneten Verhältnissen beenden kann.“ Dass dieser optimierte „Klima-Zustand“ alles andere als ein Selbstläufer ist, dürften die letzten stürmischen Wochen deutlich vor Augen geführt haben.

Gewählt in das Amt der ersten Bürgerin Kronbergs wurde die in Frankfurt geborene und aufgewachsene Juristin im Mai 2003 mit 22 von 28 abgegebenen Stimmen von der Stadtverordnetenversammlung (Stvv) zur Nachfolgerin ihres aus beruflichen Gründen nicht mehr für dieses Amt zur Verfügung stehenden Parteikollegen Hans-Jörg Niermann. Acht Jahre später, im Mai 2011, erfolgte die Bestätigung – wiederum mit breiter Mehrheit. Nicht nur die Mandatsträger attestieren der Christdemokratin wiederholt einen durch Kompetenz und Souveränität geprägten Führungsstil sowie strikte Trennung zwischen ihrem Amt und ihrem politischen Mandat sowie akribisches Bestreben der korrekten Einbindung der jeweils zuständigen Gremien in die Beratungs- und Entscheidungsprozesse. Auch von den Bürgern erhielt sie bei den beiden letzten Kommunalwahlen nachweislich die meisten persönlichen Stimmen. Die „teilweise anarchischen Zustände im studentischen Umfeld“ sowie die in der Frankfurter CDU nach jahrzehntelanger SPD-Vorherrschaft aufkeimende Aufbruchsstimmung hatten Blanka Haselmann vor 38 Jahren noch in ihrer Geburtstadt veranlasst, sich „aktiv zu der Partei zu bekennen, die meinen christlich-liberalen Wertevorstellungen am ehesten entsprach.“ Für die hiesige Kommunalpolitik warb sie der heutige Stadtbrandinspektor Gunnar Milberg, mit dem sie bei gemeinsamen S-Bahnfahrten zu den jeweiligen Arbeitsplätzen ins Gespräch gekommen war. Mittlerweile blickt die Mutter dreier erwachsener Kinder auf ein über 20-jähriges Engagement als Stadtverordnete zurück, wofür sie 2013 die Ehrenbezeichnung „Stadtälteste“ erhielt. Darüber hinaus war sie bis dato Vorsitzende des Ältestenbeirates. Nicht zu vergessen auch ihre Verdienste als CDU-Fraktionsvorsitzende.

Bei aller mit Mandatsträgerschaft verknüpften Ernsthaftigkeit, sind selbst in der Lokalpolitik hin und wieder durchaus Schmunzelmomente zu notieren und so hat auch die Parlaments-Chefin eine Anekdote parat und beweist damit ihren Sinn für Humor: „In Erinnerung bleibt mir unter anderem die freundliche Heiterkeit der Stadtverordneten, die meine zuweilen nonchalante Zählweise bei Abstimmungen öfter hervorgerufen hat. Daran hat auch die Einführung von roten und grünen Stimmkarten nichts geändert, die meine Kollegen Stadtverordneten eigens deshalb beschlossen haben, um meine Wahrnehmung dazu zu schärfen, welche Bewegungen als Stimmabgabe oder als sonstige Kundgebung zu werten sind. Die Eigenheiten meiner Zählweise wurden sogar einmal in Gedichtform vom Kollegen Volker Stumm gepriesen – dieser literarische Ruhm wird mir bleiben.“

Trotz ihres Mandatsendes wird Haselmann, die sich mit Tennis, Golf und Jogging fit hält, zweifellos häufig in der Burgstadt weilen. Teils, um Freunde zu besuchen, teils, um als Musikliebhaberin das „großartige, vielfältige Angebot in Kronberg“ zu nutzen.

Respekt und Lob zollen politische Wegbegleiter aller Couleur in diesen Tagen nicht minder dem scheidenden langjährigen HFA-Vorsitzenden Karlheinz Graeber, dem es trotz seiner durch Beharrlich- und Zielstrebigkeit geprägten Amtsführung gelang, sich weitestgehend aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit fernzuhalten.

Etwas für die Allgemeinheit tun

Geboren in Edenkoben an der Weinstraße als Sohn eines Stadtrats gewann der Pfälzer früh die Überzeugung: „Es ist richtig, etwas für die Allgemeinheit zu tun“. Erste diesbezügliche Erfahrungen sammelte er als Wirtschaftswissenschafts-Student in der Hochschule als Vorsitzender des Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) bei seinem Einsatz für deren Belange sowie als Vorsitzender der Jungen Union in seiner Heimatstadt. Dem Studium folgten Banklehre und Aufnahme seiner nunmehr seit über 39 Jahren währenden Tätigkeit als Produktmanager im Spar- und Einlagengeschäft in der Deutschen Bank Zentrale, die in ein paar Monaten mit dem Eintritt in den Ruhestand enden wird. Womit der „Zahlenmensch“ zu Beginn seiner beruflichen Karriere allerdings nicht rechnen konnte, war die für sein Privatleben weichenstellende Begegnung mit einer Oberhöchstädterin namens Britta, die neben Hochzeit und Familienzuwachs um drei Kinder schließlich 1985 den Umzug von Bad Homburg nach Kronberg zur Folge hatte.

Möllers Werben

Die zwischenzeitliche Ruhepause politischen Wirkens aus Rücksicht auf die junge Familie endete, nachdem der langjährige Kronberger Bürgermeister Rudolf Möller vor rund 20 Jahren auf der Suche nach Kandidaten für die anstehende Kommunalwahl erfolgreich bei Graeber anklopfte. Dem „Neuen“ gelang auf Anhieb der Sprung ins Stadtparlament, wo sich seine Kompetenz rasch herumsprach. Infolgedessen trug man im Verlauf der Legislaturperiode die Übernahme des CDU-Fraktionsvorsitzes an ihn heran. „Der dafür notwendige Zeitaufwand ließ sich zum damaligen Zeitpunkt jedoch nicht mit meinem Beruf und Familie vereinbaren, sodass ich nach gut einem Jahr an Blanka Haselmann übergab“, skizziert er die damalige Entwicklung. Zur Stelle war er dann „um 2003 herum“, als die politische Atmosphäre vom harschen Umgangston und persönlichen Angriffen geprägt war und ein besonnener Finanzfachmann mit Weitblick für den Vorsitz des Haupt-, Finanz- und Petitionsausschusses gesucht wurde.

Positiv denken

„Meines Erachtens muss man nicht immer einer Meinung sein, man kann sich trotzdem schätzen und sachlich miteinander umgehen und deshalb habe ich von Anfang an gemäß meines Lebensmottos potitiv zu denken, statt immer nur das Negative zu sehen, daran gearbeitet, für eine gute Arbeitsatmosphäre zu sorgen“, gibt Graeber Einblick in seine Philosophie, die seiner Arbeit zugrunde liegt. Diese Bemühungen beschränkte er mitnichten auf das Gremium, vielmehr übernahm er eine tragende Rolle, als sich die haushalterische Situation infolge eines Einbruchs bei den Gewerbesteuereinnahmen vor einigen Jahren dramatisch zuspitzte und initiierte nach Rücksprache mit Bürgermeister Klaus Temmen sogenannte Kamingespräche mit sämtlichen Fraktionsvorsitzenden im Bürgermeisterzimmer. „Wenn es darum geht, die Finanzsituation schonungslos offen zu legen und zum Wohl unserer Stadt nach Lösungen zu suchen, muss Parteipolitik zur Seite gelegt werden, um nicht an einer Betonwand zu landen“, unterstreicht der Pfälzer, der rückblickend konstatiert, man habe selbstredend hinter verschlossenen Türen hart in der Sache gerungen, am Ende jedoch eine satte Mehrheit gefunden, um die Mehrzahl der Vorschläge umzusetzen. In diesem Zusammenhang lobt er außerdem die Initiative einiger Kronberger Bürger, die mit ihren Ideen zur Haushaltskonsolidierung, von denen „nicht alle, aber durchaus einige“ übernommen werden konnten, „einen wichtigen Beitrag geleistet haben“. In seinen Dank schließt er ferner alle ein, von den Mitarbeitern der Stadtverwaltung bis zu politischen Wegbegleitern, „die mich während all der Jahre mit Rat und Tat unterstützt haben“.

Brücken schlagen durch Kommunikation

Aus seiner Zeit als stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher stammt ein Ereignis, das Graeber in nachhaltiger Erinnerung geblieben ist. Anlässlich der Feierlichkeiten der 30-jährigen Partnerschaft zwischen Kronberg und Le Lavandou hielt er sein Grußwort komplett in französischer Sprache. Diese besondere Freundschafts-Geste blieb insbesondere bei den Gründungsmitgliedern der Partnerschaft nicht ohne Wirkung. „Am nächsten Tag versammelten sich alle nach der großen Bouillabaisse am an die Partnerschaft erinnernden Gedenkstein. Dort kam die Rede erneut auf mein Grußwort und spontan nahmen sich die Herren in die Arme und schworen sich gegenseitig unter Tränen, ihr Scherflein dazu beitragen zu wollen, damit die nachfolgenden Generationen in ihren jeweiligen Sprachen miteinander sprechen können. Das war ein sehr ergreifender Moment“, erinnert sich der langjährige Mandatsträger gerne zurück.

Zukunft – Sprachen, Reisen, Kultur

Das Thema Sprachen wird künftig wieder eine größere Rolle im Leben des Finanzexperten und seiner Ehefrau einnehmen. Das Ehepaar will, nach abgeschlossener Berufsausbildung des jüngsten Sohns und Graebers Eintritt in den Ruhestand, ab Sommer mit einem selbst restaurierten alten VW-Campingbus Europa bereisen, Sprachkenntnisse aufbessern, kulturelle Vielfalt und „Zeit zu zweit“ genießen. Unter anderem stehen das Nordkap und Portugal auf der Agenda.

Nichtsdestotrotz sollen selbstredend die Kinder und Enkelkinder nicht zu kurz kommen und auch der seit Jahren gepflegte herzliche Kontakt zur Nachbarschaft wird dafür sorgen, dass Graebers häufig in Kronberg anzustreffen sind.



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