Die Adlerbilder – wichtige Zeugnisse der Kronberger Malerkolonie

Ausschnitt des Burgerbildes: Zwei Musiker in bester Laune Foto: privat

Kronberg (pf) – Sie waren keine Kinder von Traurigkeit, die jungen Maler, die Anfang der 40er-Jahre des 19. Jahrhunderts nach Kronberg kamen und Leben in das beschauliche Städtchen brachten. Quartier nahmen sie im Gasthaus „Zum Schwarzen Adler“ wie es damals noch hieß. Und sie erlaubten sich mit den Wirtsleuten so manchen Schabernack. So band Anton Burger, der Begründer der Kronberger Malerkolonie, der als erster im Gasthaus einzog, den Adlerwirt während dessen tiefen geräuschvollen Mittagsschlafs mit Seilen an seinem Lehnstuhl fest, um ihm dann aus dem Hinterhalt mit Schadenfreude bei seinen Befreiungsversuchen zuzusehen. Oder wenn der Wirt in einer Mußestunde zum Fenster hinaus sah, beschoss er ihn hinterrücks mit Erbsen.

So erzählte es Hans Robert Philippi, Vorsitzender der Museumsgesellschaft Kronberg, am Mittwochabend vergangener Woche seinen zahlreich erschienenen Zuhörern im Gewölbekeller des „Adler“. Dorthin hatten Stadt und Museumsgesellschaft alle Kunstinteressierten zum ersten Gespräch der Vortragsreihe eingeladen, die sie für das Jahr der EuroArt-Tagung in Kronberg geplant haben.

Hans Robert Philippi hatte in zahlreichen Quellen recherchiert, die Erinnerungen „Ein halbes Jahrhundert Cronberger Malerkolonie“ des Apothekers Dr. Julius Neubronner gelesen, der ein Jagdbruder und Freund von Anton Burger war, die Lebenserinnerungen „Vom Taunus zum Wannsee“ von Philipp Franck, einem Burger-Schüler, der später Direktor der Preußischen Kunstakademie in Berlin und Mitbegründer der Berliner Sezession war, aber auch das Buch „Die Kunst unserer Zeit“ von A. Spier, in dem diese Szenen beschrieben sind. „Und trotz alledem entstand keine Feindseligkeit“, heißt es dort weiter. „Denn derselbe Mann brachte ja Leben ins Wirtshaus und ins Städtchen, machte Werktage zu Festen und die Feste zu Ruhmestagen für die ganze Umgebung.“ Der Wirt ließ sich von Anton Burger auch in seiner Wirtsstube malen. Das Ölgemälde, berichtete Hans Robert Philippi, wurde 1869 in München mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. 1894 erwarb es die Königliche Neue Pinakothek und dort befindet es sich noch heute. Im Mittelpunkt des anschaulichen, lebendigen und sehr unterhaltsamen Vortrags standen die Bilder, die die Kronberger Maler seinerzeit auf die Wände des damaligen Adlersaals malten. „Als der Saal umgebaut wurde, beschlossen die Maler, die Wände mit Bildern und Rahmen zu bemalen“, zitierte Philippi aus den Erinnerungen von Julius Neubronner. „Dies gelang ihnen in hervorragender Weise.“ Die Bilder, an denen freilich später oft retuschiert wurde, sind noch vorhanden. Auch unten im Wirtszimmer befindet sich auf der Wand ein großes Bild, von Anton Burger aus alter Anhänglichkeit gemalt, welches zwei angeheiterte Musikanten auf dem Heimweg darstellt. Dieses Bild wurde 2012 bei den Renovierungsarbeiten wiederentdeckt und restauriert.

Bei den anderen Wandbildern, die interessanterweise alle mit einem ebenfalls gemalten Rahmen versehen waren, ist die Urheberschaft nicht so eindeutig festzustellen. Vermutlich waren es Gemeinschaftsarbeiten, so Philippi, die teilweise aus einer Laune heraus übermalt wurden, um sie noch besser zu machen. „Es ist ein herausforderndes, aber auch interessantes Unterfangen, einzelne Künstlerhandschriften herausfiltern zu wollen“, meinte er.

In der Kegelbahn hatten sich die Maler mit Selbstbildnissen verewigt. Allerdings ließ ein späterer Wirt, der saubere glatte Wände liebte, die charakteristischen Gestalten und Porträts überstreichen. Dass einige der Wandbilder des Adlers erhalten geblieben sind, ist Julius Hembus zu verdanken. Der renommierte Restaurator kannte als alteingesessener Kronberger natürlich die Bilder und als Anfang der 60er-Jahre das Gasthaus von Grund auf renoviert wurde, ließ er die Gemälde, die sich ebenso wie das Gebäude selbst in einem kläglichen Zustand befanden, von den Wänden abnehmen, um sie vor dem Verlust zu bewahren und sie der Nachwelt zu erhalten.

Bei einer Reihe von Bildern bat Hans Robert Philippi sein Publikum zu raten, wer es gemalt haben könnte, wessen Handschrift es trägt oder wo Gemeinschaftsarbeiten zu erkennen sind – ein Ratespiel, bei dessen Auflösung er viel über bildnerische Eigenheiten und Stilrichtungen der Kronberger Maler verriet. Zum Abschluss zeigte er eine Auswahl der geretteten Adlerbilder, die einst das sogenannte Malersälchen zierten, Bilder von Rumpf, Winter, Fresenius und natürlich von Anton Burger.

„Tatsächlich“, vermutet er, „werden bei den meisten Bildern mehrere Hände im Spiel gewesen sein: Einer hat angefangen, ein anderer hat weiter gemalt, ein Dritter fügte eine Staffage hinzu und letztlich wurde noch der Rahmen drumherum aufgebracht.“ Künstlerisch besonders wegweisend seien sie dadurch nicht, zählten auch nicht zu den teuren Stücken. Aber das trete vor dem Hintergrund des historischen und kunsthistorischen Aspekts zurück. „Die Wandbilder aus dem Traditionsgasthaus ‚Zum Adler‘ „,so Philippi, „sind wichtig für die Geschichte des Hauses, wichtig für das Kulturgut Künstlerkolonie Kronberg und von Bedeutung als für die Beleg zur Sozialgeschichte der Kolonisten.“



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