Bahnhofsquartier wird wieder grün durch Mondholz und Disteln

Blick in die Zukunft nach Abschluss der Bauprojekte. Im Vordergrund das Hotel mit der Mondholzfassade.
Graphik: Contraco GmbH

Kronberg (kb/pu) – Als am Bahnhof der zum Teil sehr alte Baumbestand für die drei aktuell in der Realisierung befindlichen Neubauten Kammermusik-Saal, Studien- und Verwaltungszentrum (SVZ) und Hotel weichen musste, gaben Kritiker ihrer großen Befürchtung Ausdruck, die Zeiten von Naturgrün am Bahnhof könnten endgültig der Vergangenheit angehören. Nicht zu vergessen die Aufmerksamkeit erregende Protestaktion am Fälltag des Mammutbaums (wir berichteten). Gleichwohl war bereits frühzeitig sowohl im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) als auch anderen zuständigen Gremien zum einen seitens der Bauherren des sogenannten Baufelds II, der Contraco GmbH und der Kronberg Academy, zum anderen seitens der Zuständigen des Baudezernats und aus den Reihen der Lokalpolitik die Rede von begrünten Dächern und weiterer Begrünung. Des Weiteren sind zwingend zu beachtende Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft unter anderem in den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan „Bahnhofsquartier Baufeld II“ verankert, darunter der Passus 9.1.1: Die im Sondergebiet 1 festgesetzten Dachflächen flach geneigter Dächer Dachneigung (≤10°) eines Gebäudes sind insgesamt zu mindestens 80 Prozent mit einem mindestens 30 Zentimeter Aufbau für Wasserspeicher und Substrat intensiv zu begrünen.

Details

Vor diesem Hintergrund informieren die Bauherren nunmehr mittels einer Pressemitteilung im Detail über ihre präzisierten Pläne, die Natur mit grünen Dächern und Holzfassaden ins Bahnhofsquartier zurückzuholen. Nach den Worten von Daniel Rinck, Bauherr und Geschäftsführer der Contraco GmbH, werden auf dem extern begrünten Hoteldach in Zukunft Moose, Kräuter und Sukkulente nicht nur bedrohten Insekten-Arten ein neues Zuhause bieten, sondern zugleich die Luft verbessern, als Lärmdämpfer wirken und Regenwasser in den natürlichen Kreislauf zurückführen. Das Dach erhalte damit auch einen wirksamen Schutz vor Hitze, Frost und UV-Strahlungen.

Bebauung im Einklang mit der Umwelt

„Wir werden auch versuchen, den Stieglitz wieder anzulocken, der vor der Abholzung der Bäume wohl hier ansässig war“, stellt Rinck heraus. Dazu würden Disteln gepflanzt, für die der Vogel eine Vorliebe hege. Des Weiteren erhält das Studien- und Verwaltungszentrum der Kronberg Academy eine intensive Begrünung mit teils bis zu ein Meter hohen Pflanzen wie Sträuchern, Büschen und sogar Gehölzen. Wie der Pressemitteilung zu entnehmen ist, gelten Dach-Begrünungen als wichtige ökologische Ausgleichsflächen, die in Zeiten von Klimawandel und Insektensterben einen wichtigen Beitrag zum Gleichgewicht des Ökosystems leisten können. Das Dach des Kammermusiksaals hingegen wird aus einer Mischung aus Metall und Schindeln bestehen, die mit einem sich verändernden Farbverlauf von matt bis glatt die Lebendigkeit der Musik nach draußen transportiert.

Nachhaltigkeit trifft Ästhetik

Was der Besucher des neu entstehenden Quartiers am Bahnhof allerdings in erster Linie sehen wird, sind die Außenfassaden der Gebäude. „Hier haben wir keine Mühen gescheut, lange recherchiert und mit dem Bauamt verhandelt, um eine passende Holzfassade zu finden“, erzählt Rinck. Das Ergebnis sei Mondholz von der sibirischen Lärche. Mondphasen-Holz wird zu einem bestimmten Zeitpunkt gefällt, der vom forstlichen Mondkalender bestimmt wird. Daraus resultierend gilt das Holz als qualitativ besonders hochwertig und widerstandsfähig. „Leider können wir kein heimisches Holz benutzen, da die Bäume hier schneller wachsen und dadurch zu astreich und nicht dicht genug sind“, erklärt Rinck.

Die Holzfassade wird eine vertikale Lattenstruktur aufweisen und mit einer grauen Lasur versehen, damit die spätere, ganz natürliche Vergrauung der Holzoberfläche weniger prägnant ausfällt.

Alle Gebäude erhalten einen Sockel aus Muschelkalk, der dem Taunusquarzit, von dem bisher stets die Rede gewesen war, sehr nahekommt, jedoch fester und langlebiger ist. „Die Bauherren und der Architekt hätten zwar gerne den regionalen Stein genommen, aber leider ist dieser zu witterungsanfällig“, legt Rinck dar, der sich schon auf das finale Ergebnis freut: „Wir sind davon überzeugt, dass wir hier etwas sehr Attraktives bauen, das sowohl den Kronbergern als auch den Besuchern gefallen wird“, sagt er.

Baufortschritt

Nachdem

gleich

zu Beginn der Aushub-Phase der Baugrube die Arbeiten drei Wochen in Verzug gerieten, weil die Deponie wegen anhaltender Regenfälle geschlossen war, ist die Verrichtung mittlerweile nach Aussage Daniel Rincks „voll im Terminplan“. Zum Fortschritt der Rohbauarbeiten befragt, berichtet er von fertigen Bodenplatten für die drei Gebäude und der fertigen Tiefgarage, sodass beim Hotelbau bereits Arbeiten für das Erdgeschoss laufen.

Nach voraussichtlichem Abschluss der dortigen Rohbauarbeiten im November diesen Jahres, soll es noch im gleichen Monat mit dem Anlegen des Natursteinsockels weitergehen. Beim Kammermusik-Saal dauere die Rohbauphase dagegen noch bis März nächsten Jahres, beim Studien- und Verwaltungszentrum (SVZ) bis Sommer 2019. Parallel würden jedoch die öffentlichen Ausschreibungen durch die Staab-Architekten laufen.

In Sachen Hotel tüfteln die Entscheidungsträger darüber hinaus momentan am Innenarchitektur-Konzept. „Das sogenannte Musikquartier Kronberg wird sich wie angekündigt im Leitmotiv wiederfinden, gleichwohl sind wir bestrebt, dass sich sämtliche Gäste vom Business- bis zum Wochenend-Gast dort wohlfühlen werden“, betont Rinck. Die Eröffnung des von Vienna House betriebenen Design-Hotels sei nach aktuellem Stand der Dinge für Spätsommer nächsten Jahres zu erwarten.

Wie bereits berichtet, unterschrieb Vienna House, Österreichs größte Hotelgruppe, im Dezember 2016 einen Pachtvertrag mit der Entwicklungsgesellschaft Contraco GmbH für ein zeitloses und entspanntes Designhotel mit 96 Zimmern, zwei Kreativ-Tagungsräumen, einem ungezwungenen Bistro, einer gemütlichen Lobbylounge mit Bar und Sonnenterrase sowie einem Fitnessbereich mit Blick ins Grüne. Das Hotel nimmt spielerisch die Themen Reisen, Business und Musik auf und nutzt den historischen Bahnhof sowie den benachbarten Kammermusiksaal als dezent verbindende Stilelemente. Mit der geplanten Neueröffnung betreibt Vienna House 16 Hotels in Deutschland sowie weitere 17 Hotels in Europa.

Einblick und Bedauern

Aller Voraussicht nach im Herbst werden sich die Bürger im Rahmen eines „Wochenendes der offenen Tür“ selbst einen Eindruck von den entstehenden Gebäuden und deren räumlichen Dimension machen können. „Wir wollen im Zuge dessen den Betrachtern zeigen, wie die Gebäude räumlich zueinander liegen“, kündigt der Geschäftsführer der Contraco GmbH an, der die Hoffnung hegt, dass die Gespräche und Pläne zur gemeinsamen Platzgestaltung am Bahnhof durch die nach jüngstem Beschluss des Stadtparlaments zurzeit laufende öffentliche Vermarktung des Bahnhofsgebäudes nicht entscheidend ins Stocken geraten.

„Ich finde die aktuelle Situation schade, weil ich befürchte, dadurch wird sehr viel Zeit verloren. Wie fatal es beispielsweise wäre, das Hotel zu eröffnen, während es drum herum noch wie Kraut und Rüben aussieht, kann sich jeder mit Sicherheit ausmalen!“



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