Bilder für die Ohren – mit Musik gemalt

Geigerin Anna Lee spielte nicht nur auf ihrer Stradivari, sondern sang auch das Lied „Somewhere over the Rainbow“, bei dem sie sich selbst auf der Ukulele begleitete.

Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – Die 21-jährige koreanische Geigerin Anna Lee hat auf ihrer wertvollen Stradivari schon mehrmals für den amerikanischen Präsidenten Barack Obama gespielt. Am Sonntag spielte sie für Kinder - beim ersten Konzert dieses Jahres in der Reihe „Classic for Kids“ der Kronberg Academy. „Große Geigenmusik für kleine Ohren“ war der Nachmittag in der Stadthalle überschrieben, standen doch Werke so berühmter Komponisten wie Antonio Vivaldi, Edward Elgar und Fritz Kreisler auf dem Programm. Doch wenn Musikerzähler Christoph Gotthardt moderiert, wird klassische Musik für kleine wie große Zuhörer spannend und neu.

Eigentlich sollte das Konzert der Jahreszeit gemäß mit Vivaldis „Frühling“ beginnen. Zwar war es draußen hell wie im Frühling, aber noch kalt wie im Winter, meinte der Musikerzähler und ließ Anna Lee daher gemeinsam mit ihrer Begleiterin Yumiko Urabe am Flügel zunächst Vivaldis „Winter“ spielen. Fußstapfen im Schnee, Zittern vor Kälte, schneidender Wind - so wie Christoph Gotthardt die Musik erklärte, hatten sicher auch Eltern und Großeltern sie noch nie gehört.

Erstmals kam er ohne seinen kunterbunten Ohrwurm Theophil zu den Kindern, denn der hielt noch Winterschlaf. Ja, auch europäische Buntringel-Ohrwürmer rollen sich im Winter lieber zusammen und schlafen. Und dabei träumen sie, damit es ihnen nicht langweilig wird. Aber gemeinsam gelang es den Kindern und der Geigerin, das Tier zu wecken. Denn Anna Lee legte ihre Stradivari zur Seite, griff zur Ukulele und sang „Somewhere over the Rainbow“, das berühmte Lied aus dem Musicalfilm „Der Zauberer von Oz“. Ihre Rechnung ging auf: Auch Theophil wollte wie wohl die meisten Menschen, vor allem die Kinder, sofort den Regenbogen sehen, von dem sie sang.

Es gab noch eine Neuigkeit. Raimund Trenkler, der die Besucher zu Beginn des ersten Kinderkonzerts im elften Jahr von „Classic for Kids“ begrüßte, verriet es ihnen: Theophil hat sich verliebt. Was macht man, wenn man verliebt ist, wollte Christoph Gotthardt von den Kindern wissen. Wie sagt man der Angebeteten, dass man sie gut findet? Die Kinder hatten einige Ideen und bei Edward Elgars Liebesgruß „Salut d‘Amour“ konnten sie miterleben, wie die Geige, in diesem Fall die Frau, immer wieder „Ich finde dich gut“ singt, ehe der Mann, das Klavier, endlich antwortet. Das dauert eine Weile. „Und wenn er gar nichts sagt, dann wird das auch nichts mit den beiden“, meinte Christoph Gotthardt.

Nicht nur europäische Buntringel-Ohrwürmer haben jetzt Frühlingsgefühle. Auch die Vögel zwitschern und singen und versuchen, ihren Weibchen damit zu imponieren. Anna Lee ließ ihre Geige in den höchsten Tönen zwitschern und tirillieren und die Mädchen und Jungen, die wie bei jedem Kinderkonzert auf Kissen ganz dicht am Geschehen saßen, durften raten, wie viele Vögel da miteinander Zwiesprache hielten.

Schließlich aber erklang doch noch Antonio Vivaldis „Frühling“ - in Bildern, mit Musik gemalt für die Ohren, wie der Musikerzähler es ausdrückte. Da singen die Vögel, der Bach fängt nach dem Schmelzen des Eises wieder an zu fließen, es gibt ein Frühlingsgewitter mit Blitz und Donner, ein Hirte liegt mit seinem wachsamen Hund auf der Wiese, über der Schmetterlinge schweben und zum Abschluss gibt es einen Hirtentanz, bei dem alle Kinder mitmachen durften.

Wie jedes Mal gab es nach dem Konzert ein Gewinnspiel, bei dem aufmerksame Kinder, die alle drei Fragen richtig beantwortet haben, Freikarten für das nächste Kinderkonzert gewinnen können.

Neu und kindgerecht gestaltet präsentiert sich das Programmheft für die drei „Classic for Kids“ Konzerte, in denen in diesem Jahr Junge Solisten des Kronberg Academy Master Studiengangs mit ihren Instrumenten, der Geige, der Bratsche und dem Violoncello auftreten. In Interviews erzählen sie, warum sie Musiker geworden sind, dass sie vor einem Auftritt Lampenfieber haben und was bei Konzerten schon einmal schief gegangen ist. Und die Fans von Theophil finden in der Mitte des Hefts ein Poster des Buntringel-Ohrwurms, das sie herauslösen und sich im Kinderzimmer an die Wand hängen können.



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