Bissig-bunter Abend mit Mathias Tretter

Mathias Tretter in Höchstform – bei seinem kabarettistischen Jahresrückblick im Kronberger Kino Foto: privat

Kronberg (pit) – Rot, grün, blau, gelb, schwarz – durchaus mehrfarbig ist ein Jahresrückblicksstrauß. Und wenn er gekonnt durch einen Satiriker zusammengestellt und präsentiert wird, sticht jede Farbe auf ihre ganz eigene Art ins Auge. So geschehen bei Mathias Tretter, der auf Einladung des Kronberger Kulturkreises in den Kronberger Lichtspielen gastierte.

Sinnierend und parlierend begab er sich auf eine Zeit-, Gesellschafts- und Politikreise. Schon beim Begrüßungsapplaus „Das ist ja schon dionysisch hier“, meinte der gebürtige Würzburger lächelnd. Als Franke habe er Dankbarkeit gelernt, wenn es um Beifall aus allen Reihen geht. Und gleich noch ein weiterer Seitenhieb: „Ich frag mich immer wieder, warum die Kultur der Majas aussterben musste, aber nicht die der Bayern.“ Ein willkommener Übergang, um humorvoll die Themen Dirndl, Oktoberfest und Weihnachtsmärkte zu streifen. Überhaupt: „‘Weihnachten‘ ist lediglich ein anderer Ausdruck für ‚saisonale Fehlernährung mit suizidablem Ausgang‘.“ Zum Thema Männer und Frauen wusste er zu berichten: „Wenn eine Frau freiwillig mit in die Wohnung kommt, muss man sie ja eigentlich nicht mehr beeindrucken. Hinter ihr zusperren genügt.“ Danach lenkte er seinen Blick auf die Bundeshauptstadt. Zwar werde immer wieder betont, dass dies eine dankbare Zeit für Kabarettisten sei, doch Tretter sah das anders: „Es gibt nicht mehr als sonst, es sind wie jedes Jahr zwei Stunden Rückblick.“ Sprach’s und sinnierte über eine untote Ministerriege im Allgemeinen und Martin Schulz im Besonderen: „Wer die Bundestagswahl überlebt hat, wird von den eigenen Leuten getötet.“ Söder wiederum sei mit einer Gürtelrose zu vergleichen, die einfach nicht verschwinden wolle und Angela Merkel habe in ihrer derzeitigen Eigenschaft als geschäftsführende Kanzlerin mehr Aktivität als in den vergangenen acht Jahren an den Tag gelegt, eben weil sie nun Geschäfte führe. Überhaupt: „Man darf sie nicht auf ihr Geschlecht maximieren.“ Frotzeln war auch im Hinblick auf die Bezeichnung „Jamaika-Koalition“ angesagt: „Nicht mal Cem Özdemir hat einen Hauch von Karibik.“

Der Reformationstag blieb ebenfalls nicht unkommentiert – mit einem Blick auf die Historie: „Womöglich war der Thesenanschlag lediglich die Sachbeschädigung durch einen Proletarier, der zu artfremder Arbeit gezwungen wurde“, überlegte er. Immerhin seien Bekanntmachungen damals nicht „angeschlagen“, sondern „geklebt“ worden – und das wiederum von hierfür Beauftragten. Dass Martin Luther selbst dafür Sorge getragen habe, sei gar nicht belegt.

Mit lachendem Auge brachte Tretter schließlich „das Phänomen“ Helene Fischer – „ein trällernder Eintopf in Hotpants“ – und das Ruhrgebiet – „dort sitzen die Verlierer der Wiedervereinigung“ – zur Sprache, bevor er sich der Weltpolitik annahm: „Was soll ich über Trump reden. Ich bin selbst Komiker.“ Gallige Worte über „Karrieretourismus zum Bosporus gab es außerdem gratis dazu: „Böhmermann hat Erdogan seinen ganzen Ruhm zu verdanken.“ Erwähnung fanden zudem die Katalanen und die Balkanroute, die nun vom Pyrenäen-Treck abgelöst werde. Mitfühlende Worte ernteten die Zugbegleiter der Deutschen Bahn, die, wie Mathias Tretter aus eigener Anschauung als treuer Bahnkunde wisse, vor allem in der Ersten Klasse viel zu erdulden hätten: „Dort fahren nur Paviane und Kabarettisten.“

Und zu guter Letzt folgte die augenzwinkernde Offenbarung, dass er selbst durch die Schlümpfe und Donald Duck in seiner Kindheit geprägt worden sei: „Die einen sind blau und der andere hat nie eine Hose an.“



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