Bundesverdienstkreuz für Angelika und Dr. Andrés Söllhuber

Europastaatssekretär Mark Weinmeister bei der Übergabe des Bundesverdienstkreuzes an das Ehepaar Söllhuber. Foto: S. Puck

Kronberg/Wiesbaden (pu) – Europastaatssekretär Mark Weinmeister hat am Montagnachmittag sowohl Dr. Andrés Söllhuber- Kretzer als auch dessen Ehefrau Angelika jeweils das vom Bundespräsidenten verliehene Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland als Zeichen der Würdigung ihres jahrzehntelangen beispielhaften Engagements für blinde Kinder in Bangladesch ans Revers gesteckt. „Sie leisten vorbildliche Arbeit für Menschen, die unsere Hilfe besonders benötigen“, dankte er dem seit 1987 in der Burgstadt lebenden Ehepaar während der Feierstunde im Gebrüder-Grimm-Saal der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden mit herzlichen Worten.

In seiner Laudatio erinnerte Weinmeister an den damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss und dessen Stiftung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland am zweiten Jahrestag der Bundesrepublik Deutschland am 7. September 1951 per Erlass. „Dadurch besteht die hervorragende Möglichkeit, Menschen in Anerkennung ihres Lebenswerks, ihres Engagements für die Gesellschaft als Vorbild für die Öffentlichkeit ins Rampenlicht treten zu lassen, auch als Ansporn und Motivation für andere, nach Wegen zu suchen, sich persönlich in die Gesellschaft einzubringen, statt alles den Staat machen zu lassen.“

Der Staatssekretär fand es bemerkenswert, dass sich das Ehepaar Söllhuber eines auf den ersten Blick alles andere als naheliegenden Projekts verschrieben haben.

„In ihrem Fall handelt es sich weder um ein in der Familie liegendes Engagement im Sportverein noch den Einsatz in der Feuerwehr, weil man durch einen Brand oder Unfall in der Nachbarschaft sensibilisiert wurde. Sie setzen sich vielmehr für viele Hundert Kilometer entfernt lebende Menschen ein, die nicht ständig im Blickpunkt stehen!“ Wie der Politiker in diesem Zusammenhang schmunzelnd verriet, hat er während seiner Laufbahn bereits einige Orden überreicht, „dieses Verdienstkreuz ist jedoch definitiv das mit dem kilometermäßig entferntesten Grund!“ Darüber hinaus sei es „sehr sehr selten“ und für ihn das erste Mal, einem Ehepaar in einer Zeremonie diese besondere Auszeichnung zukommen zu lassen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Einem alten chinesischen Sprichwort zufolge beginnt auch der weiteste Weg mit einem ersten Schritt. Bei Söllhubers liegt dieser über zwei Jahrzehnte zurück, als sie Mitte der 1990er-Jahre nach einem kleineren Lotto-Gewinn und dem Entschluss, die Situation blinder Menschen entscheidend verändern zu wollen durch Freunde auf die „Andheri-Hilfe Bonn“ und deren Hilfsprojekt zur Bekämpfung der hohen Zahl an Grauem Star Erkrankter in Bangladesch aufmerksam wurden. Relativ anonyme finanzielle Hilfe aus der Ferne war dem Ehepaar allerdings mitnichten genug.

2008 bereisten sie erstmals und zwei Jahre später nochmals das sechstärmste Land der Welt, um sich mit eigenen Augen ein Bild von der örtlichen Situation, den Schicksalen, der Verwendung der Gelder und weiterem Handlungsbedarf zu machen. „Es war erschreckend, damals operierten die Ärzte inmitten von Reisfeldern in einer Wellblechhütte“, erinnert sich das Ehepaar. Unter dem Eindruck der berührenden Erlebnisse trafen sie die Entscheidung, den Fokus künftig primär auf Kinder zu legen in dem Wissen, dass allein bei einem Drittel von rund 52.000 erblindeten Kindern im ganzen Land Grauer Star die Ursache für Blindheit ist.

Über 1.500 von ihnen eröffneten sie seitdem durch die Finanzierung von Operationen zur Wiedererlangung ihres Augenlichts die Perspektive, ihrem Leben durch eine ordentliche Bildung eine entscheidende Wende geben zu können. Für diese Hilfe zur Selbsthilfe sind pro Patient 150 Euro für den Eingriff inklusive Nachbetreuung und Medikamentenversorgung vonnöten.

Konsequenter Ausbau des Engagements

Söllhubers, die Ende Juni 2011 die gleichnamige Stiftung gründeten, gelang es, getragen von Enthusiasmus, Beharrlichkeit, Herzblut und neuen Ideen im Laufe der Jahre neben ihrem Freundes- und Bekanntenkreis immer mehr Menschen für die gute Sache zu begeistern. Sie verkaufen gespendete Gegenstände auf dem Kronberger Flohmarkt, laden zum Sommerfest oder weiteren Veranstaltungen ein und organisierten mittlerweile im siebten Jahr bisher 16 Konzerte mit hochtalentierten Jungmusikern unter der Überschrift „Kinder musizieren für Kinder“.

„Mehr als 100 Erstpreisträger hatten somit die Chance, im Schlosshotel oder auf der Burg vor einem anspruchsvollen und verwöhnten Publikum aufzutreten. Diese Künstler sind aufgrund ihrer hohen sozialen Kompetenz, Solidarität und ihres Könnens prädestiniert, Leistungsträger unserer Gesellschaft zu sein und wir begleiten ihren Werdegang“, schildern die frisch gebackenen Ordensträger ihre Beweggründe. Schritt für Schritt ist es ihnen gelungen, die unhaltbare Situation in der von ihnen gewählten Region in Bangladesch nachhaltig zu verbessern. „Die Operationen erfolgen mittlerweile in dem von uns unterstützten BMSB-Eye-Hospital in Mymensingh und die Patienten erhalten Reisegutscheine für die Fahrt dorthin.“

Überraschung

Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes kam für das Ehepaar dennoch aus heiterem Himmel. „Wir sind sehr ergriffen“, gab Dr. Andrés Söllhuber-Kretzer Einblick in beider Gefühlswelt. „Wir haben das weder angestrebt noch davon geträumt und sehen das zum einen als große Ehre, zum anderen als behutsam ausgedrückte Bitte, an unserer Vorbildfunktion und unserem Engagement festzuhalten. Das vom Bundespräsidenten verliehene Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland stärkt uns den Rücken bei unserem Kreuzzug im Kampf gegen die Blindheit und für selbstbestimmtes Leben.“

Unter den rund 20 zur Ordensverleihung nach Wiesbaden angereisten Personen befand sich auch Kronbergs Bürgermeister Klaus Temmen, der ebenfalls die Gelegenheit für eine kurze Rede ergriff. „Die Söllhuber Stiftung strahlt und wirkt weit über Kronberg hinaus“, zollte er Anerkennung und Respekt. Beeindruckend sei die ansteckende Leidenschaft des Ehepaares. „Ihr stellt diese Aufgabe in den Mittelpunkt Eures Wirkens und werdet nicht müde, neue Menschen dafür zu begeistern!“

Dr. Andrés Söllhuber-Kretzer, in Santiago de Chile geborener Sohn deutscher Eltern, ist Jurist und Wirtschaftswissenschaftler und im Finanzsektor tätig. Seine Ehefrau Angelika ist Bankkauffrau. Zwischen 2009 und 2013 hat Andrés Söllhuber-Kretzer sich auch im Beirat der Andheri-Hilfe Bonn engagiert. Angelika Söllhuber-Kretzer war insgesamt zehn Jahre als ehrenamtliche Schiedsfrau für den Schiedsamtsbezirk Kronberg I zuständig, wofür ihr Temmen ebenfalls dankte.

Nach Beendigung dieser verantwortungsvollen Aufgabe steht wieder etwas mehr Zeit zur Verfügung im unverminderten Kampf für „unsere blinden Kinder, die uns ans Herz gewachsen sind“.

Alle, die Unterstützung leisten wollen, können dies tun und ihre Spenden an die Söllhuber Stiftung, IBAN DE03 5007 0024 0712 0777 00, Deutsche Bank AG, überweisen.



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