Freude, Stolz, Dankbarkeit – Wappensaal in neuer Pracht

Maßgeblich für das schöne Ergebnis – den restaurierten Wappensaal – zuständig: das Restaurateurinnen-Team bei der feierlichen Eröffnung. Foto: privat

Kronberg (gw) – Victoria von Preußen, auch Kaiserin Friedrich genannt, hätte es gewiss große Freude bereitet. Nach über zweijähriger detailgetreuer Restaurierung versammelte sich ein erlauchter Kreis, um feierlich die Wiedereröffnung des Wappensaals der Burg Kronberg zu begehen. Unter dem überdimensionalen Preußen-Wappen der prominenten Wahlkronbergerin, das auf dem Kaminabzug wieder wie zu früheren Zeiten erstrahlte, trafen sich Kronberger Bürger und geschichtsbewusste Freunde der Burg, die wackeren Mannen des Burgvereins wie auch eine ganze Reihe von Lokalpolitikern und Denkmalschützern an dem Ort, den Kaiserin Friedrich 1866 erwarb und vor dem Verfall rettete.

Martha Ried, die Vorsitzende der Stiftung Burg Kronberg, begrüßte hocherfreut die Gästeschar: „Ich bin der Meinung, wenn man in den Raum kommt, gibt es ein Wow-Gefühl. Die wenigsten erwarten in unserer Burg einen solch fantastischen Saal“. Sich bei den zahlreichen Mitwirkenden, Unterstützern und natürlich den Landesvertretern ausdrücklich zu bedanken, war ihr ein wichtiges Anliegen und so zollte sie Anerkennung an Staatssekretär Ingmar Jung, der die Schirmherrschaft für die Veranstaltung übernommen hatte, Landrat Ulrich Krebs war erschienen, Robert Philippi in Vertretung für Bürgermeister Temmen, Kronbergs neu gewählter Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche und Dr. Verena Jakobi waren präsent und natürlich die Fachbauleiterin Franziska Müller, die mit ihren fleißigen Restaurateurinnen unter Michaela Jahnke und Team herausragende Arbeit geleistet hat. Wesentlichen Dank adressierte Marta Ried an Hans Dieter Heeb, Vorsitzender der Rheinberger-Stiftung, denn ohne die großherzigen Spenden wären die Baumaßnahmen gar nicht möglich gewesen. Und dann sind da noch die Architekten Brigitte Zippert und Ulrich Fehrenbach, Dr. Gerd Strickhausen, Bianca Kuhn von der unteren Denkmalbehörde sowie Gerold Dieke, Vorsitzender des Stiftungsrates und viele mehr zu erwähnen.

Die Laudatio musste sich einer strengen Zeitvorgabe fügen, denn Violonist Marc Bouchkov wollte sein musikalisches Programm auf jeden Fall zu Ende bringen, bevor er um 19.45 Uhr das Taxi in Richtung Flughafen nahm, das ihn noch am gleichen Abend nach Moskau zu einem Auftritt bringen sollte. Eine wunderbar gefühlvoll vorgetragene Sonate in G-moll von J.S. Bach erfüllte den Kaisersaal mit andächtigem, ja majestätischem Klang. Nach kurzer Pause für die nächsten Redner gab der mit dem Förderpreis des Rheingau Musik Festivals geehrte Vorzeigeschüler der Kronberg Academy noch zwei weitere Stücke (L’Aurore und Ballade) aus der Solo Sonate 5 des belgischen Komponisten und Violonisten Eugène Ysaÿe zum Besten – ein erlesener Hochgenuss.

Begeistert schilderten die Hauptakteure der Wiederherstellung von ihrer minutiösen Arbeit, nannten das Unterfangen gar eine „Jahrhundert-Restaurierung“. Ein seriöses, fachgerechtes Gesamtkonzept wurde ausgearbeitet, das die stark beschädigten Wandmalereien rekonstruieren sollte. Behutsam und mit viel Herzblut wurden die enormen Wasserschäden, darunter echter Hausschwamm, begutachtet und behoben; Holzbalken mussten ersetzt werden und die durch die enorme Feuchtigkeit entstandenen Verbräunungen sorgsam behandelt werden. Einsturzgefährdete Decken oder sandende Oberflächen, die in sehr fragilem Zustand waren, wurden mit konservativen Verfahren bearbeitet. Dann wiederum waren schützende Arbeiten mit Japanpapier, Feinstrichretuschen oder komplizierten Reinigungsgängen mit einer Technik, die man „Aqua Sporca“ (Schmutziges Wasser) nennt, gefordert, um eine gewisse Wolkigkeit zu belassen, die Alterstöne sollten bewahrt werden, damit es restauriert aber nicht unnatürlich neu aussah – ganz so wie es bereits damals die kunstverständige Victoria bevorzugte. Alles in allem aufwendige Überlegungen, um Kosten und Nutzen sorgsam abzuwägen. Bei dem anspruchsvollen Unterfangen war es ein echter Glücksfall, dass vor dem großen Wasserschaden sämtliche Wandbemalungen in einer Fotodokumentation festgehalten wurden, die anschließend als Vorlage diente. Diese Fotos sind in den unteren Räumen gegenwärtig ausgestellt und liefern wertvolle Einblicke in die vielen Arbeitsschritte.

„Der Erhalt und die Nutzung dieses Schmuckstücks für und durch die Bürger ist gelungen. Durch große und kleine Spenden, die all die jahrelangen Arbeiten ermöglichten; Spenden von Privatleuten, aber auch mit Hilfe der Verwaltung des Landes Hessen ist eine große Leistung vollbracht worden. Burg Kronberg ist ein besonderer Ort, der nicht nur für Kronberg sondern weit darüber hinaus eine große Anziehungskraft hat“. Davon ist der scheidende Vorsitzende des Stifungsrats überzeugt und ist beeindruckt von der Liebe, der Kraft und all dem Herzblut, das hier investiert wurde. Jana Schöpping, eine der jungen Restaurateurinnen, zeigte ihrem Freund die neuen Räume und war ob des fertigen Werkes sichtlich beeindruckt: „Das Arbeiten hier war sehr vielseitig, es waren alle Arten von Wiederherstellung gefragt, Putzarbeiten, Malereien und vieles mehr. Ein Gesamtpaket, das hat man nicht so oft.“ Die Initiative von heimatverbundenen, engagierten Bewohnern und Stiftungsmitgliedern hat einen einzigartigen historischen Veranstaltungsort geschaffen, an dem wieder geheiratet, gefeiert werden kann und man sich in fröhlicher Runde trifft. Abgesehen von der mittelalterlichen Atmosphäre genießen die Gäste von hier oben einen der schönsten Ausblicke weit über die Rhein-Main-Ebene. Hier werden Traditionen bewahrt und gelebt – so wie an vielen anderen wunderbaren Plätzen in Kronberg, dem kleinen Städtchen am Taunus, mit besonderer Geschichte. Nichtsdestotrotz ist die Stiftung auch in Zukunft im besonderen Maße auf Spenden und Zuwendungen angewiesen, also sind Förderer und Spenden weiterhin willkommen.

Kunsthistorisch Interessierten sei der Vortrag der Damen Hein und Müller Dienstag, 28. Juni auf der Burg ans Herz gelegt. Hier wird in aller Ausführlichkeit über die Erneuerung des Wappensaals berichtet.



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