Glockengießerei, unvollendeter Dom und eindrucksvolles Mineralwasser

Die Gruppe vor dem Mineralwassermuseum in Niederselters. Foto: privat

Kronberg (kb) – Die Glockengießerei Rincker in Sinn, die Stadt Wetzlar mit ihrer schönen Altstadt und dem Dom als Mittelpunkt sowie das Mineralwassermuseum in Niederselters waren die Ziele der diesjährigen Tagesfahrt des Vereins für Geschichte.Wie immer sorgten die Vorstandsmitglieder Horst Manns und Otmar Heinz für einen reibungslosen Ablauf und viel Wissenswertes zu den drei Ausflugszielen. Die traditionsreiche Glocken- und Kunstgussgießerei Rincker in Sinn in der Nähe von Herborn ist einer der wenigen noch existierenden Betriebe dieser Art in Deutschland. Insgesamt haben fünf oder sechs bis heute überlebt. Die Firma Rincker besteht vermutlich schon seit dem späten 16. Jahrhundert und befindet sich bis heute in Familienbesitz. Die beiden jüngst gegossenen Glocken, eine davon viereinhalb Tonnen schwer, sind für die Galluskirche in Flörsheim bestimmt und konnten vor Ort bewundert werden. Ein fachkundiger Mitarbeiter der Gießerei informierte die rund 30 Besucher über das komplizierte Verfahren des Glockengusses, das sich im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert hat. Die Kronberger Gäste konnten nicht Augenzeugen eines Glockengusses werden, da aus Sicherheitsgründen nur die Mitarbeiter und Vertreter des Auftraggebers dabei sein dürfen. Alle müssen Schutzkleidung tragen, denn das flüssige Metall für den Gussvorgang ist immerhin rund 1200 Grad heiß. Die genaue Zusammensetzung der Legierung und das Verfahren zur Bestimmung des gewünschten Tons sind gut gehütete Firmengeheimnisse. Die Firma Rincker ist aber auch als Kunstgießerei bekannt. In Kronberg stammen die Bronzetafeln an zahlreichen historischen Gebäuden in der Altstadt, zum Beispiel an der Burg, der Receptur und der Streitkirche von Rincker, ferner die Gedenktafel zur Erinnerung an die Vatikanische Mission am katholischen Pfarrhaus in der Katharinenstraße und die Gedenktafel zum 100. Todestag von Victoria Kaiserin Friedrich am Burgeingang. Bis nach der Mittagspause in einem idyllisch gelegenen Lokal direkt an der Lahn blieb das Wetter warm und sonnig; dann zog ein kurzes, aber sehr heftiges Gewitter mit Hagel auf. Die Fahrtteilnehmer hatten jedoch gerade noch rechtzeitig den Wetzlarer Dom erreicht und konnten im Trockenen den Erläuterungen von Otmar Heinz zu dieser eindrucksvollen Kirche zuhören. Die Kirche ist kein Dom beziehungsweise eine Kathedrale, da sie nie Bischofssitz war. Die Bezeichnung Dom setzte sich jedoch etwa Ende des 17. Jahrhunderts durch, als der Erzbischof von Trier das Amt des Propstes für das seinerzeit bestehende Stift übernahm. Der Dom ist eine der ältesten Kirche in ganz Deutschland, die gemeinsam von Katholiken und Protestanten genutzt wird (Simultankirche). Im 13. bis 15. Jahrhundert sollte der romanische Kirchenbau an gleicher Stelle durch einen größeren gotischen Neubau ersetzt werden. Dies geschah damals üblicherweise so, dass der Neubau abschnittsweise um die noch vorhandene Vorgängerkirche herum gebaut wurde. Die Bauarbeiten wurden jedoch in diesem langen Zeitraum mehrfach unterbrochen und die Pläne geändert. Schließlich blieb der gotische Neubau bis heute unvollendet. Dies zeigt sich besonders eindrucksvoll an der Westfassade mit ihren romanischen und gotischen Bauelementen und dem Turm. Ursprünglich war die Errichtung von zwei gleichen Türmen geplant; vom zweiten Turm existiert nur ein Stumpf. Selters – dieser Name gilt weltweit als Bezeichnung für Mineralwasser. In der Gemeinde gleichen Namens gibt es den Ortsteil Niederselters und der Besuch im dortigen Mineralwassermuseum bildete den Abschluss der Tagesfahrt. Schon im 16. Jahrhundert begann der wirtschaftliche Aufschwung von Niederselters durch die zunehmend industriell betriebene Abfüllung des Mineralwassers. Schon im 18. Jahrhundert sind Kunden aus Skandinavien, Russland, Nordamerika, Afrika und dem heutigen Indonesien nachgewiesen. Bis 1871 war der Brunnen der umsatzstärkste in Deutschland, verlor dann aber seine Spitzenstellung an Apollinaris, nicht zuletzt wegen der Umstellung von Tonbehältern auf Glasflaschen. Der Kurbetrieb in Niederselters hatte schon zuvor seine Bedeutung verloren. Das heute noch vorhandene Brunnenhaus wurde 1907 errichtet und ist jetzt Teil des Mineralwassermuseums, das auch die weltweit größte Sammlung von Mineralwasserflaschen beherbergt – alle noch originalgefüllt und die Schenkung eines Sammlers aus München. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in kurzer Folge zahlreiche Eigentümerwechsel. 1999 wurde die kommerzielle Mineralwasserproduktion in Niederselters ganz eingestellt. Das heute im Einzelhandel erhältliche „Selters“-Mineralwasser kommt aus dem Brunnenbetrieb in Selters-Löhnberg. Im Jahre 2001 erwarb die Gemeinde Selters die Quelle samt dem heruntergekommenen Brunnenhaus. Nach zehnjähriger Sanierung wurde 2011 das heutige Ensemble, bestehend aus dem historischen Brunnentempel, dem Selterswasser-Museum, der Haustrunkanlage, Veranstaltungsräumen, einer Kinderkrippe und dem umliegenden Park, eröffnet. Seitdem können die Bürger aus Niederselters dort wieder ihren Haustrunk beziehen, dreimal in der Woche zum Preis von 24 Euro für die Jahreskarte. Der Selters-Mineralbrunnen ist Teil des Gesamtkonzeptes Geopark Westerwald-Lahn-Taunus mit seinen zahlreichen Mineralquellen.



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