Ein kleiner Edelstein im sozialen Gefüge des Kreises und Kronbergs

Weil die Lieferanten ihre Zusage nicht einhielten, fehlte im eröffneten Walter-Schwagenscheidt-Haus noch die komplette Möblierung. Dennoch nutzten die Festgäste die Gelegenheit, sich persönlich ein Bild vom Haus zu machen. Fotos: S. Puck

Kronberg (pu) – Die Erleichterung über den bis auf die Möblierung und Herrichtung der Außenanlagen weitestgehend fertiggestellten „An- und Umbau des Walter-Schwagenscheidt-Hauses“ (WSH) für eine Gebäudenutzung im Gesundheits- und Sozialwesen zog sich wie ein roter Faden durch die vor wenigen Tagen erfolgte feierliche Eröffnung. Über die Zukunft des von dem bekannten Kronberger Architekten 1956 gebauten und nach ihm benannten denkmalgeschützten Hauses herrschte jahrelang kein Konsens. Das komplette Projekt gestaltete sich als „besondere Herausforderung“, wie es der DRK-Kreisverbandsvorsitzende Hochtaunus Jürgen Banzer in seiner Rede umriss. „Mir fällt heute ein gewaltiger Stein vom Herzen“, gab er Einblick in seine Gefühlslage. Sein tief empfundener Dank galt allen an der Realisierung Beteiligten von Land, Kreis und Stadt. „Dieses Bauvorhaben war eines der Themen, mit denen sich der DRK-Kreisvorstand oft beschäftigen musste und uns sind die Wetten bekannt, ob wir es tatsächlich schaffen würden“, resümierte er, doch nunmehr sei er stolz über den „kleinen Edelstein in der Halskette der sozialen Einrichtungen des Kreises und Kronbergs“, womit der soziale Dienstleister auf die „Herausforderungen unserer Zeit reagiert“. Angesichts der Vielzahl erfolgreich umgesetzter Ideen bezeichnete Banzer die Burgstadt gar als „Hauptstadt des Deutschen Roten Kreuzes“ wegen der am „meisten durchgeführten zukunftsweisenden Investitionen“.

Bürgermeister Klaus Temmen unterstrich: „Die Stadt ist stolz auf diese historische und doch so moderne Einrichtung, deren Gründung, damals als Krankenhaus, auf Victoria Kaiserin Friedrich zurückzuführen ist.“ Das Krankenhaus existierte bis zum Jahr 1968, wurde dann vom DRK-Kreisverband übernommen, in eine Wohn- und Pflegeeinrichtung für Senioren umgewandelt und im Laufe der Jahre mit großen Baumaßnahmen Anfang der 1990er-Jahre und dem Neubau des Rundbaus 2008 aufwändig modernisiert, um höchste Ansprüche zu erfüllen. In diesem Zusammenhang erinnerte der Rathauschef an den vergleichsweise hohen Anteil älterer Menschen an der Kronberger Bevölkerung, die Prognose der Trendverstärkung durch die fortschreitende demografische Entwicklung. „Somit wird der Bedarf an geeigneten Wohn- und Pflegeeinrichtungen, wie dem Kaiserin-Friedrich-Haus, im Alter weiter steigen.“ Unter anderem angesichts der jüngsten getätigten Maßnahmen des DRK-Kreisverbandes Hochtaunus im Kaiserin-Friedrich-Haus, sehe sich Kronberg, das diese Arbeit immer unterstützt habe, allerdings gut für die Zukunft gerüstet und insbesondere im Bereich der Pflege „sehr gut aufgestellt“.

Dank an Gonzales

Dem bisherigen Kreisgeschäftsführer Manuel Gonzales, der den DRK-Kreisverband zum 1. Oktober in Richtung Mainz verlassen hat, überreichte er als Anerkennung für seinen unentwegten Einsatz für die Belange und die Weiterentwicklung des DRK-Standortes Kronberg und als Erinnerung an die Burgstadt eine Flasche Roter Regent. „Ohne Ihr Engagement wären das Kaiserin-Friedrich-Haus und auch das Walter-Schwagenscheidt-Haus in der heutigen Form kaum denkbar“, bekräftigte der Bürgermeister.

Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche hatte ebenfalls sowohl Erfolgsgeschichte als auch die „sehr gelungene Umsetzung“ gelobt und versicherte, „das Geld ist gut angelegt“. Die Kreisbeigeordnete Katrin Hechler nutzte die Gelegenheit, das insgesamt vorbildliche Engagement der DRK-Familie herauszustellen, und der scheidende Kreisgeschäftsführer Manuel Gonzales erklärte schmunzelnd den Umstand, dass man lediglich 17 Jahre nach dem großen Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen der DRK-Einrichtung schon zur 120-Jahr-Feier rief.

Grundsteinlegung 1886

Im Zuge des 2008 fertig gestellten Neubaus des Pflegeheims habe die langjährige Leiterin Irmgard Böhlig die Suche nach einem Grundstein angeregt. Prompt sei man fündig geworden und nach dessen Aufarbeitung durch einen Steinmetz zur Erkenntnis gelangt, dass dieser im Beisein Kaiserin Friedrichs am 29. September 1886 gelegt wurde. Ein keinesfalls zufällig gewählter Tag, wie Gonzales verriet, da es sich um den Verlobungstag des ältesten Kindes von Albert von Sachsen-Coburg und Gotha und Königin Victoria von Großbritannien und somit einer britischen Prinzessin aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha, handelte, deren zielgerichtetes und modernes Handeln bis heute Spuren in der Burgstadt hinterlassen hat und das Haus nach wie vor prägt. In Betrieb gegangen ist das frisch erbaute Krankenhaus seinerzeit 1889 – deshalb 1999 die 100-Jahr-Feier. Gonzales berichtete ferner erfreut von jüngst erfolgter Neugestaltung und Renovierung des obersten Stockwerks im Altbau, dem sogenannten Veilchenweg, mit Gestaltung des „Kaiserin Zimmers“ und thematisch aufbereiteter Bereiche in den Nischen. Diese Maßnahmen seien durch eine großzügige Spende der 2010 verstorbenen Dr. Ursel Rodermund ermöglichst worden. Über das Leben und Wirken der Kaiserin referierte im Anschluss ausgesprochen anschaulich und lebendig ihr Urenkel, Prinz Rainer von Hessen.

Bevor sich die Festgäste am Hessischen Buffet labten, nutzten sie die Gelegenheit zur Besichtigung des Walter-Schwagenscheidt-Hauses, wo 1.000 Quadratmeter Nutzfläche für acht Nutzungseinheiten zur Verfügung stehen. Im Gartengeschoss des Neubaus wird eine 4-Zimmer-Wohnung für eine Kindertagespflege genutzt. „Das Vertretungsmodell für die Kronberger Kindertagespflege und die Inbetriebnahme einer durch das DRK betreuten eingruppigen Kindertagesstätte sind weitere Beispiele der Zusammenarbeit zwischen DRK und Stadt und ein wunderbares Beispiel für ein generationenübergreifendes Neben- und Miteinander!“, lobte Bürgermeister Klaus Temmen.

Dazu kommt die Seniorentagespflege im Erdgeschoss mit großem lichtdurchfluteten Aufenthalts- und Speiseraum und offener Küche, Ruheraum, Pflegeräume, Personalbereich, behindertengerechte WCs und Lagerräume sowie im Obergeschoss des Neubaus und im Altbau Personalwohnungen. Das Herzstück bilden die sozialen Angebote. Im Vordergrund der Seniorentagespflege steht die stundenweise Betreuung von zuhause lebenden, älteren Personen zur Entlastung ihrer Angehörigen.

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