„Kronberg-Fit“-Idee wird weiter getragen – Einstieg für Interessierte

Die Workshopteilnehmer ließen sich das Drei-Gänge-Brainfood-Menü munden.

Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Unbestritten ist Gesundheit ein hohes Gut des Menschen. Gleichwohl wird der Einfluss des eigenen Verhaltens auf Wohlbefinden, Leistungs- und Widerstandsfähigkeit häufig nach wie vor unterschätzt trotz zahlreicher wissenschaftlicher Studien, die belegen, dass viele Krankheiten allein auf falsche Ernährung zurückzuführen sind.

Das Bewusstsein der Bevölkerung in punkto „Bewusste Ernährung“ zu schärfen, zählt unter anderem zu den Intentionen des Pilotprojekts „Kronberg-Fit“. „Es geht um Genuss, einen neuen Lebensstil und bewussten Umgang mit Ihrem Körper, denn zum einen steckt in Ihnen viel mehr drin, als sie selbst vermuten und zum anderen dienen Erwachsene als Vorbild und Erbgutträger für die nächste Generation“, hielt Andreas Rauth von Accenture, Mit-Organisator des kombinierten Bildungs- und Genusserlebnisses, letzten Sonntag vor Augen.

Von insgesamt rund 60 Teilnehmern machten sich an diesem Tag mithilfe von Experten die ersten zwölf beim ersten von vier Workshops und anschließendem gemeinsamen Brainfood-Menü auf den Weg, dem Erfolgsgeheimnis der speziellen Ernährungslinie „Brainfood“, die der Caterer Food affairs seit 2012 erfolgreich im Hause Accenture anbietet, auf die Spur zu kommen. Nach Angaben von Andreas Bloching von der städtischen Wirtschaftsförderung, die das Projekt gemeinsam mit dem Verein Perspektiven aus Oberursel und der Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) sowie Healture Concepts präsentiert, kommen auch Workshop-Teilnehmer aus Städten und Gemeinden in der Umgebung, so wurde Idee auch über die Grenzen der Stadt hinaus getragen. Aber auch für Nicht-Teilnehmer an den Workshops lohnt es sich, das Projekt „Kronberg-Fit“ zu verfolgen. Denn: Alle Menüs können selbst zuhause zubereitet und nachgekocht werden.

Selbstregulierung

Ziel ist, so Rauth, die von Geburt an mitgegebenen, jedoch möglicherweise durch suboptimale Lebensweise aus dem Lot gekommenen, Selbstregulierungsprozesse im Körper wieder zu aktivieren, das Vertrauen in den eigenen Körper zu festigen. Schlüsselrollen spielen dabei das nur zwei Prozent der Körpermasse ausmachende Gehirn, das Erkenntnissen der Hirnforscher zufolge beim Erwachsenen allein etwa 20 Prozent des Grundumsatzes an Energie verbraucht (bei Kindern 50 Prozent) sowie der Blutzuckerspiegel. Unser Verhalten wird maßgeblich durch Stoffe bestimmt, die das Gehirn über die Nahrung aufnimmt. „Es geht nicht darum Kilokalorien zu zählen, sondern den Blutzuckerspiegel konstant zu halten“, unterstrich Rauth. Gleichmäßige Versorgung mit Blutzucker sorge für optimale Leistungsfähigkeit während dagegen ständig zu hohe Werte früher oder später eine Insulinrestistenz im Gehirn zur Folge haben mit vorprogrammierten Erkrankungen wie Diabetes oder Alzheimer. Nicht allgegenwärtig und daher unterschätzt sei bei vielen die Tatsache, dass der Körper überschüssige Energie zwischenspeichert und bei Bedarf darauf zugreift. Rauth dazu: „Wir müssen also nicht jedem vermeintlichen Hungerbedürfnis mit einem Snack sofort nachgeben, in der Nacht reguliert der Körper das schließlich auch selbst.“

Durchaus herumgesprochen hat sich dagegen der empfehlenswerte kritische Blick auf Produkt-Informationen, um beispielsweise extrem zuckerhaltigen Waren möglichst von vornherein aus dem Weg zu gehen. Durch die bewusste Auswahl und überlegte Kombination von Lebensmitteln können die allseits bekannten Heißhungerattacken in Stressituationen verhindert werden und alternativ dazu der sogenannte Brain-Pull-Mechanismus trainieren werden, der dafür verantwortlich zeichnet, dass, auf den Punkt gebracht, Fettzellen in Energie für das Gehirn umgewandelt werden. Von elementarer Bedeutung sind dabei zwei Enzyme und Ketonkörper.

Kleiner Fahrplan

Befürworter der Idee „Mit Köpfchen essen“ setzen daher auf lowcarb- und ketogene Ernährung, empfehlen eine Kombination aus jeweils einem Drittel Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße und vergessen dabei nicht die für die Darmbakterien notwendigen Ballaststoffe. Mit Blick auf die Blutzuckerwirkung seien Kohlenhydrate, die langsam verdaut und im Blut aufgenommen werden, sodass eine geringe Insulinausschüttung erfolgt, wie etwa Haferflocken, optimal. Vor diesem Hintergrund stehen wegen ihrer fehlenden beziehungsweise geringen Blutzuckerwirkung kalorienfreie Getränke (Wasser, Tee, Kaffee), frisches Fleisch, frischer Fisch, Eier, Speck, Fette und Pflanzenöle, frisches Gemüse und Obst mit niedrigem glykämischen Index wie saure Äpfel, Beeren, Zitrusfrüchte, Pilze, Nüsse und Samen sowie Milchprodukte ganz oben auf der Empfehlungsliste. Mit mäßiger Auswirkung zu Buche schlagen Vollkornbrot, -brötchen und -nudeln (al dente), festkochende Kartoffeln, Wildreis, Hafer und Trockenobst. Sie sollten daher seltener auf dem Speisezettel stehen. Bei den Fetten sind Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren im Verhältnis 1:4, noch besser 1:3, laut Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) essenziell. Herausgehoben wurde beim Workshop deshalb wegen seiner Vorzüge Kokosfett. Dazu kommen acht essenzielle Aminosäuren aus tierischem und pflanzlichen Eiweiß wie Hühnerei, Fleisch, Hirse, Hülsenfrüchte oder Chiasamen.

Mit „Zucker – Freund oder Feind?“ war der Vortrag des Diplom-Biologen und Gesundheitsökonoms Dr. Dieter Möller überschrieben. Das Zünglein an der Waage sei hier die Dosis. „Das Gehirn braucht pro Stunde 5 Gramm Blutzucker (Glucose), gänzlich ohne Zucker geht es also nicht“, erläuterte er. Entgegen der Versprechungen der Lebensmittelindustrie seien jedoch lediglich Galaktose, Oligofruktose und Inulin ohne Negativeffekt und daher als gute Energiequellen für den Gehirnstoffwechsel anzusehen.

Unbestritten ist der positive Effekt von Bewegung auf den Organismus. Damit eine Leerung eventuellen Überschusses im Energie-Zwischenspeicher regelmäßig erfolgt beziehungsweise durch genügend Muskulatur zur optimalen Fettverbrennung vorhanden ist, hat die ehemalige Leistungssportlerin und Personaltrainerin Saskia Erbslöh ein Hochintensitäts-Intervall-Training für die Workshopteilnehmer zusammengestellt, das sich wegen seines geringen Zeitaufwands mit drei Einheiten à zehn bis zwölf Minuten und jeweils zwei Kraft- und Ausdauerübungen pro Einheit problemlos in den Alltag integrieren lässt und sowohl in der freien Natur als auch im Wohnzimmer durchgeführt werden kann. „Es steigert die Leistungsfähigkeit, verbessert gesundheitsrelevante Messwerte und ist die schnellste und effektivste Methode, um Muskeln auf- und Fett abzubauen“, gab sie als Motivation mit auf den Weg.

Theorie ist das eine, die Praxis häufig die Crux an der Geschichte. Aus diesem Grund gab Dipl. Öko-troph. Irina Baumbach (Ernährungs- und Lifestyle-Coach sowie Geschäftsführerin der Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention) nützliche Tipps und Tricks. „Das Wichtigste, Essen ist ein Grundbedürfnis und es muss schmecken!“ Es gelte, einen Weg für sich persönlich zu finden. Hin und wieder dürfe man auch auf Lebensmittel zurückgreifen, die wegen ihrer hohen beziehungsweise sehr hohen Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel in der Regel vermieden werden sollten.

Dass einem trotz Umdenkprozess und unter Umständen Verzicht auf bisher Liebgewonnenes nicht zwingend etwas fehlen muss, bewies das anschließende 3-Gänge-Brainfood-Menü in der Brasserie Posthaus. Für die Umsetzung von „Kronberg-Fit“ wurden bisher drei Kronberger Gastronomen gefunden, die sich für das Projekt begeistern, die beiden anderen Partner sind das Restaurant Zehntscheune und das Gasthaus Zum Weinberg.

Die Sonntags-Workshop-Teilnehmer ließen sich Dreierlei Carpaccio von der Weide und aus dem Meer, Hähnchenbrust mit Gremolata an Fenchel-Möhren-Gemüse und abschließendem Zitronenquark mit Beeren munden und durften dabei den Initiatoren und beteiligten Experten von „Kronberg-Fit“ alle Fragen stellen, die ihnen noch unter den Nägeln brannten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops gehen nunmehr in eine zirka zwei Monate umfassende Selbsterprobungsphase, in der sie seitens der Organisatoren und Experten immer wieder Informationen erhalten.

„Lädchen für alles“ kennzeichnet Produkte

Maßgeblich in dieses Gemeinschafts-Projekt eingebunden ist das von der Perspektiven gGmbH betriebene „Lädchen für alles“ (Mainblick 65) in Schönberg, das alle weit über 400 Produkte, die dem „Brainfood“-Gedanken von „Kronberg-Fit“ entsprechen, bis spätestens Montag, 18. April gesondert kennzeichnen wird, um Neu-Einsteigern die Orientierung und Produktauswahl zu erleichtern.

Infos, Rezepte und freie Plätze

In den nächsten Tagen wird das Gemeinschaftsprojekt außerdem auf Facebook (www.facebook.com/kronbergfit) präsent sein mit Hintergrund-Informationen und dem Rezept der Woche zum Nachkochen für alle Interessierten. Für Spontane, die noch tiefer in die Materie einsteigen wollen: nur im Workshop 4, Samstag, 11. Juni gibt es noch zwei freie Plätze. Alle Workshops beginnen um 16 Uhr und enden nach dem gemeinsamen Abendessen gegen 21.30 Uhr. Wer sich für einen der noch freien Plätze an den Workshops interessiert, schreibt eine E-Mail unter Angabe seines Namens und seiner Adresse und Telefonnummer an kronberg-fit[at]kronberg[dot]de. Bei Fragen zu „Kronberg-Fit“ erteilt die städtische Wirtschaftsförderung unter Telefon 703 -020 gerne Auskunft.

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