Leben wie Gott in Frankreich beim Straßenfest in der Fußgängerzone

Die Gelegenheit, französische und internationale Spezialitäten zu genießen und sich auszutauschen, wurde gerne genutzt.
Foto: S. Puck

K
ronberg (pu) – „„Mit diesem strahlend blauen Himmel, den großen weißen Schirmen und meiner heutigen roten Hose sind die Farben der Trikolore gebührend vertreten und perfekte Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Verlauf geschaffen“, beschrieb Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos) launig und anschaulich die einladende Kulisse zur Eröffnung des Französischen Straßenfestes in der Fußgängerzone. Sein herzlicher Dank galt allen Initiatoren und Organisatoren.

Die Beweggründe zur Durchführung dieser „kleinen, aber feinen Veranstaltung mit Stil und Niveau“, wie es spontan eine der Besucherinnen auf den Punkt brachte, waren vielfältiger Natur: Zum einen diente sie als würdiger Rahmen, das mittlerweile 45-jährige Bestehen der französisch-deutschen Städtepartnerschaft zwischen der südfranzösischen Gemeinde Le Lavandou und der Burgstadt im Taunus angemessen in den Fokus zu rücken. In den Augen der Veranstalter – der Stadt Kronberg, dem Partnerschaftsverein Kronberg-Le Lavandou und dem Aktionskreis Lebenswerte Altstadt – schien dazu der französische Nationalfeiertag am 14. Juli geradezu prädestiniert. Die Realisierung weiterer Impulse kam in diesem Zusammenhang gleichfalls zum Tragen.

Treibende Kraft

Als treibende Kraft fungierte in diesem Fall vor allem der langjährige Vorsitzende des hiesigen francophilen Partnerschaftsvereins, Alfred Helm, der schon in der Vergangenheit anlässlich des Französischen Festtags das Wappentier der Partnerschaftsgemeinde, die Delfine am Partnerschaftsbrunnen am Berliner Platz, liebevoll mit Schleifchen der französischen Farben schmückte. Der Fête Nationale (Französischer Nationalfeiertag) geht auf ein historisches Ereignis zurück, das die französische Geschichte geprägt hat wie nur wenige andere: Am 14. Juli 1789 begann mit dem Sturm auf die Bastille die Französische Revolution. Diesem Ereignis zu Ehren finden nach wie vor jedes Jahr am 14. Juli Feierlichkeiten in ganz Frankreich statt. Als deutsche Partnerstadt des kleinen provenzalischen Badeorts Le Lavandou im Departement Var an der Côte d‘Azur den Taunusstädtern französische Geschichte näherzubringen und ein wenig dieser fröhlichen Festtagsstimmung in die pittoreske Kronberger Altstadt zu zaubern, war Helms Auffassung nach durchaus einen Versuch wert. Zunehmend an Fahrt gewannen diese Gedankenspiele im Zuge der Überlegungen, wie die als Probebetrieb der veränderten Verkehrsführung in der Altstadt seit Anfang April eingerichtete Fußgängerzone zwischen Frankfurter Tor und Schirn mit Leben erfüllt werden kann.

Beim Vorsitzenden des Altstadtkreises Hans Willi Schmidt, den Alfred Helm bei einem Glas Wein einweihte, traf er auf mehr als offene Ohren: „Machen wir!“

Gesagt, getan, das Ganze zog in relativ kurzer Zeit Kreise, denn sowohl Bürgermeister Klaus Temmen, die angesprochenen Referate der Stadtverwaltung, die Partnerschaftsvereine Kronberg-Ballenstedt, Kronberg-Porto Recanati, Kronberg-Aberystwyth als auch einige Einzelhändler und weitere Vereine konnten sich nicht nur dafür erwärmen, sondern signalisierten prompt Unterstützung beziehungsweise Teilnahmeinteresse.

Von dieser Begeisterung anstecken ließen sich Landrat Ulrich Krebs und die Europabeauftragte des Hochtaunuskreises Natascha Ramadanovic, nachdem die Vorsitzenden der vier Kronberger Partnerschaftsvereine anregten, das Französische Straßenfest quasi auch als kleinen Ersatz für den vom Europabüro des Hochtaunuskreises jährlich organisierten, aber dieses Jahr mangels gefundener veranstaltender Partner-Kommune notgedrungen ausgefallenen Europatag zu sehen.

„Hans Willi Schmidt und ich waren wirklich erstaunt, wie viele Menschen sich von dieser Idee anstecken ließen und unverzüglich ihr Kommen oder ihre Teilnahme zusagten, selbst einige Urlaubsabreisen wurden deswegen um ein paar Stunden aufgeschoben“, gab der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Kronberg-Le Lavandou seiner großen Freude über die positiven Reaktionen Ausdruck.

Dass am Veranstaltungstag eine ganze Reihe in der Umgebung wohnender Honoratioren schon zur morgendlichen Fest-Eröffnung die Burgstadt ansteuerten, untermauerte eindrucksvoll den Stellenwert.

So folgte dem Ruf zum Besuch Kronbergs unter anderem Frankreichs Generalkonsulin Pascale Trimbach, die sogar Freunde aus Paris mitbrachte. Ihre Gratulation zum langjährigen französisch-deutschen Verschwisterungsband garnierte sie mit eindrucksvollen Zahlen. „In Deutschland gibt es 2.200 Städtepartnerschaften, allein 236 in Rheinland-Pfalz und 299 in Hessen und ich ehre als Vertreterin des Staates die Arbeit, die sowohl auf nationaler als auch auf kommunaler Ebene dazu beiträgt, die Freundschaft zwischen beiden Ländern mit Leben zu erfüllen!“ Sie wünschte dem Fest einen erfolgreichen Verlauf und dessen Besuchern, „einen Tag wie Gott in Frankreich leben zu können“. In ihrer Euphorie betitelte sie Kronbergs Rathauschef glatt als Oberbürgermeister, damit war das Eis gebrochen und sie hatte unter herzlichem Applaus die Lacher auf ihrer Seite.

Grundstein

Auf Anregung von Bürgermeister Temmen lenkte Landrat Ulrich Krebs den Blick auf den als Élysée-Vertrag bezeichneten deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, der am 22. Januar 1963 von Bundeskanzler Konrad Adenauer und vom französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle im Pariser Élysée-Palast unterzeichnet worden war. Nach Beendigung der lange Zeit gepflegten „Erbfeindschaft“ legte dieses Abkommen den Grundstein zur Zusammenarbeit der beiden Nachbarn in allen wichtigen Fragen der Außen-, Sicherheits-, Jugend- und Kulturpolitik. Der Landrat sprach von einem „auf beiden Seiten politisch höchst umstrittenen Jahrhundertwerk“, das sich allerdings allen schlechten Vorhersagen zum Trotz zur Erfolgsgeschichte entwickelte habe. Der Respekt gelte daher den damaligen Entscheidungsträgern und ihrem Mut, der auch heutzutage in den mehr als unruhigen Zeiten vonnöten sei, „um Europa voranzubringen“. In die gleiche Kerbe hieb Thomas Mann, seit 1994 Europaabgeordneter der CDU für Hessen in der Europäischen Volkspartei.

Er bezeichnete Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron als „großen Helden“ wegen dessen Prämisse, bei aller Wahrung der nationalen Souveränität die europäische Zusammenarbeit voranzutreiben.

Le Lavandous Stadträtin für Tourismus und Städtepartnerschaften, Annie Talone, die gemeinsam mit Lucie Aléonard, der Direktorin des Office de Tourisme, bereitwillig erstmals den Französischen Nationalfeiertag fernab der Heimat verbrachte, um das Fest in der deutschen Partnergemeinde mit ihrer Anwesenheit und einem Stand des Tourismusbüros zu bereichern, pries die innige Freundschaft zwischen beiden Kommunen als seit über 45 Jahren währende Liebesgeschichte. Sie warb dafür, diese „Glücksmomente gemeinsam zu genießen“.

Lukullische Spezialitäten und mehr

Dieser Aufforderung und Temmens Wunsch „französische Lebensart zu erleben“ kamen die Besucher allzu gerne nach, ob am Stand des Partnerschaftsvereins Kronberg-Le Lavandou, wo aus Südfrankreich frisch mitgebrachte Anchoiade (Sardellenpaste) auf Baguette, Champagner oder Weine auf Genießer warteten oder beim Altstadtkreis auf der Schirn, dessen Mitglieder Prosecco, Flammkuchen, Weiß- und Rotwein reichten. Herzlich aufgenommen in diesem Kreis fühlten sich die Königsteiner Alexander Hees und Wolfgang Riedel als Vertreter des Partnerschaftsvereins Königstein-Le Cannet, der in diesem Jahr ebenfalls auf 45-jähriges Bestehen zurückblicken kann und des Partnerschaftskomitees Falkenstein, dessen Feierlichkeiten zur seit einem halben Jahrhundert währenden Partnerschaft zu Le Mêle noch in frischer Erinnerung sind. Im Gepäck hatten die beiden Aufstriche mit Knobi und Avocado und den Jubiläumswein aus der südfranzösischen Partner-Region. Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) war nur einer der dankbaren Abnehmer dieser Köstlichkeiten.

„Ein (Ballenstedter) Harzer kam nach Kronberg“ und verwöhnte dort als sommerliche Salatvariationen auf Vollkornschnittchen den Gaumen ebenso wie die beliebte Zitronenpaste (Lemon Curd) aus Aberystwyth, hessische Tapas sowie italienischer Wein, Käse und Oliven aus Porto Recanati. Als Dessert boten sich geradezu durch Jugendrotkreuzler gebackene Crêpes an. Mit dem Erlös aus dem Verkauf wird Schutzausrüstung für Kinder angeschafft.

Am gemeinsamen Stand des Vereins „Tourismusförderung in Kronberg“ (TiK) und des Bürgerbüros gab es Wissenswertes zu erfahren, Prospekte zum Mitnehmen und ein Wiedersehen mit der Italienerin Sara De Bartolomeo, die letztes Jahr ein dreimonatiges Praktikum bei der Stadt Kronberg absolvierte und Anfang des Monats für einige Monate in den Taunus zurückgekehrt ist, um wiederum praktische Erfahrungen zu sammeln.

Hingucker und Anziehungspunkte zweifellos darüber hinaus die Ausstellung des Kamera Klub Kronberg, der nach Fenstern und Treppen nunmehr ausgewählte Kronberger Haustüren als Ausstellung präsentierte, deren Standorte es zu erraten galt sowie zwei Oldtimer, die Liebhaber zum Bewundern mitgebracht hatten.

An die Kinder war ebenfalls gedacht worden mit Kinderschminken und Malbüchern. Für reichlich Unterhaltung und Abwechslung sorgten außerdem die beiden Stelzenläufer, die Seifenblasen und mehr zauberten und kleine Give-aways verteilten, das Duo Klara & Giselle mit Musik-Comedy, die jüngst fertig gestellte französische Fassung des Kronberger Image-Films (seit 15. Juli auf dem Youtube-Kanal der Stadt Kronberg im Taunus), die in den Kronberger Lichtspielen angesehen werden konnte und nicht zu vergessen die Rittergarde des Kappen Klub Kronberg, die immer ein imposantes buntes Bild bietet sowie die Kronberger Einzelhändler, die mit Ständen oder offener Ladentür zum Gelingen beitrugen.

Reaktionen

Besonders feierlich waren an diesem gelungenen Tag die Momente, als Frankreichs Nationalhymne der Freiheit, die Marseillaise, gespielt wurde. Eine wunderbare Idee, ebenso wie dieses Straßenfest, das sichtlich alle Anwesenden genossen. Veranstaltungs-Initiator Alfred Helm gab im Anschluss nicht nur seiner großen Freude darüber Ausdruck, wie gut Idee und Fest angenommen worden waren, sondern er berichtete von etlichen Schreiben und Telefonaten, die ihn erreichten, von Interessierten, die ebenfalls gerne gekommen wären, allerdings terminlich verhindert waren und ihr Bedauern darüber ausdrückten und sich entschuldigten. Nicht nur sie hoffen daher auf eine Wiederholung dieser Festivität unter freiem Himmel in den kommenden Jahren.



X