Lions-Benefizkonzert für die Flüchtlingshilfe Kronberg: So schön kann helfen klingen

Das Geburtstagskind, Eugene Choi und Nuron Mukumi, Weltklasse-Pianisten aus der Meisterklasse Lev Natochenny, beschenkten das Kronberger Publikum mit ihrem leidenschaftlichen Spiel. Foto: Sura

Kronberg (aks) – Der Präsident der Lions Kronberg, Dr. Axel Kuprian, begrüßte das Publikum zum Benefizkonzert „Weltklasse meets Kronberg“ in der ausverkauften Stadthalle. Er bedankte sich besonders bei Klaus Temmen, Bürgermeister der Stadt Kronberg, für seine persönliche Unterstützung. Er informierte, dass der Erlös dieses Konzerts von zirka 4.000 Euro ohne Abzüge an den Verein Integration. Flüchtlinge. Kronberg geht, der von Dr. Bernhard von Braunschweig in kürzester Zeit ins Leben gerufen wurde, um den 90 Flüchtlingen, die teilweise bereits in Kronberg eingetroffen sind, beziehungsweise noch erwartet werden, die Eingliederung in Kronberg zu erleichtern, mit menschenwürdigen Unterkünften, sozialer Betreuung, Sprachkursen, Behördengängen, damit die Neuankömmlinge möglichst schnell hier auch Fuß fassen können. Bis kurz vor Konzertbeginn, so erwähnte Kuprian, wurde noch gegenüber in der Villa Winter gewerkelt und gezimmert.

Klaus Temmens Dank galt der Hilfe des Lions Club Kronberg, die mit diesem Konzert wieder mit einer stolzen Summe zum Gemeinwohl beitragen können. Die Gemeinden seien heute insbesondere mit der Flüchtlingshilfe finanziell schlicht überfordert. Er freut sich auch in Zukunft über jede Initiative und jeden Beweis von Nächstenliebe in seiner Stadt. Nur das hilft den Menschen, die aus ihrer Heimat unter größter Not vertrieben wurden, hier ein menschenwürdiges Leben und den Mut für einen neuen Start zu finden. Er grüßte im Namen des Landrats Ulrich Krebs, der selbst nicht anwesend sein konnte.

Professor Lev Natochenny von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt kündigte die beiden Künstler an: Eugene Choi, die ihr Konzertexamen bei ihm mit Auszeichnung absolviert hat und jetzt seine Assistentin an der Hochschule ist, sowie Nuron Mukumi, der dort studiert. Außergewöhnliche Talente seien sie, die schon auf der ganzen Welt das Publikum begeisterten „and two very different personnalities“. Der Meister ist stolz auf seine Schüler, die aus der ganzen Welt zu ihm in seine Meisterklasse kommen. Aus seiner Schule sind bereits 27 Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe hervorgegangen.

Ebenfalls anwesend war Daniel Brech, persönlicher Besitzer des Steinway-Konzertflügel. Er hat den Transport dieses Weltklasse-Instruments aus seinem Laden am Opernplatz in die Stadthalle veranlasst. Brech, der auch Klavierstimmer an der Alten Oper ist, sorgte höchstpersönlich an diesem Abend für den perfekten Klang.

Es herrschte atemlose Stille in der ausverkauften Stadthalle als die Koreanerin Eugene Choi behutsam und wie eine Elfe vor dem Meisterklasse-Piano Platz nahm. Mit den ersten zarten Klängen wird klar, dass die Virtuosin Eugene Choi, die, weltweit gefeiert für ihren sensiblen Anschlag, Chopins Musik feinsinnig und transparent interpretiert. Als Zuhörer ist man gefangen vom Spiel ihrer Hände, die hoch fliegen, sachte auf den Tasten tanzen, aber auch kraftvoll den Takt angeben. Ihr Klang ist kristallklar, man hört jede Note – nicht nur gefälliges Plätschern. Ihr Feingefühl, ihre spielerische Brillanz ist wie ein Sonnenstrahl, der auf den klaren Gebirgsbach trifft und jeden Kieselstein, jede Untiefe im Wasser, jeden Schatten zum Leuchten bringt.

Eugene Choi spielt 45 Minuten ohne Notenblätter, dabei wirkt sie ebenso bezaubernd wie leidenschaftlich. Ihre Mimik ist konzentriert, aber kühl, dafür sprechen ihre Hände. Das Publikum ist ganz still, niemand wagt ein Geräusch. So wunderbar ist der Vortrag, dass man keinen Ton verpassen möchte. Insgeheim wünscht man sich, dass sie nicht aufhört zu spielen. Die Melodien sind heiter fröhlich, vor allem die mitreißenden Tanzreigen im Dreivierteltakt, dabei schwingen auch Moll-Kompositionen in leisen sehnsuchtsvollen Tönen mit. Sie spielt Chopin betörend schön. Choi kommt es nicht auf Sensationen an, sie verzichtet auf jede Schmissigkeit der bekannten Motive. Im Ausdruck gedankenvoll und feierlich klingt ihre Interpretation immer erfrischend klar. Sie hat ihren Stil gefunden, wagt auch einen verhalteneren und leisen Anschlag. Sie streichelt die Tasten, peitscht und galoppiert temperamentvoll mit ihren kleinen Händen hin und her – glücklich, wer das sehen konnte. Die Mazurka klingt unbeschwert, die abschließende Ballade ist herzzerreißend und durchdringt mit ihrer Zartheit jeden Widerstand, schmeichelt sich direkt in die Herzen. Die Schlussakkorde sind messerscharf, fast schmerzhaft schön, voller Wehmut.

Nuron Mukumi aus Usbekistan, Meisterschüler von Lev Natochenny, der schon mit sieben Jahren Klavierkonzerte von Mozart vorgetragen hat, ist ganz anders. Der stattliche 19-Jährige, der aus den Kinderschuhen nun endgültig herausgewachsen ist, kauert vor dem Klavier und seine Hände greifen temperamentvoll in die Tasten. Beethovens stürmische „Appassionata“ verlangt ihm ein unglaubliches Tempo ab, dem er sich leidenschaftlich hingibt. Seine Mimik ist verzückt, er strahlt und verwandelt die Noten in großes Gefühl, in wahnsinnige Passion. Er spaziert, tänzelt auf den Tasten, und schlägt unerbittlich zu, er donnert, trillert, wirkt dabei souverän, sogar majestätisch. Beethovens Klavierwerk ist tragisch, „ein Kampf der nicht zur Befreiung führt“. Der Puls steigt unweigerlich bei seinem furiosen Spiel. Der Energie seiner Jugend lässt er ungestüm freien Lauf. Dann passiert das Überraschende, der Saal beginnt zu singen, es ist wie ein Echo auf die Musik, auf den perfekten und starken Klang des Piano – das klingt wie eine weitere Dimension, die sich nach oben öffnet. Muruki bringt den Flügel zum Singen und ebenso den Saal.

Liszts „Venezia e Napoli“ ist nicht weniger anspruchsvoll: Gondoliera, Canzone, neapolitanisches Volkslied und zum Abschluss eine Tarantella – vermeintlich einfache Melodien mit Glissandi und Trillern, dass einem alle Sinne kribbelten und die Füße zappelten. Auch wenn Mukumi die Bässe donnern lässt, zertrümmert er die Komposition nicht und verliert nie seine Leichtigkeit. Als Zuhörer möchte man ein bisschen taumelnd mittanzen und etwas von dieser Schönheit mit in den Alltag nehmen.

Beide Pianisten von Weltruf haben sich trotz ihres Ruhms eine charmante Bescheidenheit bewahrt, die Herzen fliegen ihnen zu, wie sie sich da so ganz ohne Starallüren vor dem Publikum verbeugen. Man glaubt ihnen die Demut vor dieser großen ewig schönen Musik, deren Komponisten durch ganz Europa reisten, deren Heimat nur die Musik war. Die Botschaft des Abends war nicht nur ein die Grenzen übergreifendes Miteinander, das in der Musik einen würdigen Ausdruck findet, sondern die Hilfe aus der Nächstenliebe geboren, die Geborgenheit in der Fremde geben soll. Tatkräftig und mutig in die Tat umgesetzt hat dies vor ein paar Monaten Dr. von Braunschweig, der mit 100 Helfern, Menschen hilft, die alles verloren haben. Das hehre Ziel ist, den großen und kleinen Heimatlosen ein neues Zuhause zu geben, ihnen schnellstmöglich bei der Integration zu helfen, damit sie nicht lange Fremde bleiben. Die Lions hatten zehn Freikarten zur Verfügung gestellt für die angereisten Flüchtlinge: Drei Flüchtlinge aus Eritrea waren gekommen. Die geringe Teilnahme ist wohl eher einer Überforderung und nicht Desinteresse geschuldet.

Flüchtlingshilfe mit Fingerspitzengefühl nicht nur der Pianisten, sondern aller Kronberger ist gefragt. Wer so viel Schönes erlebt hat, ist auch aufgefordert, dieses Glück weiterzugeben. An diesem Abend war dies in Form einer Geldspende möglich, auch zukünftig zählt jede große und kleine Hilfsaktion.



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