Naturschutztipp

Erster Biber bei Marburg

Wetzlar
– Der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist um eine Tierart reicher: Zahlreiche Spuren an der Ohm zeugen von der Rückkehr des Bibers, berichtet der Nabu Hessen. Angenagte Bäume und Biber-Rutschen am Ufer zeugen von der Aktivität des 1,20 Meter großen und rund 30 Kilo schweren Pflanzenfressers. „Ein großer Gewinn für die Natur“, freut sich Mark Harthun, Biologe und Biberexperte beim Nabu Hessen. Durch den Bau von Biberdämmen, die Anlage von Biberseen, die Initiierung von Uferabbrüchen und Totholz schafft der Biber neue Strukturen im Auenbereich. Diese kommen vielen anderen Tieren zugute. So profitieren Fische, Libellen, Frösche und Kröten von den neu geschaffenen Teichen und Feuchtgebieten. Wasservögel oder der Schwarzstorch können hier Nahrung finden. In Uferabbrüchen nisten Eisvögel, in abgestorbenen Uferbäumen Spechte oder die Weidenmeise. Die Artenvielfalt in Biber-Lebensräumen nehme deutlich zu. Damit würden die Auen auch erlebnisreicher für den Menschen, so Harthun. „Der Biber renaturiert uns die Gewässer billiger als jede Firma, wenn man ihn nur lässt“, so Harthun.

Der Biber war lange Zeit in Hessen verschwunden. Die letzten Tiere gab es im Jahr 1596 in Stockstadt an der Gersprenz und 1684 an der Werra. In den Jahren 1987 und 1988 gab es eine Wiederansiedlung von 18 Tieren im hessischen Spessart. Daraus haben sich inzwischen über 700 Tiere entwickelt. 488 davon leben in Hessen (Stand 2015), vor allem an der Kinzig, der Fulda und in der Wetterau. Mit Spannung erwartet der NABU die Wiederbesiedlung von Westhessen. Bisher gibt es nur einen Biber bei Wetzlar. Nun hat auch an der Ohm ein Tier das Lahnsystem erreicht. „Vermutlich ist das Tier von der Schwalm her über Neustadt zugewandert“, so Harthun.

Verschwunden war der Biber nicht durch den Verlust seines Lebensraums, wie viele andere Arten. Entscheidend war die Bejagung. Man stellte dem Nager nach wegen seines weichen Fells, des Fleisches und einer Drüse mit „Bibergeil“, das aufgrund der enthaltenen Salizylsäure (ähnlich Aspirin) als Universalheilmittel eingesetzt wurde. Mit seinem geschuppten Schwanz galt er als „Fisch“ und wurde deshalb in der Fastenzeit gerne verzehrt. Um die Rückkehr des Bibers zu unterstützen und seltene Tiere und Pflanzen der Auen besser zu schützen, fordert der NABU Hessen vom Land ein professionelles Bibermanagement. Wichtigster Teil dabei wäre ein Landesprogramm zur Einrichtung von Gewässer-Entwicklungsstreifen an den Fließgewässern. Solche ungenutzten Uferstreifen beugen nicht nur Konflikten mit dem Biber vor. Gleichzeitig dienen diese Uferstreifen dem Hochwasser- und Erosionsschutz. Sie puffern den Eintrag von Dünger und Spritzgiften ab und sorgen für sauberes Wasser. „Das wäre Hilfe zur Selbsthilfe“, so Harthun, weil sich die Gewässer dann weitgehend selbst, ohne große Bagger-Maßnahmen, wieder natürlich entwickeln können.



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