Pia Sondergeld – Am Anfang stand ein Jugendtraum

Pia Sondergeld bei der Feier ihres 90. Geburtstag am 29. Januar. Foto: privat

Kronberg (kb) – Mit einer Klassenfahrt in die schlesische Landeshauptstadt Troppau begann der Traum der jungen Pia. Der unbestrittene Höhepunkt des Tages war eine Vorstellung im dortigen Landestheater. Die Schülerinnen sahen die Operette „Die Rose von Stambul“, und Pia war von der Vorstellung schlicht überwältigt: Die Melodien, die Handlung, und die Kostüme – es war eine Pracht! Von diesem Tag an stand für die damals Zwölfjährige fest: „Das will ich auch einmal machen!“

Pias Eltern waren über den heißen Wunsch ihrer Tochter, Schauspielerin zu werden, überhaupt nicht erfreut. Und so schlummerte diese Absicht lange Jahre unerfüllt in ihr. Der Zweite Weltkrieg brach aus; für Pia waren Vertreibung aus der Heimat und Frondienst auf einem tschechischen Gutshof die Folge. Durch die Vermittlung ihrer Wiener Verwandtschaft landete sie schließlich bei ihren Eltern, die mittlerweile in Kronberg lebten. Zwei Jahre später kamen auch die beiden Brüder dazu; endlich war die Familie wieder vereint.

Pia lebte sich schnell im Taunus ein. Als ausgebildete Sportlehrerin richtete sie beim MTV in den 50er-Jahren eine Gymnastikabteilung für Frauen ein, die sie 30 Jahre lang leitete. Und dann landete sie durch dieses Engagement doch endlich dort, wo sie sich schon als kleine Mädchen hinwpwünschte: bei der Schauspielerei: Unterstützt vom Musikverein inszenierte man für den MTV zwei Singspiele, die mit großem Eifer vorbereitet und aufgeführt wurden. Die Freude daran gab den Anstoß dazu, gemeinsam mit einigen Freunden des Kappenclubs das wunderbare Freiluft-Theaterstück „Das neue Reis“ des Kronbergers Wilhelm Jung aufzuführen. Darin wurde das Wirken des Obstpfarrers Christ in Kronberg erzählt, und es fand bei mehreren Inszenierungen in den 50er und 60er-Jahren viel Beifall beim einheimischen Publikum. Die Schirn wurde autofrei gehalten, eine Tribüne aufgebaut und jeweils eine Woche lang gespielt.

Pia war im siebten Theaterhimmel, noch dazu, weil ein gewisser Ernst Sondergeld jeden Abend hinter den Häuserkulissen das Spiel verfolgte. Beim späteren gemütlichen Zusammensein der Beteiligten im „Grünen Wald“ konnte sich Ernst, der jahrelang Statist bei den Städtischen Bühnen in Frankfurt gewesen war, einige Kritik am Spiel nicht verkneifen. Daraufhin schlug ihm der damalige Bürgermeister, Dr. Jacobi, vor: „Herr Sondergeld, wenn Sie sich so gut auskennen, dann machen Sie doch einen Theaterverein auf.“ Das war die eigentliche Geburtsstunde der „hannemanns“.

1961 heirateten Ernst und Pia. Im Keller ihres neuerbauten Domizils in Schönberg studierten sie mit theaterbegeisterten Freunden den Schwank „Tante Jutta aus Kalkutta“ (oder auch „Die Familie Hannemann“) ein, der im Anschluss (!) an die Eröffnungssitzung des Kappenclubs 1964 aufgeführt wurde. Das war ein langer Abend – und der erste offizielle Auftritt der „hannemanns“, wie sich die Gruppe fortan nannte.

Es war ein weiter Weg von der „Rose von Stambul“ zur Verwirklichung eines Jugendtraumes, aber noch länger hält er inzwischen an: Die Theatergruppe besteht nun seit 50 Jahren, und das Jubiläumsjahr der Theatergruppe wird eingeleitet mit dem 90. Geburtstag der großen alten Dame des Kronberger Theaters. Ganz großer Applaus und herzlichen Glückwunsch, Frau Sondergeld!



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