Säbelzahn und Mammut lachen in Croneborsch zur Fassenacht

Kronberg (pu) – Eine arglos Beeren und Holz sammelnde Gruppe Steinzeitmenschen findet eines Abends eine seltsam aussehende Kappe. Voller Neugierde wird der Fund von jedem Einzelnen von allen Seiten inspiziert, aufgesetzt und das Unfassbare passiert – ein Zeitsprung von der frühesten Epoche der Menschheitsgeschichte mitten hinein in ein fastnachtsfreudiges Städtchen namens Kronberg im Taunus und schon nimmt das Geschehen im Jahre 2017 in der proppenvollen Stadthalle seinen Lauf: „Säbelzahn und Mammut lachen in Croneborsch zur Fassenacht!“

Wie sich fix erkennen ließ, besaßen die Steinzeitler, die sich der Einfachheit halber kurzerhand als „Kappen“-Klub Kronberg (KKK) vorstellten, zweifellos Naturtalent. Elf von ihnen nahmen unter Führung ihrer Frontfrau Henny Held im Elferrat Platz, um den Sitzungspäsidenten Björn Weber und Michael Arndt und deren Praktikanten Julius Held und Moritz Schardt auf die Finger zu sehen. Die fackelten nicht lange, gaben vielmehr als Losung aus: „Lasst die Puppen mal tanzen!“

Schon wirbelte die optimal als Einheizer fungierende zwölfköpfige Crönchengarde die Beine hoch über die Bretter, im Anschluss trällerte das versammelte Narrenvolk einträchtig und inbrünstig die Kappen-Hymne.

Hirn wegen Umbauphase schlecht belastbar

(Keulen)-Schlag auf (Keulen)-Schlag ging es voran im rund sechsstündigen Programm. Als „Pubertier 2.0“ skizzierte Nicolas „Nikki“ Reinhardt den täglichen Kampf mit seinen „schwierig gewordenen“ Erziehungsberechtigten in einer Phase, in der doch gerade sein „Hirn wegen der Umbauphase nur schlecht belastbar ist“. Um diesen Umstand weiß offenbar auch sein Biologielehrer, der es daher in Sachen Aufklärung lediglich bei kläglichen Erklärungsversuchen mit Bildern belässt. Doch einmal neugierig geworden, will es das Pubertier schon genau wissen, stellt dem Papa die Frage, wie ein Mensch auf die Welt kommt und erhält als Antwort: „Der Mensch ist aus Lehm gemacht.“ Daraus schlussfolgernd steckt der Filius einen Klumpen Lehm in die Hosentasche und wirft seinem Lehrer am nächsten Tag prompt um die Ohren: „Alles Quatsch mit Soße, ich hab das Ding, woraus ein Menschlein entsteht, in der Hose!“ Des Lehrers schlagfertige Retour: „Setzen 1 – lass ihn drin, du scheinst alles zu wissen!“ Über anstrengende Eltern und nervige Lehrer rappten und rockten in mitreißender Manier auch die „Coolen Kidz“ in der Besetzung Eric Schmelcher, Lukas Held, Moritz Schardt, Justus Held und Yannick Scheller. Ihre Botschaft an die Eltern: Alles ein wenig cooler angehen!

Neben der heranwachsenden Generation haben es laut Königsteins Fastnachts-Urgestein Heinz Eichhorn die Rentner besonders schwer: „Mein ganzes Leben lang hab ich schwer geschafft – 3 Jahre lang. Jetzt laufen schon früh morgens Wasch- und Spülmaschine, meine Frau rennt schon vor 11 Uhr mit dem Staubsauger durch die Wohnung, wie soll ich denn da ausschlafen?“ Zur Besänftigung seiner ob seiner Schlafmützigkeit in Rage gekommenen Frau Margrit, verspricht er sich als Koch zu versuchen, doch das Ganze scheitert zwangsläufig, weil der Herr mehr das Fußballspiel im TV als den Herd im Auge hat. Beachtlich die Schnelligkeit, mit der sich die KKK-Steinzeitler mit der Gegenwart vertraut gemacht hatten. Als „Walking-Girls“ im Anfängerstatus gewährten Corinna Habig-Bauer und Carena Seidenthal lustige Einblicke in ihre Übungs-Bemühungen, der finale Bauch-Beine-Po-Crashkurs fand allerdings unter Beteiligung der vorher feixenden Narrenschar statt.

Stadtbus, Horrorclown Trump und Hype

Breiten Raum nahm beim Rückblick auf zahlreiche, die Gemüter des Volkes bewegende, Ereignisse der letzten Zeit das Thema Stadtbus ein. Protokollantin Ute Stütz und Reporter Hubert Glockenbichler (Björn Weber) ließen anschaulich sowohl den kürzlichen tagelangen Streik als auch anfängliche Orientierungsschwierigkeiten ortsunkundiger Busfahrer nach Betreiberwechsel Revue passieren und zogen das kritische Fazit, zu allem Überfluss handele es sich um eine vorprogrammierte Entwicklung durch die Wahl des günstigsten Anbieters, der an allen Ecken und Enden spare. Als ultimative Alternativlösung brachten die Kappen deshalb die untertunnelte KOK-Bahnverbindung Kronberg-Opel-Zoo-Königstein ins Gespräch. Beim Blick über die Stadtgrenzen hinaus waren neben „Horrorclown“ Donald Trump die Ausmaße des Hypes um SPD-Bundeskanzler-Kandidat Martin Schulz ebenso sauer aufgestoßen wie der zehnte Jahrestag des Spatenstichs für die Dauerbaustelle Flughafen Berlin-Brandenburg (BER), die Schockbilder auf Zigarettenpackungen, für die nunmehr das Nikotini-Sammelalbum als Neuerung vorläge oder die für einige als verspäteter April-Scherz verfrühte Vollsperrung des Sodener Stocks durch Hessen mobil im letzten Jahr, die an einem Freitag für heilloses Chaos gesorgt hatte. Als einzigen Lichtstreif im Negativ-Sammelsurium vollten die Kappen zu guter Letzt in Erfahrung gebracht haben, dass sie als Hessens bester Kappenklub nach einer hr-Programmumgestaltung und -modernisierung aussichtsreiche Chancen hätten künftig den Sendeplatz von „Mainz bleibt Mainz“ einzunehmen.

Die Sahnehäubchen der ersten Programmhälfte setzten die KKK Springmäuse und Konfettihühner mit ihrer entzückenden Kronberger Version des Musicals „Mary Poppins“, die ob ihrer kreativen Umsetzung und wunderschönen Kostümen ebenso für große Begeisterung sorgten als auch die Jahr für Jahr Topleistungen bringenden Solisten. Die herausragenden Gardemädchen Ann-Sophie Lützenberger, Sara Marino, Jule Jeß, Michelle Neif, Emma Bauer und „Küken“ Pauline Zubrod stellten eindrucksvoll unter Beweis, wie modern, rasant und mit Höchstschwierigkeiten gespickt Gardetanz präsentiert werden kann. Der Schritt für Schritt eingeleitete Generationenwechsel ist indes in der nächsten Phase angelangt. Dieses Mal feiert Lützenberger Abschied vom Solistenblock.

Yabba Dabba Doo

Mit einem dreifach donnernden „Yabba Dabba Doo“, neu besetztem Elferrat und hinreißend vertanzt durch die FUNtastics übernahmen die Flintstones die Regie der zweiten Programmhälfte. „Da simmer dabei“ stürmten Prinzessin Tina I. und Prinz Lothar II. von „Schimmeldewog“ mit Funkenmariechen Steffi samt einer Abordnung der Carnevalgesellschaft „Hirschhorner Ritter“ 1967 unter der Leitung des Präsidenten Klaus-Jürgen Ehret auf die Bühne. Der mit dem Kappen Klub Kronberg befreundete Verein feiert heuer 50-jähriges Bestehen und nutzte die Gelegenheit, geleitet und flankiert vom Fanfarenzug Kronberg 1970, um Geschenke und Orden zu überreichen. Dieses Treiben war den muskelgestählten „Drill Instructors“ der Schobbe-Dancer eindeutig zu bunt. Als Kontrastprogramm boten sie von Liegestützen und Crunches bis zu eindeutigen Posen in ihrer Darbietung alles, was die weiblichen Gäste reihenweise hinschmelzen ließ. Selbstredend, dass sie ohne Zugabe nicht davon kamen.

Back to the roots – zurück zu den Steinzeit-Wurzeln – hieß es mit den Ahle Hinkel. Die Damen der Familiensippen von Stein, Kiesel, Geröll, Granit & Co fachsimpelten über typische Alltagsprobleme wie Schmiererien an den Höhlenwänden, Modisches aus der Kollektion von Karl Lagerfeuer, die aus dem Trend geratende Vollkörperbehaarung und die Ignoranz der versammelten Männerwelt in Bezug auf weiblichen Pionier- und Erfindungsgeist mit der Konsequenz, „dass das Rad erst 1.000 Jahre später erfunden wurde!“

An seinen Erkenntnissen über die Spezies „Kroni“ ließ Steinzeitforscher Otto Sehr die breite Öffentlichkeit teilhaben. „Als Jäger der Steinzeit war der ‚Kroni‘ bekannt und er hat schon das Mammut verhaue, bevor die Ritter die Burg habbn baue!“ Damit jedoch noch nicht genug der erfolgreichen Spurensuche, denn: „In der Steinzeit gab‘s noch keinen Karneval, die hatte ja auch noch keine so schöne Hall!“

Was nutzt jedoch die schönste Veranstaltungsstätte, wenn einem die Vorgaben für einen zu erarbeitenden Vortrag die blondierten Haare zu Berge treiben? „Ich darf alles machen, solange ich angezogen bleibe und nichts über Politik erzähle“, umriss Schauspieler und Komödiant Marc Theis seine aus seiner Sicht schwierige Aufgabe. Folglich Striptease-Kurs und Trump-Schmähgedicht gestrichen. Stattdessen nach kurzem Abstecher in seine Wahlheimat Berlin und Bericht von seinem abgeschlossenem Tour-Vertrag, der ihn in Weltstädte wie Aschheim führt, die Überleitung zur frischen Mutterschaft seiner Schwester, seinem persönlichen Alkoholverzicht während ihrer Schwangerschaft aus Solidaritätsgründen und „Kindern und ihren Sonderrechten“. „Sie liegen faul rum und sprechen kein Deutsch!“ Bemerkenswert sei ferner der Wandel im Umgang miteinander. „Meine Mutter hat wenigstens noch für die komplette Nachbarschaft hörbar um 18 Uhr an der Haustür stehend gerufen, ich soll gefälligst nach Hause kommen. Heute wird das still und leise per WhatsApp geregelt.“

Den politischen Schlusspunkt mit Rückblick auf die Wahlen in USA und Österreich, den Busstreik und Kronbergs nach dem Weggang des ersten Stadtrats Jürgen Odszuck alleingelassenen „Burger-King“ Klaus Temmen, setzten schließlich die Scherzbuben (Michael Arndt und Heinz-Georg Kaufmann) in gewohnt spitzzüngiger musikalischer Manier. Der Pflichttanz der Cronengarde, der Daalbachnixen herrlich-komische Partytime im Altersheim und die Gikkelnden Hinkel, die unter dem Motto „Rockabilly“ und den passenden Kostümen die Halle ebenfalls zum Toben brachten, rundeten die Steinzeit-Fastnachtssitzung des KKK ab. Eine schöne Idee das neu eingeführte Finale für die „Kleinen“ zum Ende der ersten Hälfte, die üblicherweile den großen Schlusspunkt nach Mitternacht verpassen.

Orden und Ausblick

Fastnachtsveranstaltungen bieten einen perfekten Rahmen, um verdiente Mitglieder zu ehren. Dieses Jahr erhielten Viktoria Reul, Emma Bauer, Zoe Schleusener und Franziska Straß den FEN-Jugendorden in Silber, Sara Marino, Anja Mausolf sowie Michelle und Rachel Neif den in Gold. Zum frühzeitigen Notieren für den Terminkalender: 2018 lädt der Kappen Klub Kronberg bereits am 27. Januar zur großen Sitzung und zwar unter dem Motto „Las Vegas“ ein.



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