Die Schöpfung achten – Hubertusmesse in der Johanniskirche

Mitten durch die Johanniskirche flog der weiß-grau melierte Gerfalke, vom Falkner der Ronneburg Walter Reinhart auf den Weg geschickt, vor bis zum Altar ...
Fotos: Westenberger

Kronberg (mw) – „Haben Sie heute schon einmal ,Danke‘ gesagt?“, fragte Pfarrer Hackel die Menschen, die sich in der Johnanniskirche zum Gottesdienst versammelt hatten. „Ihrem Partner, ihren Nachbarn oder ihren Kindern? Wie oft sagen wir eigentlich danke, auch Gott gegenüber?“ Wenn vom biblischen Land, in dem Milch und Honig fließen, die Rede sei, dann könnte damit eigentlich auch von unserem Land die Rede sein, so Hackel, der die versammelten Menschen zum Innehalten einlud, und zum Dankbarsein für das, was die Erde uns gibt, für die kleinen Dinge, die man täglich erleben und über die man sich freuen kann, wenn der Blick nicht versperrt ist mit der Jagd nach immer mehr. So wie Hubertus der Überlieferung nach als junger Edelmann ein leidenschaftlich ausschweifender Jäger war, der die Erlegung des Wildes als Selbstzweck sah. Später erkannte Hubertus jedoch in allen Wesen Geschöpfe göttlichen Ursprungs und hatte sich deshalb hegend und pflegend für sie eingesetzt. Diese Grundhaltung der „Achtung vor dem Geschöpf“ ging als Waidgerechtigkeit in die Verhaltensgrundsätze der Jägerschaft ein und ist Grundlage der Hubertusmesse, in der es darum geht, sich die gesamte Schöpfung mit all ihren Lebewesen in Erinnerung zu rufen und sie zu ehren. „Wir wollen in diesem Gottesdienst spüren, dass wir die Natur brauchen und auch gebrauchen und uns vornehmen, sie aber nicht zu missbrauchen“, so Hackel. Und gemeinsam mit der Gemeinde betete er zu Gott, und dankte ihm für den Himmel, „den Gott wie einen Teppich für die Menschen ausbreitet“, für die Vögel, das Wild bis zu dem Gras auf der Wiese für das Vieh und die Saat des Menschen. Es gibt jeden Tag etwas, über das man sich freuen kann“, meinte Hackel und berichtete von dem Nebel über den Wiesen oder dem rosa-roten Schweif am Morgenhimmel in dieser Jahreszeit, den er früh morgens nach dem Aufstehen schon gesehen habe.

Unterstützt wurden seine und Kaplan Blechschmidts Worte vom Männergesangverein 1860 Kronberg, dessen Lieder wie „Abendfrieden“, die Rückbesinnung auf Gottes Schöpfung wunderschön untermalten, oder abschließend „...und bis Gott Dich wiedersieht, halte Gott Dich fest in seiner Hand“. Und natürlich erschallten nach Tradition einer Hubertusmesse auch die Jagdhörner der Ober-Erlenbacher Jagdhornbläser. Die Hauptpersonen der feierlichen Hubertusmesse waren jedoch ein eleganter Gerfalke und ein beeindruckend großer Uhu. Die beiden waren mit ihren Falknern, Walter Reinhart und Dagmar Dohnalek, von der Ronneburg angereist, um dem Gottesdienst beizuwohnen, saßen gut eine Stunde auf dem Arm ihrer Falkner und lauschten ebenfalls den Worten und der Musik zur Hubertusmesse. Pfarrer Hackel bekannte sich dazu, dass er die Vögel des Himmels erst so richtig wahrnehmen würde, seitdem er ihren beeindruckenden Flug mehrmals schon verfolgen durfte. „Jetzt habe ich in den Bergen, beim Wandern immer mein Fernglas dabei.“ Und weil der Flug dieser Vögel so wunderschön ist, fragte er Falkner Reinhart, ob er seinen Gerfalken fliegen lassen könnte. Und eh sich die Gemeinde versah, breitete dieser elegant seine Schwingen aus und schwebte vom Kirchentor aus bis vor den Altarraum zu Pfarrer Hackel auf dessen Arm. „Es ist schön zu sehen, wie liebevoll ihr mit den Tieren umgeht“, lud er nach dieser „Showeinlage“ ein, den Falknern auf der Ronneburg selbst einmal einen Besuch abzustatten. Von Dagmar Dohnalek erfuhren die Besucher des Gottesdienstes schließlich noch, dass ihr Uhu nicht nur sehr gut sehen kann, sondern noch viel besser hören kann: „Er kann auf 150 Meter Entfernung unter dem Schnee eine Maus laufen hören“, berichtete sie. „Gott wir wollen Deine Schöpfung pflegen und schützen, Du hast die Schöpfung in unsere Hände gelegt und wir danken Dir dafür.“ Von Demut war die Rede in diesem feierlichen ökumenischen Gottesdienst, von Verantwortung, die wir zu übernehmen haben und auch von der Suche nach Verzicht und Alternativen.

„Im 19. Jahr feiern wir jetzt schon in der Johanniskirche die Hubertusmesse“, freute sich Initiator Walter Wegefahrt in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche und dankte allen Mitwirkenden für ihren Einsatz, den Ober-Erlenbacher Jagdhornbläsern mit ihrem Hornmeister Dr. Ernst Dieter Eberhard, dem Männergesangverein 1860 Kronberg mit ihrem Chorleiter Raphael Greim, der auch die Orgel spielte sowie Pfarrer Hackel und Kaplan Blechschmidt. Die innere Balance zu behalten, sei in den aktuellen Zeiten gar nicht so einfach, fand er. „Im Nahen Osten brodelt es und die Deutsche Bank ist auch nicht mehr das, was sie mal war.“ Doch Wegefahrt hatte ganz hemdsärmelig ein paar praktische Tipps für die Kirchengäste parat, wie es dennoch gelingen könnte, die innere Balance zu finden: Eine „Abregestrategie“ sei, langsam von eins bis zehn zu zählen und dabei ganz tief durchzuatmen. Laut Psychologiestudien helfe aber auch der „innere Seitenwechsel“. Das bedeute, wenn man sich über das Verhalten seines Gegenübers gerade völlig aufrege, einen Grund zu suchen, warum der andere vielleicht gerade so und nicht anders handeln konnte. Eine gute Strategie sei auch, findet Wegefahrt, die Dinge ganz einfach mit Humor zu nehmen. Seinen ganz besonderen Dank schickte er vor dem Abschlussjägerlied vom Männergesangverein und dem „Hornruf der Falkner“ von den Jagdhornbläsern auch an Förster Martin Westenberger, mit dessen Unterstützung die Johanniskirche in einem üppigen gelben Birkenkleid erstrahlte.

... und landete auf Pfarrer Hackels Arm.

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