SPD Kronberg legt Positionspapier zur Wohnraumbeschaffung vor

Dort, wo aktuell der Interims-Parkplatz eingerichtet wird, der nach dem momentan nicht vor Ende August zu erwartenden Abriss des Parkdecks als bewirtschaftete Stellfläche dienen wird, soll auf dem Baufeld V des Bahnhofsquartiers nach bisheriger Vorstellung ein Wohngebiet entstehen. Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Die Gefahr eines fortschreitenden Bevölkerungswandels (residenzielle Gentrifizierung) vor Augen sieht die Kronberger SPD die zwingende Notwendigkeit, die seit Langem existierenden Planspiele in Sachen Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in der Burgstadt deutlich zu forcieren und konkretisieren.

Dementsprechend hat sich ein aus Stadtrat Hans-Robert Philippi, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Haas und der stellvertretenden Ortsvereinsvorsitzenden Andrea Poerschke bestehendes dreiköpfiges Kernteam in den letzten Wochen nochmals Gedanken um die Problematik gemacht und in abendlicher Arbeit ein Positionspapier entwickelt. Dieses „Rahmenkonzept für die Entwicklung von Baugebieten“ mit „sozialem Touch“ wurde mittlerweile den Koalitionären CDU und UBG als Diskussionsgrundlage vorgelegt mit dem Zweck der zeitnahen Formulierung eines gemeinsamen Antrags, der nach Möglichkeit den Gremien in der kommenden, spätestens in der darauf folgenden, Sitzungsrunde zur Beratung auf dem Tisch liegen soll. Nach SPD-Vorstellungen sollen noch in diesem Jahr durch einen entsprechenden Beschluss und Formulierung von Eckpunkten endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden, damit anschließend Planer ans Werk gehen können.

Dringender Handlungsbedarf

Auslöser, die Angelegenheit ankurbelnd in die Hand zu nehmen, waren laut Haas sowohl die zuletzt bekannt gewordenen zeitlichen Verzögerungen infolge der stagnierenden Verhandlungen der Stadt mit Bahn und Verkehrsverbund, wodurch die bisher etwas zurückgestellte Planung für die Bebauung des Baufelds V im Bahnhofsquartier wieder stärker in den Fokus rücke, zum anderen der Wille, das jahrzehntelange „Hinterherhinken Kronbergs“ in Bezug auf Neubau bezahlbaren Wohnraums zu beenden. Während umliegende Kommunen und Städte angesichts des dringenden Bedarfs längst Fakten und Neubauten schaffen, seien in der Burgstadt keine Fortschritte erkennbar.

Dabei stehen mit dem Baufeld V des Bahnhofsquartiers, dem Altkönigblick (Sportgelände der SGO) und dem Gebiet Neuberg West/Grüner Weg drei für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum prädestinierte Baugebiete auf der Agenda wegen des dort vorhandenen erheblichen Grundstücksanteils in städtischem Eigentum.

„Kostengünstiger Wohnungsbau ist nur dann machbar, wenn Grund und Boden aus der Spekulation genommen werden. Da mietpreis-gebundene Wohnungen mit befristeten Belegrechten nach der Bindungsfrist wieder der Spekulation unterworfen sind, bieten sich die Baugenossenschaften als entsprechendes Regulativ an. Diesem Grundgedanken wird die SPD in den weiteren Gesprächen besondere Bedeutung beimessen“, untermauerte das SPD-Trio im Rahmen eines Pressegesprächs.

Nach den Worten der Sozialdemokraten ist in der Burgstadt der Anteil an freistehenden Häusern und Reihenhäusern im Verhältnis zu Mietwohnungen seit Langem unverhältnismäßig hoch und er steige bedauerlicherweise weiter. Dazu kämen Eigentums- und Mietwohnungen im hochpreisigen Segment, sofern sie nicht aus den Altbeständen einer Wohnungsbaugenossenschaft oder dem letztmals in den 1990-er Jahren von der Stadt geförderten Wohnraum stammen. Eine Entwicklung, die von den Sozialdemokraten deshalb kritisch gesehen wird, weil ihrer Beobachtung nach, die Vorteile der „guten Adresse Kronberg“ gerne registriert und genutzt werden, es im Gegenzug aber aus unterschiedlichen Gründen mit der Teilnahme am sozialen Leben eher bescheiden aussieht.

Soziale Stadt statt Gentrifizierung.

Der „einseitigen und damit für das soziale Leben ungesunden Entwicklung der Bevölkerungsstruktur“ soll deshalb Einhalt geboten werden, da sich Kronberg „immer mehr zu einer Schlafstadt vor den Toren Frankfurts entwickelt“.

Dem sozialdemokratischen Leitbild einer sozialen Stadt entsprechend sei, so die Genossen, die Errichtung von Wohnraum für Menschen mit unteren und mittleren Einkommen, die auch der Sicherung wesentlicher Versorgungsstrukturen wie Handel und Handwerk, Pflege, Bildung und Erziehung, Gefahrenabwehr und vieles mehr diene, unabdingbar.

Mit dieser Gegensteuerung verknüpft man die Hoffnung, dass diese Bevölkerungsgruppen bald nicht mehr, wie seit Jahren zu beobachten, gezwungen sind, weiterhin ins weitere Umland auszuweichen. Darüber hinaus soll die drohende Gefahr weiterer Verteuerungen von Dienstleistungen jeglicher Art oder, dass viele Aufgaben (Sportvereine, Feuerwehr und vieles mehr) irgendwann womöglich nicht mehr ehrenamtlich ausgeführt werden könnten, eingedämmt werden.

Orientierungspunkte

Als Benchmark (Orientierungspunkt) für bezahlbaren Wohnraum legen die Sozialdemokraten das Einkommen einer alleinerziehenden Erzieherin zugrunde, die nach der Entgeltgruppe 8 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst bezahlt wird (Nettoeinkommen in dieser mittleren Entgeltgruppe zirka 1.800 Euro). Nach SPD-Auffassung darf maximal ein Drittel des Arbeitseinkommens für angemessenen Wohnraum ausgegeben werden, das wären in diesem Fall zirka 600 Euro. Bei einer angenommenen Wohnfläche von zirka 60 Quadratmeter entspricht dies einer Warmmiete von etwa 10 Euro. Ein weiterer Benchmark sind die nach einem Beschluss des Kreisausschusses des Hochtaunuskreis vom 16. Juni 2015 festgelegten neuen Mietobergrenzen für die Unterkunftskosten nach Maßgabe der § 22 und 35 Sozialgesetzbuch (SGBII). Die Beurteilung der Unterkunftskosten lehnt sich an das hessische Wohnraumförderungsgesetz an. Die dort genannten, seit 1. Juli 2015 geltenden, Mietobergrenzen sind für eine Wohnung mit bis zu 50 Quadratmeter Wohnfläche eine Bruttokaltmiete von 518 Euro, für bis zu 60 Quadratmeter 625 Euro.

Drei Baugebiete – sechs Kriterien

Mittels sechs Kriterien wurden die drei aktuell potenziellen Baugebiete beleuchtet und anschließend Überlegungen zur Gestaltung formuliert, die als Zielbeschreibung für die Aufstellung entsprechender Bebauungspläne dienen sollen. Explizit sind diese sechs Punkte samt jeweiliger ergänzender Bemerkungen: Städtebauliche Vernetzung und Dichte, Freiräume, Mobilität und ruhende Verkehre, Wohnkonzepte und Bauherrengemeinschaften, architektonische Gestaltung, Ausformung und Einbindung in benachbarte Bebauung. Darüber hinaus flossen Ergebnisse aus dem Stadtentwicklungskonzept (SEK), Referenzprojekte wie die Öko-Siedlung Friedrichsdorf oder Camp King ebenso in das Papier hinein, wie die Orientierung am Leitfaden für „Nachhaltige Innenentwicklung für den Wohnungsbau“ des hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft oder Verbraucherschutz.

Fristen für Fördermittel

Die Sozialdemokraten plädieren ferner mit Nachdruck für eine weitgehende Ausschöpfung der entsprechenden von Land und Bund aufgelegten Fördermittel, die allerdings teilweise an Fristen und bestimmte inhaltliche Bedingungen gebunden sind.

Die nicht erst durch den angekündigten Abschied von Stadtplanerin Dr. Ute Knippenberger (wir berichteten) angespannten personellen Kapazitäten des Fachbereichs Stadtentwicklung berücksichtigend, sollen nach den Vorstellungen der SPD externe Planungsbüros entweder unterstützend oder komplett mit der Entwicklung eines Baugebietes auf der Grundlage der in den politischen Gremien zu beschließenden Eckpunkte beauftragt werden. „Andernfalls erscheint eine zeitnahe Realisierung der neuen Wohnquartiere nicht realistisch und es gingen Fördermittel verloren“, so die Argumentation der SPDler, die gespannt sind auf die Reaktionen aus den anderen Parteien.



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