Terror ist unlustig: Witziger und hochintelligenter Unterhaltungsakt mit HG Butzko

Butzko verkauft keine Snacks, sondern geistig wertvolle Pointen. Foto: Sura

Kronberg (aks) – Der Kabarettist HG Butzko kommt gerade aus Berlin und berichtet trocken, dass „Jamaika“ nicht funktionieren könne, denn das liege ja im Orkangebiet und der Sturm heiße Lindner. Man wäre zwar kurz davor gewesen, aber wenn man sich bei den Debatten nicht zuhört, dann werde aus einer Koalition eben nichts.

Butzko ist, wie er zugibt, in den sozialen Medien unterwegs, die diesen Namen keineswegs verdienten, er bekäme ständig Botschaften von „Arschlöchern“ und käme sich deshalb vor wie ein Proktologe. „Heute unterhalten sich nur Deppen. Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!

Dabei handele es sich keineswegs um einzelne Entgleisungen des guten Tons und in mangelndem Basiswissen, auch in den Parteien, spiegele sich die Ignoranz. So jaulte doch kürzlich bei Pegida ein Mitglied auf, dass jetzt sogar arabische Zahlen an deutschen Schulen unterrichtet würden. Das Kronberger Publikum lachte und so erübrigte sich die Frage, ob das denn jeder kapiert hätte. Dass die lateinische Schrift auch gelehrt werde, beunruhige die „Blödhirne der Nation, die den Rechtspopulisten auf den Leim gehen“, aber so der Kommentar einiger Hinterwäldler: „Bei uns zum Glück noch nicht!“ Butzko ist bestens informiert und vertritt, trotz Bierhumpen in der Hand und Schiebermütze, eine gemäßigte liberale Haltung mit Blick auf eine funktionierende Gesellschaft. Die Themen heute seien Integration und Sicherheit bzw. das subjektive Gefühl von Sicherheit. Dabei gebe es abgrundtiefe „Integrationsfallen“, die nicht nur für Ausländer gelten „oder haben Sie schon einmal einen Ostfriesen in Bayern erlebt?“ Auch mit der Sicherheit sei es nicht so einfach und sicher nicht damit getan, wenn De Maizière den sogenannten Gefährdern ihren Personalausweis abnimmt und sie so das Land nicht verlassen dürfen. Auf die Spitze triebe dies Marine Le Pen, die die Todesstrafe gegen Selbstmordattentäter fordere.

„Ja, Terror ist unlustig“. Butzko fordert, die Anschläge zu differenzieren. Es seien eben nicht immer Islamisten, sondern auch radikale Kapitalisten, wie der Fall des Anschlags auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund zeigt. Der Attentäter wollte damit den Börsenkurs antreiben. Wie subjektiv das Gefühl von Sicherheit ist, zeigte der Kabarettist mit folgender Frage: „Wo fühlst du dich sicher? Nachts allein im dunklen Wald? Oder zuhause im Kreise der Familie?“ Schon gibt es die ersten Lacher. Die Antwort auf die Frage erübrigt sich von selbst: Wo passieren denn wohl die meisten Verbrechen? Genau, der dunkle Wald nachts ist der sicherste Ort der Welt! Dann kommt er auf die Minderheiten zu sprechen: „Es gibt 6 Prozent Muslime in Deutschland, eine Minderheit gegenüber einer Mehrheit von 94 Prozent, unter denen sich Radikale, Fundamentalisten, Fanatiker und religiöse Spinner tummeln.“ „Je größer der Dachschaden, desto besser die Aussicht auf den Himmel.“ Außerdem gebe es Lebensbejaher, Veganer, und Xavier Naidoo, die „ausgelatschte Jesuslatsche“. Viele hofften noch immer auf die Jungfrauen im Himmel, dabei seien die doch seit dem Tod von Prince und Udo Jürgens fast ausgestorben. Da hätten es die Kapitalisten besser, die suchten die Jungfrauen im Diesseits und fänden sie auch – mit reichlich Geldscheinen. Butzko fordert klug zu einem Zusammenleben mit Respekt und ohne Diskriminierung auf – nicht nur mit Fremden, sondern vor allem mit Frauen. Der Vergleich der Greueltaten des Islams mit denen des Christentums, der ja, wie er immer wieder höre, die dunkelsten Zeiten hinter sich gelassen hätte, hinkt für Butzko. Auch die frommen Teilnehmer auf dem evangelischen Kirchentag mit Gitarre und Birkenstock-Sandalen hätten alle noch Scheiterhaufen und Hexen im Kopf. Die Grausamkeiten seien noch lange nicht überwunden. Im Namen des Christentums würden weltweit immer noch viele Menschen ermordet werden. Mit dem Verbot des Korans als Mittel gegen den Terror sei es wohl nicht getan. Butzko zitiert: „Tötet alles, was männlich ist!“ oder „Wenn jemand bei einem Mann liegt wie bei einer Frau“, dann sei die Todesstrafe unausweichlich, auch der Aufruf, heidnische Völker zu zerstören, klingt wenig zimperlich. Überraschung: alles Texte aus dem Alten Testament! Sein Fazit: Wer den Koran verbieten wolle, müsse auch die Bibel verbieten. Er verstehe sowieso nicht, wie man als Erwachsener sein ganzes Leben nach einem Buch ausrichte – außer es handle sich um „1.000 ganz legale Steuertricks“, feixt er.

Zum Thema Kopftuch lehnt er sich bewusst als Frauenversteher aus dem Fenster: „Nun lege ich mich wahrscheinlich mit der Kosmetikbranche an, wenn ich fordere, dass die Frauen ihr wahres Gesicht zeigen sollen.“ Egal ob Kopftuch oder Highheels, „frau“ folge eben vielen modischen Diktaten „dem des Imam oder des Karl Lagerfeld“, auch wenn die Füße schmerzten. Der Gesichtsverlust als Folge der vielen plastischen Operationen sei für ihn sprichwörtlich.

Butzko ist auf die Themen des Abends gut vorbereitet, da hat er jede Menge kontroverse und komplexe Informationen zu einem witzigen und hochintelligenten Unterhaltungsakt geschrumpft, der umso besser gelingt, desto mehr er in Fahrt kommt. Das Publikum steht ihm amüsiert bei und ist auf seiner Seite. „Sagen Sie nicht, Sie hätten es nicht gewusst“, das ist eine ebenso ernst gemeinte wie leidenschaftliche Warnung, und so gibt er die vielen Versprechen und „Versprecher“ der AFD zum Besten. Das sei nichts anderes als Etikettenschwindel und sicher nicht zum Lachen. Die „grenzdebile Geschichtsdemenz“ und „Geistesgülle“ der AFD klagt er an: „Sie wollen Terror verhindern, aber nehmen Tag für Tag brennende Flüchtlingsheime in Kauf.“ Es sei an der Zeit, dies auch als Terror zu bezeichnen und nicht als „geistige Brandstifter“ gegen Flüchtlinge zu hetzen. Butzko wird noch krasser: „Wer aus Protest die Rechtspopulisten wählt, ist wie jemand, der in einer Kneipe an der Klobürste lutscht, weil ihm das Bier nicht schmeckt.“

Er outet sich als „praktizierender Atheist“, als Vegetarier „bei den Beilagen“ und bittet nur um eins: „Ich will meine Ruhe haben. Ich will nicht glauben und nicht glauben müssen. Ich will keine Minarette und auch keine Kirchtürme – ich will meine Ruhe haben“ und stöhnt: „Warum können sich Gläubige nicht anders verabreden?“

Was hilft also gegen Terror? Die Antwort klingt sybillinisch: Ein „Religionen-Unterricht“ in der Schule. Wenn junge Menschen von anderen Religionen erführen, würde das nicht nur ihren geistigen Horizont erweitern, sondern sie würden alle gemeinsam feststellen, dass jede Religion im Kern eine einzige Botschaft hat: Seid nett zueinander!

Er schickt die Zuschauer mit einem irischen Bonmot nachhause, das in Kurzform so lautet: „Mensch worüber machst du dir Sorgen? Wenn du am Ende deines Lebens in der Hölle landest, wirst du so viele Freunde treffen, dass ihr alle keine Zeit haben werdet, Euch Sorgen zu machen.“



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