Thomas Reis brillierte im Kinosaal mit Kabarett vom Feinsten

Kronberg (pf) – „Ich bin der Hauptfilm“, stellte sich der Kabarettist Thomas Reis vor, als er am Mittwochabend vergangener Woche die Bühne betrat. Zum dritten Mal hatten der Kronberger Kulturkreis und die Kronbergr Lichtspiele zu ihrer neuen Veranstaltungsreihe „Kabarett im Kino“ eingeladen und es wurde ein Abend, der die Lachmuskeln strapazierte und dem Publikum die Lachtränen in die Augen trieb.

„Endlich 50!“ begrüßte der inzwischen 53-Jährige sein Publikum mit dem Titel seines Programms. „Kein Stress mehr“, meinte er. Und nach einer kleinen Pause: „Ich habe auch nichts vorbereitet – aber wir schaffen das.“ Und schon war er mit dem Mantra der Bundeskanzlerin bei Angela Merkel, der kleinen Raupe Nimmersatt, wie er sie nannte, und stellte fest: „Ihr Pessimismus hat resigniert.“ Zu Martin Schulz, dem Hoffnungsträger der SPD, war es da nicht weit, dessen Lippen ihn, wie er meinte, an Jassir Arafat erinnern.

Aber bevor er sich dem Thema Politik widmete, kehrte er zunächst noch einmal zum Alter zurück. Er sehe sich jetzt nicht anders und die Bedürfnisse alterten ja nicht mit, stellte er fest. 50 sei kein Alter, meinte er. Früher ging es mit 50 bergab, heute auf den Nanga Parbat, früher sei man bald gestorben, heute fange man mit einer neuen Ausbildung an und lasse sich umschulen, zum Klangschalentherapeuten oder vom Alkoholiker zum Wirtschaftsprüfer.

„Die besten Jahre kommen jetzt“, bekräftigte er seine Überzeugung. Doch das mit dem „die Kinder sind aus dem Haus“ habe es bei ihm bisher nicht geklappt. „Das zieht sich – vielleicht sollte ich Eigenbedarf anmelden – oder den Sohn ins Heim geben – zur Oma.“ Das Wort „Passivhaus“ habe für ihn jetzt eine ganz neue Bedeutung bekommen, gestand er. Denn früher sei „Null Bock“ eine Kampfansage gewesen, sein Sohn aber ziehe das durch.

Und dann kam Thomas Reis in seiner unnachahmlichen Art vom Suizid – „wer sich heute umbringt, ärgert sich vielleicht schon Morgen“ – zur Commerzbank, von der Pisa Studie – „der Turm ist gerade, aber die Welt ist schief“ – zum bajuwarischen Problemhorst, bis zu Erdogan, der nicht verstehe, dass es Meinung heißt und nicht Dein-ung oder Uns-ung, zu VW und den Vergasermanipulationen, zur senilen Weltflucht, den Rentnerkreuzfahrten und den Kreuzfahrtschiffen, die mit ihren Emissionen die Umwelt mehr schädigten als alle Autos der Welt zusammen. Weshalb man aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes bei der nächsten Kreuzfahrt ein Bömbchen mitnehmen und die Schiffe versenken sollte.

Es waren oft drastische Empfehlungen, die der Kabarettist bereit hielt und überraschende Erkenntnisse, die neue Blickwinkel eröffneten. In Amerika seien es echte Wahlen und nicht die versteckte Kamera gewesen, die „Donald und seine Dagoberts“ ins Weiße Haus brachten. Das seien keine Verschwörungstheoretiker mehr, sondern Verschwörungspraktiker, stellte er fest: „Die tun nicht nur so.“ Trumps Frisur erinnerte ihn an einen toten Goldhamster, den er sich falsch herum aufgesetzt hat und für die First Lady Melania erfand er die Bezeichnung Airbag-Ästhetik. Und erzählt, dass die Putenbrust, in die er neulich gebissen und die so ein komisches Geräusch gemacht habe, ein Implantat gewesen sei. Dann fragte er sein Publikum: „Verfolgen Sie die Reden von Trump? Mich schon!“

Thomas Reis erwies sich wieder einmal als virtuoser Sprachjongleur, aber auch als Sprachimitator, der den Tonfall von Helmut Kohl ebenso treffend nachmachte wie den von Adolf Hitler, vom Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann oder dem früheren Frankfurter Zoodirektor Bernhard Grzimek. Zu ihm fielen dem Kabarettisten einige überraschende Kreuzungsvorschläge ein: Waschbär mit Tarantel ergibt eine Wäschespinne und Kuh mit Stachelschwein einen Käseigel. Schließlich kam er auch noch auf das Thema Werbung, auf das HB-Männchen und Clementine, Lenor und das gute Gewissen, und als er sein Publikum testete, konnte es ihm viele der früheren Werbeslogans nicht nur zuordnen, sondern auch spontan ergänzen. Bei Kant und seinem kategorischen Imperativ gelang das nicht ganz – aber beinahe. „Der gebürtige Freiburger macht seit 1985 Kabarett. Dass er bis heute einer der ausdauerndsten, sprachgewandtesten und komischsten Analytiker hierzulande ist, zeigt sich bei der Premiere seines Programms ‚Endlich 50!’ ... Während zweieinhalb Stunden bietet Reis allein in den ersten zehn Minuten mehr Pointen, als andere an einem ganzen Abend“, so schrieb der Kritiker des Hamburger Abendblattes über Thomas Reis. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Ein wahres Pointen-Feuerwerk brannte der Kabarettist Thomas Reis bei seinem Auftritt in den Kronberger Lichtspielen ab.

Foto: Wittkopf



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