Viel Schnee, allerl-Ei Kreatives und Poesie zum „Kronberger Frühling“

Im Terracottasaal der Burg konnte bei der Osterausstellung „Poesie und Ei“ auch einigen Eierkünstlern bei der Arbeit über die Schulter geschaut werden. Rechts im Bild, Annegret Haake beim Eier färben und verzieren. Fotos: Westenberger

Kronberg (mw) – Der vom starken Ostwind herumwirbelnde Schnee vom Wohnzimmerfenster aus beobachtet, darin die auf den dunklen Ästen sich orange-leuchtend aufplusternden Rotkehlchen – malte am vergangenen Wochenende ein poetisches Bild, das sich für die Erinnerung an einen Wintertag im Poesiealbum sicherlich gut geeignet hätte. Den Schnee allerdings auf den Wangen im Gesicht zu spüren, war nach den nur kurz aufflammenden Frühlingstemperaturen der vorausgegangenen Tagen einfach nur eine eiskalte Angelegenheit. Doch die Kronberger Einzelhändler machten für die Besucher vom „Kronberger Frühling“, des ersten verkaufsoffenen Sonntags in diesem Jahr, das Beste aus der Situation, – was blieb ihnen auch anderes übrig –, und luden die Besucherinnen und Besucher aus nah und fern in ihre „warmen guten Stuben“ ein.

Genauso hatte es schon Martha Ried, Vorstandssprecherin von Burgverein und Stiftung Burg Kronberg, zur Burgsaisoneröffnung mit der traditionellen Ostereierausstellung gehalten. Auch wenn am Samstag auf der Burg noch kein Schnee lag, der Ostwind fegte auch hier schon über das Burggemäuer, sodass die Burgaktiven gut daran getan hatten, die feierliche Eröffnung der Saison am Samstagvormittag vom Burghof in den Terracottasaal zu verlegen. Die Leiterin des katholischen Kinderchores St. Vitus, Elsbeth Raczek, die gemeinsam mit ihren kleinen Sängerinnen und Sängern und Flötenkindern den Burghügel erklommen hatte, stelle auch kurzfristig das Liedprogramm etwas um. „Ich habe mich aber doch dagegen entschieden, dass wir heute Schneeflöckchen, Weißröckchen singen“, sagte sie augenzwinkernd. Frühlingslieder ließen die Kinder aber auch nicht erschallen, sondern sangen inbrünstig: „Stubs der kleine Osterhase, fiel andauernd auf die Nase.“ Danach lud sie das zahlreich zur Eröffnung erschienene Publikum im Terracottasaal zum Tanze zu „Schwesterlein komm tanz mit mir“ ein.

Das altbewährte Organisationsteam mit Annegret Haake an der Spitze hat sich auch für Ostern 2018 wieder ein wunderschönes Oster-Thema ausgedacht – neben der vielfältigen Ei-Kunst mit bemalten, mit Perlen verzierten, perforierten, und gebatikten Eiern, die es bis Ostern zu den Öffnungszeiten der Burg dort zu bestaunen und zu erwerben gibt.

„Ei und Poesie“, so lautet nämlich der Ausstellungstitel und wer sich Zeit und Muße nimmt, kann dort bis Ostern eine Zeitreise durch Poesiealben unternehmen. Allerdings lässt sich in der Sammlung nicht einfach blättern, denn die Alben haben ein ehrwürdiges Alter. Deshalb sind die sehr persönlichen Erinnerungsstücke auch ein Stück Zeitgeschichte zugleich. So hat ein Soldat um 1918 in Zeichnungen die Kriegszustände als Bilder karikiert, genauso wie es Poesie-Einträge von Kindern aus der Hitlerzeit dessen starke Beeinflussung dokumentieren. Am schönsten anzusehen sind jedoch die mit wahrer Akribie gesetzten Nadelstiche, die Blütenbilder und Ranken ergeben. Die auf das Papier gestickten Motive sind nur aus nächster Nähe als Stickerei zu identifizieren, so fein gearbeitet sind sie. Für die Kunsthandwerker auf der Burg, die selbst um die Geduld wissen, die es schon braucht, ein Ei mit einem Motiv zu bemalen, eine kleine, aber beeindruckende Schau, zu der die Burgaktiven gerne und bereitwillig vor Ort noch mehr verraten. Beispielsweise, wie Simon von der Lippe sich auf dem Reichstag in Regensburg 1594 86 Unterschriften in seinem persönlichen Buch sammelte – darunter schließlich auch die Unterschrift des Burggrafen Johann Eberhard von Kronberg.

Alle Poesiealben, die in den Vitrinen ausliege oder aus denen Fotos für die Ausstellung angefertigt wurden, stammen aus der Privatsammlung der Kelkheimerin Marianne Baumann.

Einfallsreichtum

Was den „Kronberger Frühling“ in der Stadt betrifft, zeigten sich die Einzelhändler ob des hereinbrechenden Winters äußerst kreativ. Anja Mangold von der TeeStube schickte kurzerhand ihr Patenkind mit Gutscheinen auf eine Tasse Tee in ihr liebevoll dekoriertes Lädchen in der Posthauspassage. Die Becher „tea to go“ gab es inklusive. Ihr Geschäft blieb nach dieser Einladung auch nicht lange leer, denn Aufwärmen tat früher oder später Not. Trotzdem: Ein wenig Enttäuschung machte sich am frühen Nachmittag bei den meisten Einzelhändlern und auch auf den Gesichtern der Altstadtkreisaktiven schon breit. Selbst im warmen gemütlichen Café des Altstadtkreises hinter dem liebevoll österlich geschmückten Schirnbrunnen wollten nicht so viele Kuchen über die Theke gehen wie gewöhnlich. „Es fehlen eben die Besucher, die bei schönem Frühlingswetter gerne einen Spaziergang durch Kronberg unternommen haben und sich oftmals dann bei uns mit Sonntagskuchen eingedeckt haben“,

so das Verkaufsteam. Das Inhaberinnenduo vom Schaukelpferd drehte kurzerhand die Musik auf – heiße kubanische Rhythmen – damit die wenigen Besucher ihren Spielzeugladen auch fanden. Im Hof allerdings sah es nach Hüttenzauber aus: Vor dem verschneiten Altstadthäuschen parkten Holzschlitten und es roch nach heißem Apfelwein. Dirk Sackis von der Kronberger Bücherstube hatte es sich auch nicht nehmen lassen, die Osterhasen auf einen Adventskranz zu platzieren und wer weiß, ob in der Erzgebirgischen Volkskunst in der Pferdstraße an diesem Tag mehr Osterhäschen oder doch die Nikoläuse eingepackt wurden? Familie Klinger blieb jedenfalls mit ihren Osterkuchen lieber drinnen genauso wie die galerie des fleurs mit ihren Frühlingsboten: die hätten sich ansonsten auch allzu schnell in Eisblumen verwandelt. Noch neu in der Stadt und an diesem Tag der Renner überhaupt: die Produktionsstätte (direkt neben dem Hellhof in der Königsteiner Straße gelegen) mit auf der Zunge zerschmelzenden herzhaften und süßen Tartes. „Gegen die klirrende Kälte empfehlen wir Quiche“, stand auf einer Tafel geschrieben. Und die muss man einfach weiterempfehlen: ob Tarte mit provenzalischen Kräutern, orientalisch mit Kichererbsen und Orangenblütenwasser, oder mit Tapenade, Zwiebeln und Sardellen. Einfach köstlich, was Dan Schweizer mit seinem Team dort frisch produziert und für den Verkauf anbietet.

Aber trotz der vielfältigen Gaumenfreuden und des Einfallsreichtums der Geschäftsinhaber – einige Gäste, so zumindest ein Grüppchen aus Frankfurt – waren enttäuscht vom „knappen Angebot“ – auch auf der Burg. Und sie zeigten kein Verständnis dafür, dass dort oben auf dem Burghügel an einem verkaufsoffenen Sonntag 4 Euro zu berappen waren. Die mitwirkenden Einzelhändler, auch das keine Neuigkeit, aber gebetsmühlenartig zu wiederholen, bemerkten, dass sie es „nicht besonders solidarisch“ finden, dass wieder einige Geschäfte in der Stadt am verkaufsoffenen Sonntag nicht mitgemacht hatten. In Zeiten des boomenden Internetgeschäfts, wo viele um ihre Existenz fürchten müssen und für die Außenwirkung der gesamten Stadt an einem solchen Tag natürlich ein echter Wermutstropfen.

Weitere Artikelbilder



X