Weckruf des Naturschutzbeirats des HTK zum Weltbodentag

Hochtaunuskreis. – Die Mitglieder des Naturschutzbeirates des Hochtaunuskreises sind sich dessen bewusst, dass sie lediglich beratende Funktion haben. Ihr Votum hat für den Kreistag oder die Untere Naturschutzbehörde keine bindende Wirkung. Der Naturschutzbeirat sieht jedoch den rasanten Flächenverbrauch und den Verlust an Böden im Kreis mit größter Sorge. Dieser öffentliche Aufruf des Naturschutzbeirates soll ein Weckruf für alle Handelnden darstellen, den Umgang mit der Ressource Boden auf den Prüfstand zu stellen. Wenn andere Naturschutzbeiräte sich diesem Weckruf in ihren Landkreisen anschließen, könnte auf Landesebene ein Umdenken eingeleitet werden, wie bereits heute schon von der Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie (aber auch von der Hessischen Landesregierung) gefordert.

Dies betrifft insbesondere die Bautätigkeit im Hochtaunuskreis, also die Ausweisung neuer Bauflächen, die Gestaltung von Bebauungsplänen und die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen. Folgender Weckruf wird von allen Mitgliedern des Naturschutzbeirates des Hochtaunuskreises getragen:

• Der Naturschutzbeirat des Hochtaunuskreises befasst sich in jeder monatlich stattfindenden Sitzung mit Bebauungsplänen aus dem gesamten Kreisgebiet. Meistens sind sich alle Mitglieder einig, kritische Stellungnahmen zum Bodenverbrauch abzugeben. Diese – die Bodenneuversiegelung ablehnenden Stellungnahmen – werden jedoch in den Kommunen allzu häufig lediglich zur Kenntnis genommen. Zu selten wird ein Bauvorhaben durch diese deutlich kritischen Stellungnahmen geändert oder abgemildert. Der sparsame Umgang mit Boden wird zwar vom Gesetz verlangt – die Realität sieht jedoch leider oftmals ganz anders aus.

• Die Vorgaben des Baugesetzbuches für Bauvorhaben sind klar definiert: Im Umweltbericht der Planung muss eine Prognose über die Entwicklung des Umweltzustands bei Durchführung der Planung enthalten sein. Darin müssen die möglichen erheblichen Auswirkungen auf die „Nutzung natürlicher Ressourcen, insbesondere Fläche, Boden, Wasser, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ beschrieben werden. Die Bundesregierung schreibt in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2016: „Fläche ist eine begrenzte Ressource. Um ihre Nutzung konkurrieren beispielsweise Land- und Forstwirtschaft, Siedlung und Verkehr, Naturschutz, Rohstoffabbau und Energieerzeugung. Die Inanspruchnahme zusätzlicher Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke soll bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag begrenzt werden.“ „Das Erreichen des 30-Hektar Ziels – ist in erster Linie eine Aufgabe der Länder und Kommunen.“ (S. 159). Das Ziel und die Intention des Indikators 11.1.a: „Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche – Flächeninanspruchnahme – Nachhaltige Flächennutzung“ ist es, den Flächenverbrauch zu stoppen. Ein weiterer Indikator, Freiraumverlust (11.1.b/c), hat das Ziel „Freiraumflächen für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, als Kultur- oder Naturlandschaften sowie als Erholungsräume“ zu erhalten! Unter Punkt 15 ihrer Nachhaltigkeitsstrategie hat sich die Bundesregierung zudem dem „Schutz und nachhaltige Nutzung der Ressource Boden“ und dem „Schutz und nachhaltige Nutzung der Ressource Land“ verschrieben.

• Die Mitglieder des Naturschutzbeirats des Hochtaunuskreises rufen alle Kommunal- und Kreispolitiker dazu auf, den Umgang mit der wertvollen Ressource „Fläche und damit Boden“ zu überdenken. Boden ist ein endliches natürlich gewachsenes Gut; einmal versiegelt ist seine Fruchtbarkeit unwiederbringlich verloren. Fruchtbaren Boden zu besitzen, bedeutete einst Reichtum und Wohlstand, heute wird dieser Wert leider gar nicht mehr geschätzt.

• Der Naturschutzbeirat des Hochtaunuskreises bittet die Politik und die Verwaltung, die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung als Grundlage für ihr Handeln heranzuziehen und auch im Hochtaunuskreis und in den einzelnen Städten und Gemeinden auch umzusetzen.

• Agrarland, Grünland, Wälder und andere unversiegelten Flächen im Ballungsraum Rhein-Main dürfen nur im äußersten Notfall und sehr restriktiv zur Bebauung freigegeben werden.

• In den Ortskernen der Kommunen kommt es in älteren Wohngebäuden häufig zu Leerständen. Diese Wohnmöglichkeiten müssen attraktiver gestaltet werden, dass sie auch für junge Familien interessant sind. In Gebieten außerhalb des Hochtaunuskreises – vor allem in Nordhessen – kommt es vermehrt zu Leerständen. Die Politik ist gefordert, in Gebieten mit Landflucht die Arbeitsmöglichkeiten zum Beispiel durch Anreize zur Ansiedelung von Betrieben zu verbessern und vor allem durch ein schnelles Internet der Bevölkerung Anreize zum Verbleiben zu geben. Hier ist ein Denken und Planen über Kreisgrenzen hinaus gefordert. Es müssen zwingend Alternativen zur Neuversiegelung wertvoller Böden im Außenbereich gefunden werden: Priorität muss die Umwandlung von bereits versiegelten Flächen für Wohnungsbau im Innenbereich haben. Innen vor Außen!

Die hohe Bedeutung von Agrarland, Grünland, Wäldern und anderen unversiegelten Flächen gerade im Ballungsraum Rhein-Main muss anerkannt werden. Diesen Flächen muss ein entsprechender Schutz zukommen.

• Die Bevölkerung muss durch gezielte Informations- und Bildungskampagnen

- über den Wert des Bodens,

- über die Tätigkeit von Landwirten und Förstern,

- über die wirtschaftliche Bedeutung des intakten Lebensraums Boden

aufgeklärt werden.

Der Naturschutzbeirat wird sich mit den Mitgliedsverbänden gerne an solchen Kampagnen beteiligen.



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