Zähne retten statt ersetzen – 70 SOS-Boxen an markanten Orten

Der Projektleiter von „Zahnunfall.de“, Jörg Knieper, Bürgermeister Klaus Temmen, Heinrich Mager (Vorstand BKK Braun Gillette) und Zoodirektor Dr. Thomas Kauffels mit der lila Zahnrettungsbox, die neben der Lösung auch Info-Material enthält. Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Bei Kindern im Vorschul- und Schulalter sind ausgeschlagene oder abgebrochene Zähne nach einer Rauferei oder durch Sturz auf dem Schulhof, auf Spielplätzen, beim Sport oder im Schwimmbad keine Seltenheit und selbstredend erwischt es in solchen Fällen statt der Milchzähne meist die bleibenden Zähne. Durch anschließendes unbesonnenes Handeln drohen lebenslange Folgekosten für die Betroffenen sowie die gesetzlichen aber auch privaten Leistungsträger im Gesundheitswesen.

„Leider ist die Information in der Bevölkerung und insbesondere bei Eltern, dass ausgeschlagene Zähne durchaus gerettet und mit guten Heilungsaussichten reimplantiert werden können, nur unzureichend oder überhaupt nicht bekannt“, unterstrich jüngst Axel Thorn, Leiter Kommunikation bei BKK Braun-Gillette als einer der Teilnehmer eines gemeinsamen Pressegesprächs der Stadt Kronberg und der ortsansässigen Krankenkasse, die in diesem Jahr auf ihr 60-jähriges Bestehen blickt und dies zum Anlass nimmt, ihre regionale Verbundenheit mit den Kronberger Bürgern und insbesondere mit Familien mit Kindern in nachhaltiger Weise zu unterstreichen.

Flächendeckendes Zahnrettungskonzept

Aus diesem Grund werden in diesen Tagen im Zuge des bundesweiten Tags der Zahngesundheit, der am 25. September begangen wurde, zur Einführung eines flächendeckenden Zahnrettungskonzeptes rund 70 Einrichtungen innerhalb des Stadtgebietes wie Kindertagesstätten, Schulen, Sporteinrichtungen, Tankstellen, das Schwimmbad sowie beispielsweise auch der Opel-Zoo mit sogenannten SOS-Zahnrettungsboxen ausgestattet. Damit seien, so die Projektpartner, 99 Prozent der potenziellen Orte, an denen Zahnunfälle von Kindern passieren können, abgedeckt. Die Finanzierung der gemeinsamen Aktion übernimmt die Betriebskrankenkasse Braun-Gillette. „Der Einsatz der Zahnrettungsbox ermöglicht es, ausgeschlagene Zähne wieder einzusetzen. Das erspart viele weitere Zahnarztbesuche und Folgeschäden“, erklärte Vorstand Heinrich Mager. Seinen Worten zufolge ereignen sich pro Jahr bundesweit rund 60.000 Zahnunfälle mit Folgekosten von 400 Millionen Euro. Es sei an der Zeit, die Bevölkerung entsprechend zu sensibilisieren und zuinformieren.

Kronbergs Bürgermeister Klaus Temmen ergänzte: „Ein abgebrochener, kaputter oder künstlicher Zahn erinnert noch Jahre später an den Kindheitsunfall. Wir wollen mit der Aktion dazu beitragen, möglichst viele Kinderzähne zu retten.“ Die Box kann im Übrigen auch bei Zahnunfällen von Erwachsenen genutzt werden.

„Ausgeschlagene Zähne oder abgebrochene Zahnfragmente dürfen nicht austrocknen. In der speziellen Zellnährlösung kann das Gewebe auf der Zahnwurzel bis zu 24 bis 48 Stunden bei Zimmertemperatur vital erhalten werden. Damit werden gute Voraussetzungen für den Zahnarzt bei der anstehenden zahnärztlichen Erstversorgung geschaffen“, betonte Jörg Knieper, Projektleiter von „Zahnunfall24.de“. Einige andere alternative Lagerungsmethoden verlangsamten den Gewebetod zwar, verhindern ihn aber nicht. Sie könnten daher notfalls nur als Zwischenlösung für eine sehr begrenzte Zeit dienen. So würden isotonische Kochsalzlösungen maximal 30 Minuten, die Lagerung in H-Milch maximal zwei Stunden, helfen.

Standort-Suche

Finden können Betroffene den nächsten Standort einer SOS-Zahnrettungsbox rund um die Uhr unter der Internetadresse www.zahnunfall24.de, die Suchfunktion funktioniert auch per Smartphone und Tablets. Derzeit sind bereits 2.600 Datensätze im Bundesland Hessen online. Bei einer Freigabe des eigenen Standorts erfolgt eine Anzeige der zehn nächstgelegenen Standorte von Zahnrettungsboxen. Alternativ kann der gewünschte Ort auch manuell eingeben werden.

Gewappnet für Ernstfälle

Bürgermeister Klaus Temmen bedankte sich für das Engagement: „Im Ernstfall kann nun ganz schnell Hilfe geleistet werden.“ Auch die Leiterin des Fachreferats Kind und Familie, Angelika Hartmann, lobte das Konzept. „Unserer Erfahrung nach kommen Zahnunfälle in Kindertagesstätten oder Kindergärten alle zehn Jahre vor und es sind tatsächlich fast immer die bleibenden Zähne betroffen. Umso beruhigender ist es, nun über entsprechende Sofortmaßnahmen zu verfügen.“ Der Direktor des Opel-Zoos, Dr. Thomas Kauffels, hatte ebenfalls nicht gezögert, als er von der Aktion hörte: „Uns besuchen im Jahr rund 240.000 Kinder, wir sind uns der Gefahr durchaus bewusst, dass jederzeit ein Zahnunfall passieren kann.“ Die Zahnrettungsbox der Freizeiteinrichtung wird, so Kauffels, an der Hauptkasse deponiert. „Wir werden die Standorte sicherlich auch in unserem virtuellen Stadtplan, der in Bearbeitung ist, aufnehmen“, kündigte der städtische Pressesprecher Andreas Bloching an.

Wie die Ansprechpartner ausdrücklich heraushoben, wird die Krankenversicherung ihre Tätigkeit mitnichten auf die Auslieferung der 70 Boxen beschränken, sondern darüber hinaus sowohl für den Ersatz einer eingesetzten Box binnen 72 Stunden Sorge tragen als auch für den Austausch nicht benutzter Boxen nach Ablauf der dreijährigen Haltbarkeit. Ob die Nährlösung noch verwendbar ist, lässt sich an deren Farbe erkennen: Bei Rosa ist alles okay; liegt eine Gelbfärbung vor, darf die Lösung nicht mehr benutzt werden.

Die von der Krankenversicherung zur Verfügung gestellten Zahnrettungsboxen sollen im Laufe dieses Monats im Stadtgebiet verteilt sein. Grundsätzlich sind die SOS-Zahnrettungsboxen in allen Apotheken in Deutschland, einigen Zahnarztpraxen und online-Shops erhältlich.



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