Mit zwölf Metern Nesselstoff fing alles an: Land Art-Ausstellung „Portal“ von Jutta Briehn auf der Burg

Mauern auf der Wäscheleine Fotos: privat

Kronberg (kb) – Vier Jahre liegt sie zurück, die „Burg ARTextil“. Wir erinnern uns noch lebhaft an die Weiße Frau, die im Baum hing, die Ameisen auf der Burgmauer zwischen Fünfeckturm und Eibenhain, die über Kopf hängenden Häuser, die Mauerblümchen – alles textile Kunstwerke, die Jutta Briehn und ihre Künstler-Freundinnen der Art Quilt Gruppe Glashaus für die Burg angefertigt und dort während mehrerer Monate installiert hatten. Künstlern und Besuchern hatte diese Ausstellung gleichermaßen Freude bereitet, und Jutta Briehn wurde oft gefragt, wann es denn wieder etwas so Schönes gäbe. Jutta Briehn liebt die Burg, ist immer wieder von ihr fasziniert und inspiriert. So wuchs seit über einem Jahr der Wunsch, noch einmal ein richtig großes Kunstwerk für diesen besonderen Ort zu schaffen. Doch was könnte dies sein?

Wie so häufig im Leben, kommt nun Meister Zufall ins Spiel. Ein Freund erzählte von einer Reise nach Palermo, wo ihn eine textile Wandinstallation sehr beeindruckt hatte. Nun ergab es sich, dass Briehns ohnehin auf eine Sizilienreise gingen. Was lag näher, als sich diese Installation anzuschauen? Die Künstlerin war von dem Exponat begeistert und hatte auch sofort die Burg vor Augen. Die Mauer zwischen Kapelle und Prinzenturm wäre die geeignete Fläche für ein solches Werk. So reifte die Idee in den Wintermonaten 2017/18 heran. Eine textile Mauer sollte es werden, mit einem imaginären Tor, das dem vorhandenen Tor zum Prinzengarten entspräche. Darüber die Giebelleiste der Mauer, deren Zierelemente sich in dem textilen Werk spiegeln könnten. Gedacht – getan! Je mehr das Projekt in Gedanken Gestalt annahm, desto entschlossener der Wunsch, es auch umzusetzen. Doch hatte die Künstlerin die Ausmaße des Werks ziemlich unterschätzt. Als das Wetter es endlich zuließ, vor Ort Maß zu nehmen, kam man auf stolze fünf Meter Höhe und zwölf Meter Breite. 60 Quadratmeter reine Fläche – wie wäre das zu bewerkstelligen? Dazu noch die Applikationen von weiteren 40 bis 50 Quadratmetern? Das würde eine echte Herausforderung allein vom Platz her – wer das Briehn‘sche Altstadtdhaus kennt, weiß warum. Doch die Idee war schon zu weit gereift, um Jutta Briehn jetzt noch aufzuhalten. Sie begann damit, lange Bahnen weißen Nesselstoffs einzufärben, sie mit einer Stempelschablone in Mauerwerk zu verwandeln, die Bahnen zusammenzunähen. Die Applikationen entstanden in Feinarbeit, sollten doch vor allem die runden Elemente ein Hingucker werden. Da dürfen schon mal Akzente mit goldener Farbe gesetzt werden. Das Material für das Kunstwerk kam zum Teil aus den Vorräten der befreundeten Textilkünstlerinnen, zum Teil musste Jutta Briehn dazukaufen, um die gewünschte Illusion erzeugen zu können.

Nun steht das textile Arrangement „Portal“ kurz vor der Vollendung. Als letzte wird sich die Frage der Befestigung vor Ort auch noch lösen lassen. Die Installation soll mindestens bis zum Ende der Burgsaison hängen bleiben, da darf es der erste Windhauch nicht gleich davontragen. Als echtes Land Art-Objekt ist „Portal“ ein Sinnbild des Lebens, unserer eigenen Vergänglichkeit. Es wird Sonne, Wind und Wetter ausgesetzt sein. Es wird verwittern, Fotos werden diesen Prozess festhalten. Das Kunstwerk selbst ist einmalig, es ist nicht von Dauer und ohne kommerziellen Wert. Es wird vergehen, allein in unserer Erinnerung als etwas Wunderschönes verweilen.

Während der Arbeit an der Installation durchwanderte die Künstlerin alle Gemütsverfassungen. War sie die ersten Wochen von Euphorie getragen, stagnierte die Arbeit irgendwann, machte sich Frust breit ob der schieren Größe des Näh-Objekts und der damit verbundenen physischen Anstrengungen. Doch nach und nach wurde erkennbar, was bisher nur als Idee und Skizze vorlag. Das Kunstwerk nahm Gestalt an, und die Energie kam zurück. Nun ist Jutta Briehn voller Vorfreude auf „den Tag“. Am Sonntag dem 3. Juni 2018 um 11 Uhr wird es so weit sein – PORTAL wird eröffnet. Die Künstlerin lädt alle Freunde der Burg und der LandArt ein, mit ihr gemeinsam bei einem Glas „Hartmut“ und Musik des Duos Saxodeon dieses Ereignis zu feiern. Und danach ganz oft wiederzukommen, um die Veränderungen zu beobachten.

Portal Skizze

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