Enkaustik-Malerei im Altkönig-Stift fasziniert durch Leuchtkraft

Die aus Montevideo stammende Künstlerin Elena Etzel stellt derzeit ihre in der ungewöhnlichen Technik Enkaustik hergestellten Gemälde im Altkönig-Stift aus.

Foto: Wittkopf

Oberhöchstadt (pf) – Ihr Arbeitswerkzeug sieht aus wie ein kleines Reisebügeleisen. Doch mit der heißen Fläche glättet sie weder Blusen noch andere Wäschestücke. Sie benutzt sie vielmehr zum Schmelzen von in Wachs gelösten Farben, die sie anschließend auf einen Maluntergrund aufträgt. Enkaustik, Heißwachsmalerei heißt diese Technik. Ihr hat sich die Künstlerin Elena Etzel verschrieben, die derzeit ihre Bilder im Altkönig-Stift ausstellt. Blumen und Landschaften sind es vor allem, die sie mit nach Kronberg gebracht hat. Aber sie kann mit ihrem Maleisen auch verblüffend ähnliche Porträts von Tieren und Menschen oder abstrakte Gemälde von strahlender Leuchtkraft anfertigen. Enkaustik ist eine über 3000 Jahre alte künstlerische Technik, die schon im alten Ägypten für Wandmalereien, etwa in der Grabkammer von Tutanchamun, und für die Büste der Nofretete verwendet wurde, die zwischen 1353 und 1336 vor unserer Zeitrechnung entstand. Das Wachs, in dem die Farbpigmente gebunden sind, die uns bis heute begeistern, ist nach einer Analyse rund 3350 Jahre alt. Im Altertum war Enkaustik-Malerei sehr begehrt und wurde teuer bezahlt. Der römische Kaiser Tiberius soll für ein Bildnis sechs Millionen Sesterzen, umgerechnet über vier Millionen Euro bezahlt haben, Cäsar für das Gemälde eines byzantinischen Künstlers umgerechnet eine Million Euro. In der Spätantike geriet die Enkaustik in Vergessenheit. Ganz verschwunden ist sie aber nie. So hat der französische König Ludwig I. eine Bildreihe zu den Landschaften Griechenlands bei einem Künstler in Auftrag gegeben, der diese Technik anwendete.

Und auch Goethe lernte sie bei einer seiner Italienreisen in Rom kennen und nutzte sie ebenfalls. 1935 schlossen sich etwa 30 Maler aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz zur Münchner Enkaustik-Gilde zusammen und entwickelten die Maltechnik weiter. Dabei erwies sich die Elektrizität als große Hilfe, denn im Altertum mussten die Künstler die in Wachs gelösten Farbpigmente umständlich über glühender Kohle oder Kohlebecken flüssig machen, um sie benutzen zu können. Mit den heutigen elektrischen Geräten wie dem Maleisen ist das sehr viel einfacher, wie Elena Etzel bei der Ausstellungseröffnung im Altkönig-Stift zur Freude der Vernissagebesucher demonstrierte. In Montevideo, der Hauptstadt Uruguays, erblickt die Künstlerin 1952 das Licht der Welt. Ihre Vorfahren stammen aus Ostpreußen. Ihr Großvater, ein Architekt, wandert seinerzeit nach Südamerika aus. Ihr Vater, ein Maschinenbauer, lernte dort ihre Mutter kennen, die spanische Wurzeln hat. Sie begleitete jetzt ihre Tochter nach Kronberg, wo ihre Tante seit einigen Jahren im Altkönig-Stift lebt. 1978 kehrte die Familie wieder nach Deutschland zurück und lebt seitdem in Baden-Württemberg, in Taiflingen auf der Schwäbischen Alb, dem mit etwas über 11 000 Einwohnern zweitgrößten Stadtteil der Großen Kreisstadt Albstadt. Vielleicht hat sie vom Vater ihr künstlerisches Talent geerbt, denn er konnte, wie sie erzählte, nicht nur alles reparieren, er malte auch gerne. Sie selbst habe auch als Kind schon gerne und viel gemalt. Ihr erstes Kunstwerk sei eine Lippenstiftmalerei an den Wänden ihres Elternhauses gewesen. Ob ihre Eltern es ebenso schön fanden wie sie selbst, hat sie allerdings nicht erzählt. Mit der Enkaustik-Malerei machte Elena Etzel das erste Mal in einem Baumarkt Bekanntschaft. Dort entdeckte sie eine Frau, die mit dieser ungewöhnlichen Technik Bilder und Postkarten herstellte – und war sofort fasziniert. Sie besorgte sich alle erforderlichen Malutensilien, Gerätschaften und Farben und begann mit der Arbeit. Seitdem hat sie die Enkaustik-Malerei nicht mehr losgelassen. In Kursen in der Enkaustik Akademie in Weilheim an der Teck hat sie sich weiter ausbilden lassen und inzwischen in zahlreichen Ausstellungen ihre Bilder präsentiert. Mit großem Erfolg, denn sie wurde schon mit vielen Preisen, Ehrenplaketten, Urkunden und vor zwei Jahren mit dem Euro-Sonderpokal des Europäischen Kulturkreises und der Galerie „Kleiner Prinz“ in Baden-Baden ausgezeichnet. Ihre Gemälde, die durch ihre Leuchtkraft und Farbigkeit faszinieren, sind noch bis zum 22. September täglich im Ausstellungsgang des Altkönig-Stifts zu sehen, ihre Malgeräte und ihre Auszeichnungen in den dort stehenden Vitrinen zu bewundern.



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