Fichtegickels Otello: Wein, Weib, Gesang und jede Menge Konfusion

Otello steht Kopf bei so viel weiblichem Temperament. Fotos: A. Puck

Oberhöchstadt (pu) – Fichtegickelshausen steht Kopf! Der für seine Vorliebe für Chianti-Wein und Weib bekannte Opernstar Mario Paletti (Ulrich Heinecke) hat sich für einen Auftritt als Verdis Otello in der ausverkauften Frankfurter Oper angesagt. Selbstredend soll es dem hochkarätigem Gast während seines Aufenthaltes einerseits nicht an Betreuung und Fürsorge fehlen, andererseits haben Opernleiter Eduard von Küken (Norbert Jäger) und sein Assistent Willi Eiermann (Andreas Risse) einen Masterplan entwickelt, damit der hochbezahlte Künstler auch zu Proben und Konzert erscheint: „Alkohol und Weiber sind tabu!“

Soweit die schnöde Theorie! Noch während die letzten Vorbereitungen für Palettis Ankunft laufen, offenbaren sich dem Publikum der jüngsten Theateraufführung der „Fichtegickel“ im Haus Altkönig rasch unterschiedlichste an den Besuch geknüpfte Erwartungshaltungen samt eigener Interessen.

Ergo werden direkt nach verspätetem Eintreffen des heiß ersehnten Gastes nicht nur zielbewusst die üppigen hessischen Dekolltees mit französischer Haute Couture und Negligé werbewirksam in Szene gesetzt, auch Herren der Schöpfung wollen partizipieren. Und schon tauchen quasi hinter jeder Tür Probleme und Überraschungen auf, plötzlich geht es zu wie im Taubenschlag.

Auf der Suche nach dem „Schnackel“-Erlebnis ist etwa Kükens Tochter Melanie (Melanie Rogwalder) wild entschlossen, den in Verona im „Lendenschurz und in Schweiß gebadeten“ Musik-Bühnenhelden seiner temperamentvollen eifersüchtigen Frau Tina (Carolin Pfitzner) auszuspannen. Ihrem Möchtegern-Verlobten und Amateursänger Robert (Steffen Schmidt), der Wind von der Sache kriegt, gibt sie deutlich ihre gegensätzlichen Auffassungen von Abenteuer und Romantik zu verstehen. „Es hat nichts mit Romantik zu tun, wenn du bei der gemeinsamen Bootsfahrt am Museumsufer bereits die Ruder am Eisernen Steg verlierst!“

Doch mit ihrem Anbändel-Wunsch darf sich Melanie prompt in der Warteschlange einreihen. Ebenfalls sämtliche Register ziehend melden Juliane, die Vorsitzende der Operngilde (Birgit Kühn) und die französische Opernsängerin Sabrina (Anneliese Hecking) nicht minder beharrlich ihre „Amore“-Absichten an, von dem schwulen Hotel-Pagen Claus-Dieter (Jörg Kouth) mal ganz abgesehen: „Hans-Dieter ist zur Stelle, ihr Mann für alle Fälle!“

Über derlei Balz-Gehabe kann von Küken nur den Kopf schütteln. „Ich komme langsam in ein Alter, in dem ich froh bin, wenn Frauen auch mal ‚Nein‘ sagen!“ Während Eiermann und er alle Hände zu tun haben, getreu Merkels Vorgabe „wir schaffen das!“, Blähungen, verdorbene Krabben-Mayonaise, drei „Einer geht noch, einer geht noch nei“ lallende Orchestersolisten und weitere Pannen in den Griff zu kriegen, fliegen hinter ihrem Rücken die Pullen mit Wein und Schampus. Konfusion ist vorprogrammiert und schließlich tritt, bedingt durch Unpässlichkeit, der absolute Nofall ein und auf einmal scheint es Otello in seinem Kostüm in doppelter Ausführung zu geben ….

Auf den ersten Blick scheint im Oberhöchstädter Theaterherbst alles zu laufen wie in gewohnter Manier: Die Theatergruppe „Die Fichtegickel“ präsentiert seit letztem Freitagabend im Haus Altkönig ihr jüngstes Theaterstück „Singt er oder singt er nicht?“, eine von Norbert Jäger bearbeitete Komödie in drei Akten.

Mit dieser Saison schreibt die muntere Truppe ein weiteres erfolgreiches Kapitel in ihrer inzwischen 45-jährigen Theatergeschichte und dennoch wird man, nachdem sich der Vorhang am 5. November gesenkt hat, von einem Einschnitt und einem abgeschlossenen Kapitel sprechen.

Nach den Worten von Viktoria Fuchs, die gemeinsam mit Jörg Kuschel Regie führte, „werden die Fichtegickel auch im kommenden Jahr wieder für Sie da sein“. Im Gegensatz zu bisherigen Produktionen allerdings ohne Urgestein Norbert Jäger. Der sichtlich ergriffene knapp 80-Jährige – siehe auch weiteren Bericht in dieser Ausgabe – dankte Mitstreitern und Publikum „für die vielen Jahre und die wunderschöne Zeit“, für ihn sei jedoch der Zeitpunkt gekommen, der geliebten Bühne den Rücken zu kehren. Er beabsichtigt, lediglich hinter den Kulissen „noch ein bisschen dabei sein.“

So mischte sich in die Freude der Zuschauer über die gelungene Darbietung der Laienschauspieler ein wenig Wehmut.

Minutenlang zollten sie dem scheidenden Charakterdarsteller mit „Standing ovations“ Respekt und Anerkennung. Weitere Vorstellungen sind Samstag, 29. Oktober um 20 Uhr, Sonntag, 30. Oktober um 17 Uhr und Samstag, 5. November wiederum um 20 Uhr. Karten gibt es beim „DeliCasa“ Delikatesslädchen, Limburger Straße 1, Telefonnummer 6011004.

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