„Gute Seele“ der evangelischen Kirchengemeinde „Ohö“ wird 75

Die Jubilarin Nortrud Kühnel Foto: S. Puck

Oberhöchstadt (pu) – Sie gilt auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Kirchenvorstand und weitgehendem Rückzug aus dem Alltagsgeschehen der evangelischen Kirchengemeinde als „gute Seele der Gemeinde“. Sie besticht durch Herzlichkeit, Vitalität sowie Begeisterungsfähigkeit und verliert selbst durch Rückschläge mitnichten ihre Zuversicht: Die Rede ist von der ehemaligen Kirchenvorstands-Vorsitzenden Nortrud Kühnel, die kommenden Dienstag, 29. März, ihren 75. Geburtstag feiert. Alle, die ihr zu diesem Ehrentag gratulieren wollen, sind von 11 bis 13 Uhr in die Kronberger Bücherstube, Friedrich-Ebert-Straße 5, eingeladen.

Anlass genug für einen Blick auf die rührige Jubilarin, die trotz ihrer geringen Körpergröße „ihre“ Gemeinde durch herausragendes Wirken in besonderer Weise geprägt hat und dabei nie in das Rampenlicht drängte. Nachdem Recherchen im Redaktionsarchiv relativ wenig zutage förderten, erklärten sich auf Anfrage spontan einzelne Wegbegleiter bereit, mit Informationen und persönlichen Erlebnissen weiterzuhelfen. Darauf basierend entstand keine gängige detaillierte Biografie, vielmehr eine kurze Rückblende auf den Spuren einer bemerkenswerten Persönlichkeit.

Der Einstieg in die Gemeindearbeit

Schilderungen zufolge weckten Gottesdienstbesuche mit dem eigenen Nachwuchs Nortrud Kühnels Interesse für Gemeindearbeit. Ab 1982 brachte sie ihre Ideen aktiv ein. Drei Jahre später kandidierte sie zum ersten Mal für den Kirchenvorstand, der sich mit grundsätzlichen Fragen zur Entwicklung der Gemeinde, mit Finanzen, Gebäuden und Personal beschäftigt. „Leider damals erfolglos, ich bin aber bald als beratendes Mitglied berufen worden“, konstatierte sie in einer Ausgabe des Gemeindebriefs. Die ihr in besonderer Weise am Herzen liegende Arbeit mit Kindern zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Täigkeit. Mit ihrem Namen verbindet man unter anderem die Entwicklung der Kinder- und Jugendkirche.

Bei der Frage nach ihren Stärken werden neben ihrer auffallenden und wohltuenden Herzlichkeit in erster Linie Einsatzbereitschaft, Einfühlungsvermögen, geistliche Kompetenz und Führungsqualitäten herausgehoben. Die vorübergehende Übernahme des Postens der stellvertretenden Vorsitzenden war demzufolge quasi vorprogrammiert. Ihre gewissenhafte und nachhaltige Arbeitsweise belegt auch eine Begebenheit von 2007. Weil der damalige Pfarrer Jisk Steetskamp, Kraft seines Amtes einer üblichen Regelung der evangelischen Kirchengemeinde entsprechend Vorsitzender des Vorstands, Studienurlaub nahm, musste seine Stellvertreterin dessen Aufgaben für drei Monate zusätzlich übernehmen. Diese Herausforderung meisterte Nortrud Kühnel mit Bravour, was wiederum Steetskamp nach seiner Rückkehr dazu veranlasste, dem Kirchenvorstand vorzuschlagen, dass sie diese Aufgabe auch in Zukunft weiterführt. Nach Neuwahlen des Kirchenvorstandes im November 2009 wurde sie erneut als Vorsitzende vorgeschlagen und gewählt, im Januar 2013 durch Wahl im Amt bestätigt.

Dadurch bedingt verbrachte sie „viele abendliche Stunden mit meinen Kollegen und habe mit ihnen versucht, mitzuhelfen die Geschicke der Gemeinde zu lenken“, skizzierte sie am Ende ihrer Amtszeit im Gemeindebrief. Legendär ihre umfassende Kenntnis von allen Dingen, die mit der Gemeinde und ihren Gebäuden zusammenhängen.

Herausforderungen

Mit Helmut Korth sah Nortrud Kühnel bereits den dritten Geistlichen ins Pfarrhaus einziehen und obwohl ihre Ära von teilweise alles andere als einfachen Weichenstellungen geprägt war in einer Zeit, die vom Wandel der Gesellschaft gerade in Bezug auf den Stellenwert der Kirche gekennzeichnet ist, brach nach dem Weggang von Korths Vorgänger Pfarrer Jisk Steetskamp im September 2013 durch eine einjährige Vakanz eine besonders schwierige und kräftezehrende Phase für sie und ihre Mitstreiter an. An den Nerven zehrte nicht nur die zunächst ergebnislose Stellenausschreibung. Zusätzlich beschäftigten sich Bau- und Finanzausschuss sowie der Kirchenvorstand intensiv mit der Frage nach der Zukunft des in die Jahre gekommenen Pfarrhauses in der Albert-Schweitzer-Straße. Letztendlich scheiterten Abbruch und Neubau an der finanziellen Situation, dafür packten unter Kühnels Federführung Tatkräftige für eine Renovierungsaktion an. Dass Kommunikation und gegenseitige Hilfe in der evangelischen Gemeinde groß geschrieben werden, daran trägt auch die 75-Jährige ihren Anteil. Von zahlreichen Seiten wird ihr darüber hinaus attestiert, sie habe ein Händchen dafür, für jeden die passende Aufgabe zu finden, durch ihr beispielshaftes Engagement auch nachwachsende Generationen motiviert und geprägt.

Neuer Lebensabschnitt

Nach reiflicher Überlegung reichte sie trotz aufkommender Wehmut nach 30 Jahren den Staffelstab weiter. Die würdige Verabschiedung fand am 6. September letzten Jahres im Rahmen eines Gottesdienstes statt.

Seit diesem Zeitpunkt hat die Liebhaberin des Rheingau-Musik-Festivals mehr Raum für klassische Musik, das Schmökern von Krimis und vieles mehr. Eine weitere Leidenschaft gilt seit knapp 30 Jahren „ihrer“ Insel Langeoog, wo sie meist zweimal im Jahr Kraft tankt.

Trotz des neuen Lebensabschnitts ist sie bei scheinbar unlösbaren Fragen und Problemen nach wie vor nicht nur die erste Anlaufstelle, es kann des Weiteren passieren, dass sie ihrem Naturell entsprechend mal eben die Kerzen in der Kirche anzündet oder kurzerhand für das Gemeindebuffet einkauft. In diesem Sinne sind ihr Dank und die besten Glückwünsche für die kommenden Jahre gewiss.



X