„Klassik in Kronberg Förderpreis“ geht an die Geigerin Anna Lee

Raimund Trenkler und Thekla Thiede-Werner zeichneten Samstagabend im Rahmen des Eröffnungskonzerts die Geigerin Anna Lee mit dem „Klassik in Kronberg Förderpreis“ aus.

Foto: Wittkopf

Oberhöchstadt (pf) – „Ein Konzertprogramm zu machen ist schwere Arbeit, aber ein gutes Programm ist wie eine gute Geschichte“, meint Anna Lee. Die junge Geigerin mit südkoreanischen Wurzeln, die seit zwei Jahren an der Kronberg Academy bei Ana Chumachenco studiert, eröffnete Samstagabend gemeinsam mit der japanischen Pianistin Yumiko Urabe im Festsaal des Altkönig-Stifts die neue Saison der Konzertreihe „Klassik in Kronberg“.

Das Programm, das die 21-Jährige für diesen Abend zusammengestellt hatte, begann mit der Sonate Es-Dur für Violine und Klavier op.12 Nr.3 von Ludwig van Beethoven und setzte sich fort mit der Sonate Nr.1 d-Moll op.75 von Camille Saint-Saëns. Zwei Werke von ganz unterschiedlichem Charakter, die aber eines gemeinsam haben: virtuose Passagen, rasende Läufe, aber auch gesanglich-gefühlvolle Momente und reizvolle Klavier-Violin-Dialoge, in denen Anna Lee und Yumiko Urabe die ganze Bandbreite ihres Könnens zeigen konnten.

Die ersten Aufführungen von Saint-Saëns 1885 geschriebener Sonate waren übrigens, wie Musikwissenschaftler wissen, für den Komponisten mehr als ernüchternd, scheiterten doch die Geiger an den virtuosen Anforderungen vor allem des Finales. Heute gehört das Werk trotz oder gerade wegen seiner technischen Herausforderungen zu den beliebtesten Kammermusikwerken des französischen Meisters.

Nach der Pause stand die Verleihung des vom Altkönig-Stift ins Leben gerufenen, mit 3.000 Euro dotierten „Klassik in Kronberg Förderpreises“ auf dem Programm. Ein wichtiger Preis für die Jungen Solisten der Kronberg Academy, betonte Raimund Trenkler, Direktor und künstlerischer Leiter der renommierten Ausbildungsinstitution. Denn die 21 ausgewählten hochbegabten jungen Musiktalente, die in Kronberg den eigens auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Kronberg Academy Masters Studiengang besuchen dürfen, sind schon viel unterwegs, geben Konzerte in vielen der berühmtesten Konzertsäle der Welt. Sie müssen Reisekosten aufbringen und für die kostspielige Pflege und Unterhaltung ihrer oft wertvollen Instrumente aufkommen, die ihnen zumeist von angesehenen Institutionen und Sponsoren zur Verfügung gestellt werden. Anna Lee beispielsweise spielt die ex-Tradoline/es-Liszt Stradivari aus dem Jahr 1706.

Anna Lee, sagte Raimund Trenkler in seiner Laudatio, die an der angesehenen Juilliard School of Music in New York studierte, ehe sie nach Kronberg kam, ist beliebt und geschätzt im Kreis der Jungen Solisten wegen ihrer lebhaften Art und ihrer Neugier auf alles Neue. Sie spielt nicht nur Geige, sondern singt auch, tanzt und interessiert sich für Literatur. Das quirlige Leben in New York, berichtete Trenkler, vermisse sie zwar oft. Doch das überschaubare ruhige Kronberg tue ihr gut, meinte sie selbst. Freudestrahlend bedankte sie sich in ausgezeichnetem Deutsch – eine Sprache, die sie erst in Kronberg erlernte – bei Raimund Trenkler und Stiftsdirektorin Thekla Thiede-Werner, die ihr die geschmackvoll gerahmte Urkunde und den Preis überreichte.

Für den zweiten Konzertteil hatte Anna Lee das Programm leicht abgeändert. Statt des ursprünglich geplanten Werks „Thema und Variation“ von Olivier Messiaen spielte sie eine Sonate für Violine solo des belgischen Komponisten und Geigenvirtuosen Eugène Ysaÿe, danach zwei Lieder von Franz Schubert und zum Schluss, wie im Programm angekündigt, „Introduktion und Fandango“ des spanischen Komponisten Pablo de Sarasate, der zu seiner Zeit ebenfalls ein weltberühmter Geiger war. „Ein virtuoses Stück“, kündigte sie an und wünschte dem Publikum „Viel Spaß dabei!“

Das bedankte sich mit langanhaltendem Applaus bei Anna Lee und ihrer einfühlsam mit ihr musizierenden Klavierpartnerin Yumiko Urabe. Als Zugabe hatten sich die beiden etwas ganz Besonderes ausgedacht: Anna Lee sang, was sie kurze Zeit vorher auf ihrer Geige interpretiert hatte, Franz Schuberts „Ständchen“ aus dem Liederzyklus „Schwanengesang“: „Leise flehen meine Lieder“. Und Raimund Trenkler hatte nicht zu viel versprochen, als er bei der Preisverleihung erzählt hatte, Anna sei auch eine talentierte Sängerin. Davon konnte sich auch das Konzertpublikum im Altkönig-Stift überzeugen.



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