Quartet Berlin-Tokyo bewies überragendes Können

Das „Quartet Berlin-Tokyo“, gerade von einer Japantournee zurückgekehrt, überzeugte das Publikum im Altkönig-Stift mit dem vierten Konzert der Reihe „Klassik in Kronberg“.

Foto: Wittkopf

Oberhöchstadt (pf) – Vier junge Musiker, die mit so großer Begeisterung, Leidenschaft und sichtlicher Freude miteinander musizieren, erlebt man selten. Samstagabend beim vierten Konzert der Reihe „Klassik in Kronberg“ war das „Quartet Berlin-Tokyo“ zu Gast im Festsaal des Altkönig-Stifts. Ein noch junges Ensemble, das sich erst 2011 aus Studierenden der beiden Berliner Musikhochschulen gründete, das aber schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde und in vielen namhaften Konzertsälen Europas und Asiens auftritt. Es ist auf dem besten Weg, zu einem der führenden Quartette weltweit zu werden, meinte Mario Liepe, Direktor von Dr. Hoch‘s Konservatorium Frankfurt und künstlerischer Leiter der Konzertreihe in seinen einführenden Worten. Gerade erst sind die vier Musiker von einer Konzerttournee aus Japan zurückgekommen.

Auf dem Programm des Abends standen zu Beginn das Streichquartett B-Dur op. 76,4 „Der Sonnenaufgang“ von Joseph Haydn, zum Schluss das Streichquartett e-Moll p. 59,2 von Ludwig van Beethoven und dazwischen das zeitgenössische Werk „Blossoming“, ein Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello des 1955 in Hiroshima geborenen japanischen Komponisten Toshio Hosokawa. Über Haydns Streichquartett, ein 1797 entstandenes spätes Werk des Komponisten, befand ein Zeitgenosse Haydns, der englische Musikhistoriker, Komponist und Organist Charles Burney, es sei “voller Erfindung, Feuer, gutem Geschmack und neuen Effekten.” Damit bot es den vier Musikern Gelegenheit, die ganze Bandbreite ihres Könnens temperamentvoll unter Beweis zu stellen. Haydn hatte das Streichquartett nach seinen beiden Englandreisen geschrieben, bei denen er das Instrument Dudelsack kennen- lernte. Von seinen Klängen ließ er sich im dritten Satz inspirieren, erläuterte Tsuyoshi Moriya, der erste Geiger des Ensembles. Er war gleichzeitig Moderator des Abends und erledigte diese Aufgabe gut vorbereitet mit Charme, großem Wissen und einigen kurzen musikalischen Beispielen. „Blossoming“, das Werk des japanischen Komponisten, verglich er mit einem mit wenigen Pinselstrichen auf eine Leinwand gemalten Bild. Statt Pinsel und Farbe verwendet der Komponist Töne, mit denen er Wasser darstellt, Mondlicht, das auf eine Lotusblume scheint, das Gefühl Sehnsucht und einen Wunsch.

Toshio Hosokawa, der zu den wichtigsten zeitgenössischen Komponisten Japans zählt und auch in Deutschland schon mit Preisen wie dem Rheingau Musikpreis und dem Musikpreis der Stadt Duisburg ausgezeichnet wurde, hat den Unterschied zwischen europäischer und japanischer Musik einmal so definiert: „In der europäischen Musik ist ein Ton nur ein Teil eines Ganzen, während in der japanischen Musik eine Note eine Landschaft darstellt – es folgt immer auf einen Klang eine Pause, dann wieder ein Klang und eine Pause.“ Auch sein Werk „Blossoming“ beginnt aus vollkommener Stille heraus mit einem zunächst kaum hörbaren Ton. Ein sehr fernöstliches meditatives Klangerlebnis.

Nach der Pause bewies das „Quartet Berlin-Tokyo“ mit Beethovens Streichquartett e-Moll p. 59,2 noch einmal sein überragendes Können, einem Werk, das nur neun Jahre nach Haydns Streichquartett entstand, im Charakter aber völlig anders ist. Als „Flickwerk eines Wahnsinnigen“ haben Zeitgenossen Beethovens drei Streichquartette op.59 bezeichnet und waren von der Musik völlig irritiert: wegen der Länge der Stücke, den ungewöhnlichen, in ihrer Expressivität völlig neuartigen Themen und dem eher sinfonischen Quartettklang, in dem der Charakter der Einzelstimmen quasi aufgehoben ist. Als Huldigung an den Auftraggeber, den russischen Botschafter Graf Rasumowsky, hat Beethoven im dritten Satz ein russisches Volkslied zitiert. Nachdem der letzte Ton verklungen war, applaudierte das Publikum begeistert und wurde mit einer Zugabe belohnt, dem zweiten Satz „Orientale“ aus den fünf Nouvelettes op.15 von Alexander Glasunov.



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