Die evangelische Markus-Gemeinde, der Junior in der Stadt, wird 50

Gemeinsam leben und gemeinsam glauben, das ist das Leitbild der evangelischen Markus-Gemeinde, die hier gerade eine Konfirmation feiert. Foto: privat

Schönbeg (mw) – Unter den sechs Kronberger Kirchengemeinden beider Konfessionen ist die evangelische Schönberger Markus-Gemeinde der Junior in der Stadt. Sie feiert dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Bis 1966 wurde alles, was die evangelische Gemeinde betraf, in St. Johann abgewickelt. Der damalige Pfarrer in St. Johann, Pfarrer Sieben war es, der die Gründung eigenständiger Gemeinden in Oberhöchstadt und Schönberg forcierte, nachdem die evangelische Gemeinde in der Nachkriegszeit starken Zuwachs verzeichnete. „1966 wurde das Gründungsjahr der neuen Gemeinden Oberhöchstadt und Schönberg“, erzählt der Schönberger Pfarrer Dr. Jochen Kramm. „Allerdings hatten beide Gemeinden damals zunächst einmal keine eigene Kirche.“ Sieben selbst war bis 1972 für die zwei neu gegründeten Kirchengemeinden, die Schönberger und Oberhöchstädter Gemeinde, zuständig. 1972 erhielt Schönberg eine neu errichtete Pfarrvikarsstelle, die von Dieter Reitz besetzt wurde, der schließlich, nach Abschluss seiner Ausbildung, der erste Pfarrer Schönbergs wurde, während Pfarrer Sieben in Oberhöchstadt blieb. Reitz folgten Michael Röhrig, Dr. Peter Müller, Dr. Friedemann Oettinger, Ruth-Maria Oettinger, Anita Nowak-Neubert und mit halber Stelle bis zur Neubesetzung im Vertretungsdienst Pfarrer Ulrich Reitzel.

Pfarrer Kramm, der der kleinen Gemeinde mit ihren 1.343 Mitgliedern seit gut drei Jahren vorsteht, gefällt gerade die schlichte Umgebung des als Kirche und Bildungseinrichtung (RPZ) konzipierten 60er-Jahre-Baus. Moderne Kirche lässt sich hier gut leben, sagt er. Natürlich sei ein altehrwürdiger Kirchraum etwas Schönes. Doch dort modernes Gemeindeleben umzusetzen, sei oftmals gar nicht einfach, ständen doch Kirchengemälde wie der Teufel und das Fegefeuer in St. Johann konträr zu dem, was Kirche heute vermitteln möchte. Durch die Historismus-Liebe laufe gerade die Kirche Gefahr, in die museale Ecke abgeschoben zu werden. „Ich sehe jedenfalls, dass sich die Kirchenmitglieder mit ihrem Kirchraum hier in Schönberg wunderbar identifizieren.“ Neben der schlichten weißen Wand, die eben keine Botschaft suggeriere, gefällt Kramm auch die Größe des Kirchenraums, die die Wahrnehmung der Gemeindemitglieder als Gruppe sehr gut unterstütze. „Meine Installationen für die Familiengottesdienste von Zelten bis zu Schiffen jedenfalls kommen hier gut zur Geltung und die Kinder lieben diesen Raum.“ Eine lebendige Kirche zeichne auch aus, dass es eine kulturelle Vielfalt im Gemeindeleben und zwischen den Gemeinden gebe. „Ich keinen einige Gemeindemitglieder, die in Kronberg und über Kronberg hinaus verschiedene Gottesdienste besuchen.“

Die Schließung des Religionspädagogischen Zentrums habe für die Gemeinde einen tiefen Einschnitt dargestellt, es habe Zeit gebraucht, sich neu zu orientieren. Weitere Bewegung und kulturelle Öffnung habe die Einrichtung der Flüchtlingsunterkunft in dem sogenannten Bettenhaus des RPZ gebracht. Mit Freude sieht er diese Entwicklung, die das Gemeindeleben „ungemein bereichert“. Plötzlich bestehe das nicht mehr vorrangig aus „gemütlichem Kaffeetrinken“, andere Lebensgeschichten werden miterlebt und es gibt etwas zu tun für diejenigen, die sich öffnen und mitgestalten wollen.

Für die Zukunft der Markus-Gemeinde als kleinere Gemeinde hofft Kramm, dass sie ihre Selbstständigkeit mit voller Pfarrstelle erhalten kann. Um die 1.400 Gemeindemitglieder sollte aktuell eine evangelische Gemeinde zählen, um nicht Gefahr zu laufen, ihre 100 prozentige Pfarrstelle gekürzt zu bekommen. Aber vor dem Rückgang der Mitgliederzahlen ist auch die Markus-Gemeinde nicht gefeit. 1981 war mit 2.200 Gemeindemitgliedern der Mitglieder-Höhepunkt. „Das ist nun einmal der Spiegel der Bevölkerungsentwicklung“, weiß Kramm. Schaut man auf die Geburtsrate, liege die bei der evangelischen Bevölkerung noch unter der durchschnittlichen Geburtsrate der Deutschen. „Die Evangeliken haben einfach wenig Kinder“, sagt Kramm, daran lasse sich nicht rütteln.

Schwerpunkt auf der Kinder- und Jugendarbeit

Was liegt näher als sein Augenmerk in der Markus-Gemeinde stark auf den Nachwuchs zu legen. „Unsere Kindertagesstätte ist inzwischen die zweitgrößte in Kronberg“, berichtet er. Deshalb sei ein neuer Schwerpunkt die Familienarbeit geworden. Die Familiengottesdienste erfreuen sich jetzt schon großer Beliebtheit. In Zukunft möchte er diesen Bereich noch weiter entwickeln und ausbauen. Kramm will neben den Gottesdiensten sechs eigenständige Termine für Familiengottesdienste etablieren. „Außerdem möchte ich für Acht- bis Neunjährige einen Tauferinnerungsgottesdienst einrichten.“

Auch die dreimonatige Studienzeit, die ihm als evangelischen Pfarrer nach zehn Berufsjahren zusteht (bei ihm sind es dann schon 16), will er für die Auseinandersetzung mit der Jugend nutzen. Denn ihm macht die Arbeit gerade mit den Heranwachsenden viel Freude. Sie sind der Spiegel der Veränderungen und Entwicklungen in der Gesellschaft. Die Konfirmanden heute seien geradezu darauf geschult, Zeit und Themen eigenständig zu gestalten. Frontalunterricht sei gar nicht mehr vorstellbar. „Sie wollen an der Gestaltung des Unterrichts beteiligt sein.“ Dieser Eigenständigkeit, sich Lebensmuster nicht vorgeben zu lassen, stehe der starke Einfluss der Medienwelt auf die Jugendlichen im Handy-Zeitalter entgegen. Bei diesem Thema sei ein spannender Diskurs vorprogrammiert, wenn Kramm die Heranwachsenden beispielsweise fragt, wie das Mobiltelefon ihr soziales Verhalten beeinflusse. Dass der Gottesdienst handyfreie Zone bleiben soll, dass müsse er inzwischen den Senioren übrigens genauso erklären wie den Jugendlichen, meint er lächelnd. In seiner Studienzeit ab Juli wird er in die USA in eine Partnerkirche der Evangelischen Landeskirche Hessen-Nassau, der United Church of Christ in New York reisen, um dort ein Konzept für die Arbeit mit 16 bis 19-Jährigen zu entwickeln. Die moderne, städtische Gemeinde sei die richtige Adresse, um spontan, spirituell und psychologisch zusammenzuarbeiten. Noch immer gebe die USA in der Kinder- und Jugendarbeit oftmals die Parameter vor. „Ich hoffe, dass ich von dort mit einem ganzen Sack voller Einsichten und Ideen nach Hause komme.“

Aber zunächst einmal gilt es, das Jubiläum am 5. Juni vorzubereiten, das im Kirchraum der St. Markus-Gemeinde mit einem Festgottesdienst gefeiert werden soll, zu dem als Prediger Propst Oliver Albrecht von Südnassau – als Vertreter der Kirchenleitung der Region – eingeladen ist. Spielen wird außerdem der Posaunenchor der Gemeinde „Schönberg Brass“, der dieses Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert und singen wird der Jubiliate Chor. Die Grußworte hat Kramm auf zwei beschränkt. Sprechen werden Dekan Dr. Martin Felder-Raupp und Kronbergs Bürgermeister Klaus Temmen. Anschließend gibt es einen festlichen Empfang, zu dem die Kindertagesstätte sich einen Beitrag überlegt hat, die neu gewonnenen Räume (durch den Auszug des RPZ) sollen vorgestellt werden und es wird eine kleine Bildpräsentation aus den verschiedenen Jahrzehnten der Kirchengemeinde geben, zu der gerne noch Bildmaterial beigesteuert werden kann. Um 16 Uhr folgt ein Puppentheater für die ganze Familie.



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