500.000 Euro für das Casals Forum: Breite Mehrheit stimmt für Zuschuss zum kulturellen Zentrum für alle Musikliebhaber

Kronberg (mw) – „Bitte sehen Sie die Chancen dieses Projektes“, warb der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Dahmen dafür, den interfraktionellen Antrag von CDU, SPD, FDP und UBG im Rahmen der jüngsten Stadtparlamentssitzung in der Stadthalle zu unterstützen. Dieser sieht vor, das Bauprojekt der Kronberg Academy mit Casals Forum und Studienzentrum am Kronberger Bahnhof mit 500.000 Euro zu unterstützen. „Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, warb Dahmen für das Projekt „mit Strahlkraft über Kronberg hinaus“, trotz der nicht ausbleibenden Kritik – auch aus den eigenen Reihen. Zum Spatenstich 2017 war das über die Region hinaus viel beachtete Großbauprojekt mit 36 Millionen Euro veranschlagt worden. 2018 lagen die berechneten Baukosten dann bei rund 46 Millionen Euro. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen werden die Gesamtkosten bei 58,5 Millionen Euro liegen“, hatte Raimund Trenkler, Vorsitzender der Kronberg Academy Stiftung, im Mai informiert. Als Gründe hatte die Kronberg Academy die „besonderen technischen Herausforderungen“ für die Errichtung des klimaneutralen Konzertsaales genannt, außerdem die anhaltende „Sonderkonjunktur in der Bauwirtschaft“, die zu einer unvorhersehbaren, erheblichen Baukostensteigerung beigetragen hätte (wir berichteten). Diese beinhalte auch die Baukonstruktion, insbesondere die Schaffung einer einzigartigen Akustik im Kammermusiksaal sowie die Baunebenkosten. Aufgrund der Kostensteigerungen hatte der Vorstand der Kronberg Academy Stiftung eine intensive Kostenanalyse vorgenommen. „Die privaten Förderer wie auch die öffentliche Hand stehen mehr denn je hinter dem für die Kultur und für die Stadt Kronberg wichtigen Bauvorhaben“, versicherte Trenkler.

Der interfraktionelle Antrag, dem im Stadtparlament schließlich auch mit einer breiten Mehrheit entsprochen wurde, sieht nun vor, die von dem Fachbüro Drees & Sommer, einem international tätigen Beratungsunternehmen für Bau- und Immobilienprojekte, errechnete Deckungslücke in Höhe von 15,75 Millionen Euro zu schmälern.

Wichtiges Projekt für Kronberg

Dahmen machte klar, dass der Aufschrei über diese Entscheidung groß gewesen sei, die Kronberg Academy sei sogar der Lügen bezichtigt worden. Er machte jedoch auch deutlich, dass der Kostenentwicklung seitens der Kronberg Adademy „ganz pragmatisch“ mit einem neutralen Expertenbüro begegnet worden sei und das Großbauprojekt weiter von Bund, Land und Kreis „tatkräftig“ unterstützt werde. Es herrsche ein breiter Konsens, dass von dem Projekt, sei es erst einmal erfolgreich zu Ende gebracht, „alle etwas haben werden“. Gleichzeitig bestehe Einigkeit darüber, auch im Magistrat, dass die Kronberg Academy die weiteren Baufortschritte transparent zu machen habe. Trenkler habe sich außerdem freiwillig dazu verpflichtet, über die langfristige Wirtschaftlichkeit des Casals Forum zu informierten. Die CDU habe hier ähnlich der KfB Gesprächsbedarf gesehen. „Denn wir wollen unsere Steuergelder nicht leichtfertig hergeben“, so der CDU-Stadtverordnete. Die von Bürgern ebenfalls geäußerte Kritik, hier werde ein einzelnes Projekt gefördert und andere würden vergessen, sei jedoch nicht haltbar. „Für die Kronberg Academy gab es noch keine Unterstützung. Wir haben ihnen das Bahnhofsgrundstück verkauft. Nun wollen wir das wichtige Projekt unterstützen“, sagte er. Nicht jeder gehe ins Waldschwimmbad und nicht jeder gehe in klassische Konzerte, unterstützenswert sei jedoch beides.

Nichts ist für alle – auf die Summe kommt es an!

SPD-Stadtverordneter und unabhängiger Bürgermeisterkandidat Christoph König untermauerte diesen Blickwinkel: „Ich freue mich wirklich über den neuen Kunstrasenplatz der SGO. Aber ich habe gar nichts davon!“, sagte er. „Und ich gönne dem TEVC sein neues Gebäude. Aber ich spiele kein Tennis.“ Und er fragte in die Runde: „Was soll das eigentlich?“ Dieses „Nörgeln über den Rohbau“ und dass das Casals Forum nur etwas „für die Elite“ sei, „für wenige – und dort die Breitenförderung, von der alle etwas haben“. Die Stadt Kronberg fördere Vereinsarbeit, Sport, Kultur und ehrenamtliches Engagement in ganz vielen Bereichen und auf die unterschiedlichsten Arten. „Nichts davon ist für alle. Immer profitiert nur ein Teil der Bevölkerung“, betonte er. „Warum also wird das bei einem Sportverein oder den Partnerschaftsvereinen kein Thema, während es bei der Academy als K.-o.-Argument dient?“

Alle geförderten Vereine, jedes ehrenamtliche Engagement erbringe eine Gegenleistung, und zwar für alle: Egal, ob es Kultur ist oder Sport, pädagogische oder soziale Arbeit oder was auch immer. Nur aus der Summe aller dieser Leistungen entstehe ein Gemeinwesen. „Sie alle leisten einen kleinen oder großen Beitrag zu einer bunten, vielfältigen, lebendigen, faszinierenden, lebenswerten Stadt. Und in dieser Stadt hat auch die Kronberg Academy eine wichtige Funktion und einen wichtigen Platz. Sie hat ihn sich in fast 30 Jahren verdienstvoller Arbeit redlich verdient.“

Wichtig war es König, auch auf die Kritik zu reagieren, das Geld werde ohne Kontrolle fließen. „Diese Förderprojekte werden von einer besonderen Abteilung der OFD – Referat Fachaufsicht Bundesbau Zivil- und Zuwendungsbau – auf Herz und Nieren geprüft, bevor das Geld zugesagt wird“, informierte er. „Aber zu glauben, der Magistrat könne eine solche Planung und Kalkulation selber prüfen und dann ist alles gut, das ist wohl etwas blauäugig“, betonte er in Richtung KfB.

Mehr Kontrolle wird nicht gehen

„Wir werden auch keine Zusage bekommen, dass es jetzt reicht. Aber es konnte jetzt erstmals ein ordentlicher Puffer eingeplant werden, der bisher subventionsrechtlich unzulässig war. Außerdem sind die Vergaben so weit fortgeschritten, dass die Unsicherheiten immer kleiner werden. Mehr Kontrolle wird nicht gehen.“ Innerhalb der Fraktion äußerst kontrovers diskutiert hatten auch die Grünen, wie die Grünen-Stadtverordnete Anja Weinhold in ihrem Redebeitrag verdeutlichte. Sie hatten schließlich in einem Änderungsantrag die Forderung formuliert, die Stadt sollte sich bei diesem Projekt nur in einer Weise engagieren, die es ermöglicht, Kronbergs Bürgern einen Gegenwert zu schaffen. Die Grünen wollten den Vereinen ein Nutzungsrecht der Räumlichkeiten in festgelegten Zeiträumen für kulturelle und soziale Zwecke ermöglichen. „Unsere Idee hinter dem Änderungsantrag ist, die Academy in ihrer Wahrnehmung stärker in der Bevölkerung zu verankern und zu signalisieren, dass auch ganz normale Leute dort willkommen sind und dass der Kammermusiksaal eben nicht nur ein prunkvolles Gebäude für die da oben oder die anderen ist“, sagte sie. Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Udo Keil konnte einem „direkten Zuschuss“ in keinem Fall zustimmen.: „Ich halte dies für sozialpolitisch, gesellschaftspolitisch und ökologisch für nicht verantwortbar“, befand er, nachdem er einen Rückblick auf die Bahnhofsentwicklung aus seiner Sicht gegeben hatte. Viele Menschen seien coronabedingt in Kurzarbeit oder arbeitslos geworden. „Diese Menschen werden wenig Verständnis haben, wenn die Stadt Kronberg eine halbe Millionen Euro für diesen Musentempel zur Verfügung stellt, der doch nur von einem kleinen Teil der Stadtbevölkerung genutzt wird.“ Außerdem befürchtete er, dass der Stadt aufgrund des starken Rückganges des Bruttosozialproduktes langfristig vielleicht Geld fehlen könnte für die notwendige Verkehrswende und die Herausforderungen des Klimawandels. Während sich die Grünen später, außer Udo Keil, bei der Abstimmung des interfraktionellen Antrags enthalten sollten, blieb die KfB, nachdem auch ihr Änderungsantrag keine Mehrheit erhielt, bei einem klaren „Nein“ zu den städtischen 500.000 Euro für das Casals Forum. Der KfB-Änderungsantrag sah viele weitere Informationen seitens der Kronberg Academy vor (wir berichteten), um zu prüfen, ob der Zuschuss auch „wirklich nachhaltig seinen Zweck erfüllt“. Außerdem sollte das Geld erst fließen, wenn sicher sei, dass die gesamte Finanzierungslücke geschlossen sei, erklärte der KfB-Stadtverordnete Dr. Jochen Eichhorn. „Die bisherige Projektleitung mit ihrer Finanzplanung hat uns nicht überzeugt.“ Die KfB-Co-Fraktionsvorsitzende Dr. Heide-Margaret Esen-Baur erklärte dazu: „Uns bringt es nichts, wenn die Academy nach der Entscheidung transparent berichtet. Wir brauchen die Informationen im Vorfeld, im Nachgang sind sie sinnlos!“ Außerdem wollte die KfB einen gewährten Zuschuss in der groß angelegten Umfeldplanung des Bahnhofareals wieder einsparen, indem auf die Zusammenarbeit mit dem weltweit renommierten Landschaftsplaner verzichtet werden soll.

Zeit, in schwieriger Phase Solidarität zu zeigen mit der Academy

„Wir sehen uns in der für die Academy schwierigen Phase in der Verantwortung, Solidarität zu zeigen und den Antrag nicht zuletzt nach der Zusage der Academy, regelmäßig Bericht zu erstatten, zu unterstützen“, betonte indes der FDP-Fraktionsvorsitzende Walther Kiep für die Liberalen. In Richtung KfB bemerkte er: „Es wird deutlich, dass sie das Projekt lediglich nutzen wollen , um sich plötzlich als der Gralshüter der städtischen Finanzen zu präsentieren.“ Jeder wisse, dass es keine verbindliche Zusage geben könne, dass eine weitere Baukostenüberschreitung ausgeschlossen sei und dass Raimund Trenkler bereits erklärt hat, eine aktualisierte Betiebskostenrechnung zur Verfügung zu stellen. Und es sei nicht neu, dass die KfB das Projekt schon immer abgelehnt habe, deshalb sei der Änderungsantrag „scheinheilig“.

Kultur verbindet

Die UBG mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Erich Geisel befand: „Die 500.000 Euro tun der Stadt Kronberg nicht so weh!“ Aber Trenkler solle dafür sorgen, dass die Jugend dort zukünftig für kleines Geld auch Konzerten lauschen könnte. Die FDP-Stadtverordnete und Bürgermeisterkandidatin Kristina Fröhlich verwies darauf, dass es eben nicht stimme, die Kronberg Academy sei „nur etwas für die oberen Zehntausend“. „Kultur ist nur dann elitär, wenn wir keinen Zugang schaffen. Kultur besitzt die Kraft zu verbinden.“ Und genau das mache die Academy bereits seit vielen Jahren. Auch habe sie längt Angebote für Kinder und Jugendliche und kulturelle Projekte in und mit den Schulen. Natürlich könne man die 500.000 Euro woanders investieren. „Aber neben Wohnen, Schule, Arbeitsplatz, Kinderbetreuung und Einzelhandel braucht eine lebendige Gesellschaft mehr: Sport, Kunst, Musik“, sagte sie. „Wir sollten uns freuen, dass wir eine solche Institution in Kronberg haben.“ Und Fröhlich fügte hinzu: „Die Kronberg Academy bietet exklusive Qualität, aber einen inklusiven Charakter. Dieser Konzertsaal wird ein kulturelles Zentrum für alle Menschen, denen Musik wichtig ist.“ Kronberg könne beides: „Sozial und Kultur.“

Zuvor hatte schon die SPD-Stadtverordnete Gabriele Roßbach von ihren Erlebnissen mit jungen Musikern aus aller Welt berichtet, die sie beherbergt hatte und dafür in den Genuss vergünstigter Konzerte gekommen sei und die ihrer Familie Kulturen und Musik bis in ihr Wohnzimmer hinein nahe gebracht haben. Für sie sind diese verbindenden Erfahrungen „das Gegenteil von elitär“.

Am Ende stimmten 22 Stadtverordnete für die Kostenbeteiligung der Stadt, 6 stimmten dagegen und 3 enthielten sich.



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