Aktionstag für Begegnungsstätte war ein voller Erfolg: Soziales Projekt sucht weitere Helfer mit handwerklichem Können

Ein Teil der Helferschar beim Aktionstag im Forsthaus neben der Gemeinschaftsunterkunft Oberer Aufstieg 22 Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Dass es ein Maisonntag war, an dem sich viele Menschen von der Arbeitswoche erholen, die Füße hochlegen oder sich zum Familienausflug aufmachen, hielt die 20 Helferinnen und Helfer nicht davon ab, die Ärmel hochzukrempeln und im Forsthaus Am Obereren Aufstieg, neben der neu eröffneten Gemeinschaftsunterkunft (GU)für Flüchtlinge, mit dem Großreinemachen zu beginnen. Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft, dem ehemaligen Deutsche Bank Schulungszentrum, ist die „OA22 GmbH“. Deren geschäftsführender Gesellschafter Stefan Lay unterstützt die Pläne, das herrschaftlich im Wald liegende Forsthaus, für das die Betreiber derzeit keine Verwendung haben, als Begegnungsstätte herzurichten. Die Deutsche Bank hatte den Gebäudekomplex bereits Ende 2021 an die OA22 GmbH verkauft, die aktuell für drei Jahre eine Vertrag mit dem Hochtaunuskreis mit Option auf Verlängerung geschlossen hat, hier eine GU für Flüchtlinge zu betreiben. Mit im Boot ist außerdem die Caritas, die sich um die ankommenden Flüchtlinge kümmert, von denen viele aus der Ukraine stammen.

Hilfe dort, wo sie gebraucht wird

Das Forsthaus liegt oberhalb der Gemeinschaftsunterkunft, die inzwischen bereits 30 Flüchtlinge aufgenommen hat, versteckt im Wald. Es bietet gemütliche, hübsche Räume mit Holzvertäfelungen, eine Theke, Küche, einen großzügigen Raum im Erdgeschoss und weitere Räume im Obergeschoss. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, bekannt geworden über eine spontan eingerichtete Kleiderkammer für Flüchtlinge in den AKS-Container, haben über Facebook und Presse weitere Helfer und Spenden akquiriert und zum ersten Aktionstag ausgerufen mit dem Ziel, dieses 16 Jahre leerstehende, über 200 Quadratmeter große Haus wieder in Schuss zu bringen. Ideen, wie die Kronberger hier hinauf „gelockt“ werden könnten, gibt es viele. „Wir denken daran, beispielsweise Yogakurse, genauso wie Deutschkurse, abzuhalten, aber die Räume eignen sich durchaus auch dazu, sie einfach mal für einen Kindergeburtstag anzumieten“, erklärt Kristina Fröhlich von der Initiative „Kronberg hilft Ukraine“, die seit Beginn des Angriffskriegs tagtäglich im Einsatz ist, um den Geflüchteten dort zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird.

Nach drei Monaten gibt es viele Geschichten zu erzählen, die ans Herz gehen und einen so schnell nicht mehr loslassen. Michaela Raig hat an diesem Tag nicht viel Zeit mit anzupacken, aber die Stunden, die übrig sind, nutzt sie mit Achmed zum Teppich reinigen. Am Nachmittag wird sie zwei ukrainischen Frauen mit ihren insgesamt drei Kindern, die vom Sozialamt eine Wohnung in den Hochhäusern zugewiesen bekommen haben, beim Umzug helfen. „Sie waren erst privat untergebracht, durften von dort in die städtischen Tiny-Houses wechseln und freuen sich jetzt auf eine Zwei-Zimmer-Wohnung“, erzählt sie. Michaela Raig macht sich trotzdem viele Gedanken: „Die Kinder brauchen einen ruhigen Platz, um ihre Hausaufgaben zu machen, es muss Rückzugsmöglichkeiten geben“, sagt sie. Sie hat ein Doppelstockbett organisiert und sucht nach einem Tisch, den man an die Wand klappen kann, um die Wohnung für die fünf Personen möglichst multifunktional zu gestalten. Achmed unterstützt sie, wo er kann, erzählt sie. Er ist gebürtiger Tunesier und mit seiner ukrainischen Frau geflüchtet. „Er hat uns von Anfang an unterstützt, ob als Türsteher an der Kleiderkammer oder als Dolmetscher.“ Inzwischen hat Achmed einen festen Job in einem Gartencenter gefunden. „Das hält ihn aber nicht davon ab, uns am Wochenende weiterhin zu helfen“, erzählt sie. „Das ist schon toll.“ Und es sei wichtig, denn es brauche nach wie vor Dolmetscher und eben auch Menschen, die man besser kennenlernt, um gegebenenfalls über sie auch Vertrauen zu neuen Flüchtlingen aufbauen zu können.

Tina Knoll und weiteren Helfern ist es gelungen, dass die Flüchtlinge in der GU mit allem Nötigen empfangen werden. „Wir wollten einfach, dass eine Mutter mit drei kleinen Kindern hier nach all den Strapazen nicht ankommt und keine Windeln vorfindet“, erklärt sie als Beispiel. Die Gruppe hat über großzügige Spenderinnen und Spender dafür sorgen können, dass alle Küchen in der GU nun über Grundnahrungsmittel verfügen. „Ein Kronbergerin hat uns mehrere Teeküchen gespendet“, erzählt sie dankbar. „Wir bekommen inzwischen täglich Obstspenden von Rewe geliefert und dank tegut haben wir sogar ein Würzregal.“

Buslösung gesucht

Nun hoffen die Ehrenamtlichen, dass sich, nachdem die GU bereits drei Wochen geöffnet ist, auch bald ihre verkehrliche Anbindung an die Stadt verbessert. Wer an diesem Sonntag zum Aktionstag den Weg an den Oberen Aufstieg 22 auf sich nahm, dem wird es selbst mit dem Auto aufgefallen sein, wie lang und steil doch der Weg von der Dettweiler Straße hinauf bis zur GU in den Wald noch einmal ist.

„Da einige der Flüchtlinge schulpflichtige Kinder haben und sie alle Selbstversorger sind, muss hier möglichst schnell Abhilfe geschaffen werden“, sagt Kristina Fröhlich, die weiß, dass eine Lösung über den Regionalbus oder das AST-Sammeltaxi nicht so einfach zu realisieren ist. Doch die Helfer sind sich sicher, mit einem Bus, den man zwei Mal am Tag bis zur GU hinauf fahren lassen würde, wäre allen schon geholfen.

Handwerkliches Geschick gefragt

An diesem kühlen Maisonntag wurde aber nicht weiter über möglichst schnelle Lösungen diskutiert, sondern die Devise lautete „Ärmel hochgekrempeln und loslegen!“ Während die einen wischten, trugen andere die vorhandenen Stühle zusammen. Diese sollen nun von Hand neu gepolstert werden. Sie einem Fachbetrieb zu übergeben, würde den finanziellen Rahmen sprengen. „So langsam stößt die Spendenbereitschaft auch an ihre Grenzen“, gibt Fröhlich zu bedenken. Die Menschen haben sich an den Krieg in der Ukraine gewöhnt und gehen wieder zu ihrem Tagesgeschäft über. Doch es wird noch viel Hilfe gebraucht in dem Forsthaus, bis es als Begegnungsstätte genutzt werden kann, eben damit die Flüchtlinge in Kronberg nicht im Wald vergessen, sondern integriert werden können. „Wir freuen uns aktuell vor allem über handwerkliches Geschick“, so Fröhlich. Ob Installateur, Dachdecker oder Schreiner, ob für zwei Stunden oder einen ganzen Tag, jede Art von handwerklicher Hilfe ist gefragt. Noch funktioniert das Kaltwasser nicht. Ein Rohr ist defekt. „Solange das nicht behoben ist, können wir die Toilette nicht benutzten“, informiert sie. Das Wasser fehlt ihnen auch, um draußen beispielsweise einen Hochdruckreiniger anzuschließen. „Dafür haben wir schon einen Dachdecker gefunden, der uns Hilfe für zwei der undichten Stellen angeboten hat.“

Doch es gibt noch ein weiteres Leck im Vordach zu beheben – hier hat die Stadt bereits versprochen, zu helfen – und im Keller fällt direkt unter dem Treppenvorbau der Putz von der Decke – die Statik muss überprüft werden. „Die Stadt hat auch mittels Material ihre Hilfe angeboten“, berichtet Fröhlich und Michaela Knoll ergänzt in diesem Zusammenhang, dass man dank Baustoffhandel Schulte bereits über das nötige Werkzeug verfüge, um alles Mögliche reparieren zu können. Sogar ein Schreiner war an diesem Aktionstag vor Ort, um zu helfen. „Erich lebt eigentlich in Finnland, war aber gerade in Kronberg, um seine Mutter zu besuchen und hat uns angeboten, für die Schreinerarbeiten eine Materialliste zu erstellen, die wir dann der Stadt weiterreichen können“, erläutert Fröhlich, die für jeden Helfer schnell die passende Aufgabe parat hat, damit es vorwärts geht. Gestrichen werden muss natürlich in den nächsten zwei Wochen auch noch, bis die Kleiderkammer aus den AKS-Containern, die dann endgültig geschlossen werden, in das erste Obergeschoss des Forsthauses umzieht. Wer denkt, der Andrang bei der Kleiderkammer habe nach der Schließung der Erstaufnahmeeinrichtung der Flüchtlinge in den AKS-Turnhallen nachgelassen, der irrt. „Anscheinend hat es sich im Hochtaunuskreis herumgesprochen, dass wir die Kleiderkammer betreiben“, sagt Fröhlich, jedenfalls werde das Angebot sicher auch von den über 180 privat in Kronberg untergebrachten Flüchtlingen, weiter genutzt. Ziel im Forsthaus sei natürlich langfristig, die Kleiderkammer in Zusammenarbeit mit den GU-Flüchtlingen zu betreiben und auch mögliche Projekte gemeinsam mit ihnen und den Kronbergerinnen und Kronbergern zu verwirklichen. „Wir haben eine wirklich wunderschöne neue Location und hoffen, die Kronberger sind so neugierig, dass sie uns hier oben im Wald auf jeden Fall besuchen kommen.“ Wer jetzt schon Lust bekommen hat, sich tatkräftig einzubringen, um das Forsthaus zur Begegnungsstätte umzugestalten oder noch Fragen hat, der kann sich gerne per E-Mail unter willkommen[at]kronberg-fluechtlingshilfe[dot]de melden.



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