Architektenkammer fordert Stärkung öffentlicher Auftraggeber

Wiesbaden. – Die Coronakrise trifft Architekten und Ingenieure bislang weniger hart als befürchtet. Die staatlichen Stützungsmaßnahmen stabilisieren die Büros. Dennoch gibt es für Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen keinen Grund zur Entwarnung, denn 49 Prozent der Kammermitglieder erwarten einen Auftragsrückgang in den nächsten 12 Monaten. 62 Prozent der Büros berichten, derzeit nicht oder nur in eingeschränktem Maße Neuaufträge abschließen zu können und 17 Prozent befürchten sogar ernste Liquiditätsengpässe im kommenden Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt die zweite „Deutschlandweite Kurzbefragung zu den Auswirkungen der Corona-Epidemie“ von Bundesarchitekten- und Bundesingenieurkammer. Im Juni 2020 gaben dabei 62 Prozent der befragten Architekturbüros an, negative Folgen der Corona-Pandemie zu spüren. Bei der ersten Erhebung im April 2020 waren es noch 81 Prozent. Mittlerweile berichten jedoch nur noch 6 Prozent der Kammermitglieder über akute Liquiditätsprobleme im Vergleich zu 18 Prozent im April. Rund die Hälfte der befragten Kammermitglieder erwartet eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage ihres Büros und einen Rückgang der Aufträge in den kommenden zwölf Monaten – bezogen vor allem auf gewerbliche Auftraggeber.

Die Präsidentinnen der Bundesarchitektenkammer (BAK), Barbara Ettinger-Brinckmann, und der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH), Brigitte Holz, sind erleichtert, dass sich die negativen wirtschaftlichen Erwartungen von Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen im Laufe der letzten drei Monate abgeschwächt haben. Dies gelte jedoch nur eingeschränkt für den Bereich Innenarchitektur, der besonders stark von Auftragsrückgängen betroffen ist. „Dies bedeutet allerdings noch keine Entwarnung. Durch die langen Vorlaufzeiten bei Planungsvorhaben wird es noch einige Zeit dauern, bis wir zuverlässig die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für den Berufsstand bewerten können“, so AKH-Präsidentin Holz. Ettinger-Brinckmann ergänzt „Wir müssen vor allem an allen notwendigen Rahmenbedingungen weiterarbeiten, damit die Anreize des Innovations- und Konjunkturpakets bei den dringend benötigten Bauprojekten und Sanierungs- wie Modernisierungsaufgaben ankommen und der Klimaschutz weiter vorangetrieben wird.“

Erforderliche Maßnahmen aus Sicht der Bundesarchitektenkammer sind unter anderem:

· Stärkung der öffentlichen Auftraggeber, insbesondere der Kommunen durch Finanzmittelzuweisungen, damit Aufträge trotz der Coronakrise weiter ausgelöst werden können. Die zügige Erteilung von Baugenehmigungen muss sichergestellt sein, damit sich Projekte nicht verzögern.

· Finanzielle Hilfen von Bund, Ländern und Gemeinden müssen auch für diejenigen zur Verfügung stehen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt von den Auswirkungen der Krise betroffen sind.

Förderbedingungen müssen an die konkreten Bedarfe der jeweiligen Berufsstände angepasst werden. Da sich die Krise länger hinzieht, sollte insbesondere beim Corona-Soforthilfe-Programm nicht nur der Antragszeitraum, sondern vor allem der Bemessungszeitraum verlängert werden.

Die Online-Umfrage fand vom 22. bis 28. Juni 2020 statt und wurde gemeinsam von Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer bei dem Marktforschungsunternehmen Reiß & Hommerich in Auftrag gegeben. In die Datenanalyse flossen Angaben von insgesamt 5.551 Befragten (3.503 Architekten und 2.048 Ingenieure) ein. Eingeladen waren alle selbstständig tätigen Mitglieder der Architekten- und Ingenieurkammern der Länder. Die Umfrage soll in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, um die Politik mit ausreichend validem Datenmaterial zu unterstützen.



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