Kronberg (pu) – Großen Raum wird in der Stadtverordnetensitzung am 4. Juli aller Voraussicht nach die Debatte um die vorsorgliche Einstellung von Finanzmitteln zur Sicherstellung einer Obdachlosenunterbringung einnehmen. Der Magistrat legte einen entsprechenden Vorschlag vor, den wiederum Teile der Mitglieder des Haupt- und Finanzauschusses mit vier Gegenstimmen der Fraktionen von CDU und KfB ablehnten, bei einer Enthaltung der FDP. Für den Antrag votierten SPD, Bündnis90/Die Grünen und UBG. Konkret möchte der Magistrat die Zustimmung der Parlamentarier zum einen für außerplanmäßige Finanzmittel von 298.000 Euro für den Umzug der vorhandenen ‚Mobile Homes‘ von deren bisherigem Standort in der Frankfurter Straße auf das städtische Grundstück Grüner Weg. Zum anderen sollen zusätzlich 150.000 Euro zur Schaffung zusätzlicher Kapazitäten zur Unterbringung obdachloser Menschen in Zukunft zur Verfügung stehen. Weitere 125.000 Euro sollen jährlich für eine soziale Betreuung der Obdachlosen und eine zukünftige präventive Gefahrenabwehr durch geschultes Personal hinzukommen. Diese überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen sind nach Aussage von Bürgermeister Christoph König „unvorhergesehen und unabweisbar.“ Es bestehe eine gesetzliche Pflicht zur Unterbringung von Obdachlosen, die nur durch die Bereitstellung der oben genannten Mittel auch weiterhin erfüllt werden könne. Sie sei unvorhergesehen, da die Entwicklung der Obdachlosenzahlen in diesem Maße nicht erwartet werden konnte. Auch die Deckung für diese zusätzlichen Mittel durch die Übernahme von Haushaltsresten aus der Investition GU Grüner Weg und Umschichtungen innerhalb des Haushalts sei gewährleistet. Hierzu werde ein Teil der zusätzlichen Sachmittel (in Summe 450.000 Euro) verwendet, der in den Haushaltsberatungen zusätzlich für nichtgenehmigte Stellen eingestellt wurde.
Ausgangslage
Der Bürgermeister der Stadt Kronberg ist aufgrund gesetzlicher Aufgabenzuweisung Allgemeine Ordnungsbehörde. Im obliegt ihm die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wozu unter anderem auch Abwendung unfreiwilliger Obdachlosigkeit gehört. Die Stadt ist verpflichtet, die hierfür erforderlichen Kräfte und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Der Ordnungsbehörde stehen laut König zur Unterbringung Obdachloser momentan lediglich die auf dem Grundstück Frankfurter Straße 46 stehenden vier ‚Mobile Homes‘ sowie eine Wohnung mit drei Zimmern im städtischen Objekt Ferdinand-Küster-Weg 6 zur Verfügung. Derzeit befänden sich 17 Personen in der Obdachlosenversorgung. Die Wohnung im Ferdinand-Küster-Weg wurde demnach durch die Umsetzung des bisher einzigen Bewohners frei und müsse zunächst saniert werden. Freie Plätze seien derzeit nicht verfügbar; kurzfristig entstehender Bedarf müsse durch die Anmietung einzelner Hotelzimmer abgedeckt werden.
Situation Frankfurter Straße
Das Grundstück Frankfurter Straße 46 ist im gültigen Bebauungsplan nicht für eine Wohnbebauung vorgesehen. Mit Schreiben vom 6. März 2023 hatte der Hochtaunuskreis nach Information des Kronberger Rathauschefs daher die baurechtliche Duldung der ‚Mobile Homes‘ bis 31. März 2024 ausgesprochen. Eine Verlängerung sei nur dann in Aussicht gestellt worden, wenn die Bearbeitung des Bebauungsplanes Nr. 137 „Kreuzäcker“ nachweislich fortgeführt und dieser nicht später als Mitte des Jahres 2025 rechtskräftig werde. Die Bearbeitung des Bebauungsplanes findet jedoch aus Kapazitätsgründen aktuell nicht statt und wird gemäß der durch die Stadtverordneten am 20. Juli 2023 beschlossenen Prioritätenliste nicht vor dem Jahr 2026 erfolgen. Der Hochtaunuskreis hat, so König weiter, in aktuellen Abstimmungen deutlich gemacht, dass eine weitere Duldung unter diesen Bedingungen nicht mitgetragen wird. Eine alternative Lösung für den Standort der ‚Mobile Homes‘ ist daher erforderlich. „Nach eingehender Prüfung steht hierfür nur die städtische Fläche im Bereich Grüner Weg (Flur 16, Flurstück 94/1) zur Verfügung“, erläutert der Bürgermeister. Aktuell befindet sich der Bebauungsplan Nr. 156 „Wohnanlage Grüner Weg“ in Aufstellung, der dort ein allgemeines Wohngebiet vorsieht. Der dafür notwendige Satzungsbeschluss ist für die Stadtverordnetensitzung am 4. Juli vorgesehen. Mit Rechtskraft des Bebauungsplanes wäre dann die planungsrechtliche Möglichkeit gegeben, die ‚Mobile Homes‘ dort zu platzieren. Auch eine Erweiterung, zum Beispiel durch die Aufstellung zusätzlicher Container, ist planungsrechtlich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes zulässig. Die Möglichkeit die ‚Mobile Homes‘ vom aktuellen Standort auf die Fläche im Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 156 umzusetzen, wurde dem Rathauschef zufolge mit dem Hochtaunuskreis besprochen. Vor diesem Hintergrund sei deren Duldung am Standort Frankfurter Straße 46 bis zum 31. Dezember 2024 verlängert worden.
Erforderlichkeit
„Es kommt in der Praxis immer wieder zu Engpässen, weil die vorhandenen Unterkünfte in der Regel voll belegt sind und sich die Anzahl der obdachlosen Personen nicht nur auf dem gegenwärtigen Niveau stabilisiert hat, sondern mit einem weiteren Anstieg zu rechnen ist.“, formuliert es Christoph König. Dies sei im Wesentlichen auf zwei Punkte zurückzuführen. Zum einen führt der angespannte Wohnungsmarkt in Kronberg mit verhältnismäßig hohen Mieten bei schwieriger wirtschaftlicher Situation vieler Haushalte zu einer Zunahme von Kündigungen, die im Falle der Zwangsräumung im schlechtesten Falle zu Obdachlosigkeit führen. Zum anderen werden immer wieder anerkannte Flüchtlinge, die bislang in der Gemeinschaftsunterkunft Oberer Aufstieg untergebracht waren, entweder wegen Verstößen gegen die dortige Hausordnung oder nach einer Abwesenheit von mehr als 14 Tagen entlassen. Die betroffenen Personen sprechen dann bei der Ordnungsbehörde vor und sind in der Regel meist als Obdachlose mit Wohnraum zu versorgen. Für die Erweiterung bieten sich vor allem Wohncontainer an, die ebenfalls auf dem oben genannten Grundstück Grüner Weg aufgestellt werden können. Auf dem Grundstück könnten maximal zwölf Container, davon acht als Unterkunftsräume und vier als Sanitär- und Wirtschaftsräume, aufgestellt werden. Die ‚Mobile Homes‘ sollten künftig vorwiegend für die Unterbringung von Familien oder nicht auffälligen Personen genutzt werden, während die robusteren Wohncontainer den problematischeren Personen als Unterkunft dienen können.
Notwendigkeit von Betreuung
„Aus den jahrelangen Erfahrungen in der Obdachlosenunterbringung wissen wir, dass das Zusammenleben von Obdachlosen, gerade wenn sie aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen, in Gemeinschaftsunterkünften nicht konfliktlos ist“, erklärt König. Mitunter komme es, insbesondere wegen des Konsums von Alkohol, zu Streitigkeiten zwischen den Bewohnern, mitunter auch in diesem Zusammenhang zu Körperverletzungen, Sachbeschädigungen an den Einbauten in den Unterkünften aber auch zu mutwilligen Sachbeschädigungen an den Gebäuden selbst. Nicht zuletzt führten diese Auseinadersezungen auch zu Lärmbelästigungen zum Nachteil Dritter. Es sei daher geboten, die untergebrachten Personen sowohl durch soziale Arbeit zu betreuen (Beratung in Hilfestellungen in allen Lebensfragen, Hilfe bei der Wohnungssuche) als auch zu beaufsichtigen. Die Sozialarbeit könne gegebenenfalls von einem Träger der Freien Wohlfahrtspflege, die Aufsicht durch einen zu beauftragenden privaten Sicherheitsdienstleister erfolgen. Dem Sicherheitsdienst soll insbesondere die Aufgabe übertragen werden, für die Stadt Kronberg in Bezug auf die Obdachlosenunterkünfte die Hausordnung durchzusetzen und das Hausrecht auszuüben, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Ordnungspolizei und/oder der Polizei. Betreuung und Aufsicht haben zum Ziel, dass in den Unterkünften geordnete Verhältnisse herrschen, die Betroffenen unterstützt und Beeinträchtigungen der Anwohner vermieden werden. Für den Sicherheitsdienst ist zunächst mangels entsprechender Erfahrungswerte ein Zeitkontingent von acht Stunden täglich vorgesehen. Dieses kann zu gegebener Zeit auf das tatsächlich notwendige Maß angepasst werden.