Bauausschussmehrheit will gebührendes Bahnhofsumfeld

Kronberg (pu) – Nach fast zweijährigem Findungsprozess samt mehrfacher Erörterung und Abwägung verschiedener Varianten in den jeweiligen Gremien, entschied sich am 15. Juli 2021 eine 25-stimmige Parlamentsmehrheit für die Weiterverfolgung der Variante „Sägezahnaufstellung 5H/1“ für den Busbahnhof. Auf dieser Grundlage soll die Gesamtplanung des Baufeldes III (öffentliche Frei- und Verkehrsflächen rund um den Bahnhof, kurz Bahnhofsumfeld) konkretisiert werden. Diese Gesamtplanung umfasst darüber hinaus die am gleichen Tag beschlossene Masterplanung von Enzo Enea mit dem einhergegangenen Ergebnis, beide Planungen – Halteflächen, Wegebeziehungen, Dächer der Haltestellen, Fahrradgarage und Ähnliches – miteinander zu verzahnen.

Mai 2022

Im nächsten Schritt segnete das Parlament im Mai dieses Jahres auf Basis der 2021-Beschlüsse einstimmig die fortgeführte Planung (Vorlage 5106/2022) als Grundlage für den Fördermittelantrag nach dem Mobilitätsfördergesetz ab. Aus dem Beschlusstext geht hervor, dass die Stadtverordnetenversammlung auf Basis der noch vorzulegenden Kostenberechnung und der Förderquote abschließend über die weiterführende Planung entscheiden wird. In Ergänzung votierten 15 Abgeordnete bei 14 Gegenstimmen und drei Enthaltungen für einen Änderungsantrag der CDU-Fraktion. Dieser formulierte die an den Magistrat herangetragene Bitte, zusätzlich und zeitlich parallel eine alternative Bauausführung für die Bike & Ride-Anlage zu erstellen mit dem Ziel, durch alternative Materialien die Kosten zu minimieren. Mit 17:13 Stimmen (dazu zwei Enthaltungen) abgelehnt wurde dagegen der christdemokratische Vorschlag, einen alternativen Standort für die B&R-Anlage zu planen.

Für letztgenannten Punkt hatte auch die Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ mit Nachdruck plädiert. Sie schlug alternativ die Fläche entlang der Gleise gegenüber dem Lokschuppen vor oder auch ergänzend eine Abstellanlage im ehemaligen Steinbruch. Allem voran forderte die KfB eine Vertagung der Abstimmung wegen der noch ungeklärten Gesamtkosten. Dafür konnte sie allerdings keine Mehrheit begeistern.

September/Oktober

Nur wenige Monate später unternimmt die Wählergemeinschaft den nächsten Anlauf. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) warb sie bei den Fraktionen anderer Couleur für eine Kostenreduzierung für die bereits beschlossene, jedoch noch anstehende Gestaltung des Bahnhofsumfelds. Im Detail soll die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 13. Oktober den Magistrat beauftragen, den Parlamentariern Maßnahmen vorzuschlagen, um die Umgestaltung des Bahnhofsumfelds im vorgesehenen Kostenrahmen realisieren zu können. Nach KfB-Auffassung wäre eine deutliche Reduktion der Eingriffe in die Grünbestände ebenso von Vorteil wie zumindest alternativ der Verzicht auf die geplante Fahrradgarage im Hang. Dem Gegenvorschlag nach soll die Errichtung von 40 bis 50 sicheren Fahrradabstellmöglichkeiten entlang der Gleise geplant werden. Des Weiteren zielt die KfB auf die Unterbringung aller notwendigen fünf Kurzzeitstellplätze für den Bahnhof in der unteren Bahnhofstraße sowie auf den vorläufigen Verzicht auf die fünfte Bushaltestelle. Stattdessen sei ihrer Meinung nach die Errichtung von zunächst vier Haltestellen in der Form eine Option, dass bei Bedarf die Erweiterung auf fünf Haltestellen in späteren Jahren erfolgen könne. Als letztes schwebt der KfB die Minimierung der Verlegung der Bahnhofstraße und die Reduktion der Breite auf das heutige Maß vor.

Der KfB-Stadtverordnete Dr. Marcus Bodesheim begründete den neuerlichen Vorstoß mit der Gefahr „ausufernder Kosten“. Anlass zur größten Sorge gebe die jüngste, durch das die Stadt beratende Büro Burgholzer-Trieb vorgelegte aktualisierte Schätzung der Umgestaltung des Kronberger Bahnhofsgeländes gemäß Leitfaden „Unbehinderte Mobilität“ von Hessen Mobil. Im Vergleich zur Kostenaufstellung von Januar 2021, in der die Gesamtausgaben noch mit 7,2 Millionen Euro beziffert waren, ist in der neuen Version von einer Steigerung um mehr als zwei Millionen Euro auf circa 9,5 Millionen Euro (Brutto) die Rede. Ergo reichten die im Haushalt stehenden Mittel von circa 7 Millionen Euro nicht aus.

Reaktionen im ASU

Der FDP-Stadtverordnete Walther Kiep stieß ins gleiche Horn und bekräftigte in diesem Zusammenhang, die Fraktion des Ortsverbandes der Freien Demokratischen Partei (FDP) habe das Projekt immer „unterstützt und die Beschlüsse mit gefasst, allerdings unter der Voraussetzung, dass es bezahlbar ist“.

Die ASU-Mitglieder von Unabhängiger Bürgergemeinschaft (UBG), Bündnis90/Die Grünen, CDU und SPD hatten dagegen für den neuerlichen Vorstoß kein Verständnis. Die Contenance mühsam bewahrend ging die UBG-Stadtverordnete Alexandra Sauber mit der KfB hart ins Gericht, zum wiederholten Male getroffene Beschlüsse wieder „umdrehen zu wollen.“ Ganz gleich, welche Punkte zum Thema Quartierentwicklung auf der Agenda stünden, die KfB versuche zu verzögern. Deutlichere Worte wählte der sichtlich erzürnte Udo Keil (Bündnis90/Die Grünen), Vorsitzender des Bauausschusses. „Dieser Antrag ignoriert verbindliche Stadtverordnetenbeschlüsse. Einmal mehr offenbart sich die KfB als Verhinderungspartei, so kann man keine zukunftsorientierte Politik machen!“ Und er ging noch einen Schritt weiter und schickte direkt an die KfB-Stadtverordnete die Grußbotschaft: „Wenn Sie die Mobilitätszentrale verhindern, richten Sie Schaden für Kronberg an, von dem andere Städte profitieren. Sie machen Politik gegen Kronberg und nicht für Kronberg!“

Diesen Ball aufnehmend ergänzte der CDU-Stadtverordnete Prof. Dr. Helfried Moosbrugger: „Wir sind als Parlamentarier nicht aufgefordert, Geld zu sparen, sondern nachhaltige Entwicklungen zu fördern!“ Noch unter dem Eindruck der kürzlichen Eröffnung des Casals Forums der Kronberg Academy forderte er, „mit Anstand ein großes Stadtentwicklungsprojekt zu Ende zu bringen.“ In diesem Zusammenhang verwies er auf den Aspekt, dass die städtische Liquidität laut dem Vorsitzenden des Haupt- und Finanzausschusses aktuell „ausgesprochen hoch“ sei und es sich zudem um einmalige Investitionen handele. Moosbrugger empfahl der KfB deshalb, den Antrag zurückzuziehen. Mit Blick auf die angestrebte Verkehrswende und die dafür erforderliche Mobilitätszentrale unterstrich der SPD-Stadtverordnete Hans-Robert Philippi: „Auf die fünfte Bushaltestelle zu verzichten, ist völliger Blödsinn!“

Wie mehrfach berichtet, ist nach den Worten des Ersten Stadtrats Robert Siedler (parteilos)vor dem Hintergrund der aktuellen landes- und bundesweiten Diskussionen hinsichtlich Klimaschutz und Verkehrswende der Umbau zu einem funktionalen und zukunftsorientierten Busbahnhof ein essenzieller Schritt für die Stadt Kronberg, um den zukünftigen Anforderungen an ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten gerecht werden zu können. Neben den nutzungsstrukturellen Maßgaben werden darüber hinaus besondere Anforderungen an die Gestaltung gestellt, um insgesamt eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu erreichen und um eine repräsentative Funktion für Ankommende in Kronberg zu übernehmen. In Reaktion auf die von der KfB vorgebrachten Vorwürfe bestätigte Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) die Kostensteigerung, unterstrich jedoch, diese sei mitnichten eine Folge von Fehlplanungen. Vielmehr habe sich einerseits herausgestellt, dass unter dem Hang, in dem die Fahrradgarage untergebracht werden soll, Fels liege, dessen Entfernung Mehrkosten verursache. Nichtsdestotrotz sei dieser Standort alternativlos. „Wir haben keinen Platz für 40 bis 50 Blechkästen entlang der Gleise“, betonte er. Für zusätzliche Verteuerungen seien außerdem vor zwei Jahren in dieser Dimension nicht absehbare Preissteigerungen im Baugewerbe verantwortlich. Des Weiteren erinnerte er an die Bedeutung des Bahnhofsumfelds hinsichtlich des Entree-Eindrucks und bezeichnete es als „fatal, wenn bestehende Beschlüsse wieder in Frage gestellt werden“. Im Ergebnis votierten lediglich die beiden KfB-ASUmitglieder für den Antrag bei einer FDP-Enthaltung und sechs Gegenstimmen.



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