Beliebter Kunst- und Weinmarkt ist es wert, weiterentwickelt zu werden

Die Guldentaler Winzer, Wolfgang Schneider (links) und Helmut Schmitt (rechts), trafen sich auf ein Gläschen Wein.

Kronberg (mw) – Es soll Weinliebhaber geben, die ihren Urlaub eigens so planen, dass sie zum Kunst- und Weinmarkt mit verkaufsoffenem Sonntag in Kronberg auf jeden Fall zuhause sind. Bestimmt werden sie geschmackstechnisch – dank des Weinangebots auf dem 35. Kunst- und Weinmarkt, allen voran bei den Guldentaler Freunden, die mit den Weingütern Helmut Schmitt und Wolfgang Schneider im Recepturhof und auf dem Tanzhausplatz vertreten waren – auch auf ihre Kosten gekommen sein. Was fehlte, war jedoch die Vielfalt bei der Kunst. Nun mag jeder den Begriff Kunst unterschiedlich definieren, dennoch fiel auf, dass mit insgesamt 40 Marktständen viel Luft dazwischen blieb, vor allem aber Künstlerinnen und Künstler fehlten. Jedenfalls wurde, wer eine breit gefächerte Bilderschau mit unzähligen Motiven, Techniken, Herangehensweisen und Stilen erwartete, enttäuscht. Es fehlte an Malerinnen und Malern auf dem Kunst- und Weinmarkt, der vor 35 Jahren vom damaligen Marktleiter Horst Neugebauer für die Daheimgebliebenen ins Leben gerufen worden war. Vielleicht war der Markt viele Jahrzehnte ein Selbstläufer, um den man sich nicht kümmern musste. Natürlich waren einige Maler zugegen und boten ihre Bilder feil, aber deutlich weniger als noch vor einigen Jahren. Inmitten der Palette von Ständen mit Schmuck und Selbstgenähtem jedenfalls gingen sie, vielleicht war das auch ihrer Platzierung geschuldet, ein wenig unter. Dafür wurde wunderschöne, selbstgenähte Kinderkleidung gesichtet sowie Trockensträuße, Silberschmuck und Modisches in zahlreichen Variationen, afrikanischer Schmuck und Dekor und auch beeindruckende Holzskulpturen des Niederländers Will Schropp. Viele Standbetreiber sind altbekannt und gerne gesehen, aber auch unter ihnen waren an diesem 35. Kunst- und Weinmarkt einige unzufrieden. Geklagt wurde über Dreck und Unrat auf den zugewiesenen Plätzen, über relativ kurzfristige Einladungen, über ein zu wenig durchdachtes Konzept. Dabei fällt es nicht schwer, den Kunst- und Weinmarkt in verschiedene Richtungen weiterzudenken, mit mehr Malern oder alternativ mit mehr Kunsthandwerksständen und Skulpturen, beispielsweise entlang der Friedrich-Ebert-Straße. Dem Guldentaler Winzer Helmut Schmitt fehlten am Abend die Gäste, da die im Recepturhof versprochene Musik ausfiel, dafür die Mainzer Band Daylight, Grenzgänger zwischen Latin und Funk, Jazz und Pop, mit eingängigen Rhythmen die Gäste auf den Tanzhausplatz hinauf zog. Auch die Youth Brass Band aus Aberystwyth spielte auf und sorgte zusammen mit den Partnerschaftsständen Porto Recanati und Le Lavandou sowie einem neuen Stand der Flüchtlinge aus der Ukraine für einen spannenden kulturellen Mix und eine trotz Sprachbarrieren funktionierende Gemeinschaft. Für reichlich Getränke und auch Essensangebote war an beiden Orten ebenfalls gut gesorgt. Wer den Weg bis zur Zehntscheune fand, wurde dort auch noch mit einem breiteren Angebot an Schmuck, Mode und Kunst belohnt. Doch entlang der Straßen schienen die Gastronomen mehr Gewicht als die Künstler zu haben. Doch genau um die geht es hier doch neben den Winzern. Sie kommen teilweise von weit her, um ihre Kunst zu zeigen. „Wir bringen übrigens auch unser eigenes Publikum mit“, gibt die Künstlerin Alice Schütte aus Obertshausen zu bedenken. Alle diese Gäste füllten die Straßen und Restaurants und sorgten für Umsatz bei den Gastronomen und Geschäften, die an diesem Sonntag ebenfalls geöffnet hatten. Schütte fühlte sich mit ihren neuen Werken, die sie ungefragt an einen neuen Platz hängen musste, dieses Jahr nicht sonderlich wertgeschätzt. „Ich muss mir überlegen, ob ich nächstes Jahr wiederkomme“, sagte sie. Ihr fehlt der Reiz des Marktes, als er noch über eine größere Vielzahl an Ständen verfügte. Schütte ist als Künstlerin nicht auf der Stelle stehen geblieben, gerade hat sie ganz großformatige Bilder in starken Farben, aber mit unterschiedlichen Stimmungen geschaffen. Eigentlich kann man es tatsächlich „Upcycling“ nennen, was sie macht. Als Lehrerin sind ihr aussortierte Geschichtskarten ins Auge gestochen. Die Malerin hat sie kurzerhand umgedreht und als großformatige Leinwand genutzt. „Das ist äußerst praktisch, denn sie können auf diese Weise ganz einfach eingerollt werden.“ Nach ein, zwei, vielleicht auch drei Gläsern Wein und damit verbundener steigender Redseligkeit war man sich am Abend bei allem Frust über eines dann doch einig: Der Kunst- und Weinmarkt ist nach wie vor ein Publikumsmagnet und wert, für nächstes Jahr konzeptionell überarbeitet zu werden!

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