Buchtipp

Die Feuer, Roman von Claire Thomas, Übersetzung: Bonné, Eva.; Hanser 2022; 22 Euro. Während in den Bergen Buschfeuer wüten, sehen drei Frauen in Melbourne das Beckett-Stück „Glückliche Tage“. In „Happy Days“ steckt Winnie, die weibliche Hauptfigur, in einem Erdhügel fest, zunächst bis zur Taille, dann bis zum Hals. Willie, ihr Mann, kriecht draußen herum. Auf der Bühne herrscht Endzeitstimmung pur. Die drei Hauptpersonen des Romans sind die siebzigjährige Literaturprofessorin Margot, die Kunstmäzenin und Margots ehemalige Studentin Ivy und Summer, Schauspielschülerin und Platzanweiserin im Theater. Diese drei Frauen sitzen im Zuschauerraum, und fast alles, was der Roman erzählt, findet in ihren Köpfen statt. Nur in der Pause begegnen sie sich im Foyer und es kommt zu einem oberflächlichen Austausch der Befindlichkeiten. Während des Stückes lernen wir die Protagonistinnen, ihre Lebensläufe und ihre gegenwärtigen Konflikte sehr gut kennen. Margot hadert mit ihrer Ehe, dem dementen Mann, der mit fortschreitender Krankheit angefangen hat, sie zu schlagen. Die ehemals unterprivilegierte Ivy ist durch eine Erbschaft zu Reichtum gelangt und wird als Mäzenin umworben. Ein Sohn ist gestorben, das andere Kind muss deshalb stärker behütet werden. Aber sie sieht für sich noch eine Zukunft. Summer ist mit 22 Jahren die Jüngste. Sie studiert Schauspiel und jobbt als Platzanweiserin. Sie hat Panik vor den Gefahren des Klimawandels, und jetzt ist April, ihre Geliebte, zu ihren Eltern in die Berge gefahren, wo die Feuer wüten. Die geringe und immer kleiner werdende Bewegungsfreiheit der Frauen spiegelt sich in Beckets Stück wider, in Winnie, die in einer postapokalyptischen Erde feststeckt. Es ist spannend, faszinierend und bewundernswert, wie Claire Thomas die Sorgen und Ängste der drei Frauen mit Hilfe von Beckets Dramaturgie an die Oberfläche bringt. Ein Gegenwartsroman, der von Klimawandel, Diversität und vielen anderen brisanten Themen erzählt.

Erhältlich in allen Buchhandlungen.



X