Buchtipp

„Finde einem Schwan ein Boot“, Roman von Anna Weidenholzer; Matthes & Seitz Berlin 2019; 20 Euro

Elisabeth ist in ihren Heimatort nach Österreich zurückgekehrt und mit Peter zusammengezogen. Vielleicht als ein Liebespaar, allerdings ist die Leidenschaft, falls es sie denn gegeben hat, mittlerweile verblasst. Sie leben in einer kleinen Wohnung mit Kontakt zur Nachbarschaft. Kontakt zu Fleck, der immer öfter mal ohne Hose rausgeht, Kontakt zu Heinz und Karla, die ein Chinchilla in der Schrankwand halten und gerne alkoholschwangere Liederabende veranstalten. Ab und zu geht man ins Lokal, entweder ins Kaffee oder in die Bar, wobei es eigentlich keine Unterschiede zwischen beiden gibt. Peter ist „ein Mann, der in Katastrophen denkt und darum in Angst lebt“. Er arbeitet als Journalist bei der lokalen Zeitung und ist zu Beginn zuständig für das Wetter. Mit seinem Wechsel ins Politik-Ressort verändert sich auch im Roman die kleinbürgerliche Idylle. „Die Politik ist wie das Wetter, es ist alles eine Frage, wie du die Katastrophen lenkst.“

Anna Weidenholzer beschreibt auf den ersten Blick harmlose Begebenheiten, Personen und Konstellationen. Zuerst nimmt man es hin, dann kommt ein erstes Befremden gefolgt von einem Unwohlsein. In „Finde einem Schwan ein Boot“ wird in der abgeschlossenen Idylle eines kleinen Stadtteils ein Prozess sich ausbreitender Intoleranz in Gang gesetzt, die durch die Angst des Mannes, der für eine lokale Zeitung schreibt, unterstützt und angeheizt wird. Es ist ein Roman, der sich erst subtil und dann konkreter werdend mit unserer Gegenwart auseinandersetzt. Sehr empfehlenswert.

Erhältlich in allen Buchhandlungen.



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